Am Anfang eines neuen Tages
Liebe war. Die Ehe sollte nicht nur das Ende eines klug gespielten Spieles sein, sondern eine Verbindung aus Liebe und Leidenschaft. Eugenia wollte nicht mehr einen Mann heiraten, weil er eine ideale gesellschaftliche Verbindung darstellte oder einen wirtschaftlichen Vorteil für ihre Familie, und sie wollte auch nicht mehr das schönste Haus oder den attraktivsten Mann haben – obwohl sie wirklich glaubte, dass Philip der attraktivste war. In diesem Augenblick verzichtete sie liebend gerne auf das Herrenhaus in Richmond, das einem ihrer anderen Verehrer, John Sheffield, gehörte, und auf all seinen Reichtum.
„Ja, Philip“, hauchte sie, als sie sich voneinander lösten. „Ja! Ich werde dich heiraten!“
„Versprochen?“ Sie stellte erstaunt fest, dass er Tränen in den Augen hatte.
„Ich verspreche es.“
„Vergib mir, aber ich muss noch einen Kuss haben.“ Er hob ihr Kinn mit der Hand an und küsste sie erneut, diesmal ganz zart, und murmelte: „Geh schlafen, Eugenia. Ich kann nicht schlafen, aber du musst … Gute Nacht.“
Es wunderte sie, dass ihre Beine sie trugen, als sie in ihr Zimmer zurückkehrte. Olivia wachte auf, als sie ins Bett kroch. „Ah! Deine Füße sind ja eiskalt! Und du zitterst! Wo warst du?“
„Ich war unten.“
„Unten? Warum? Was hast du dort gemacht?“
Eugenia konnte ihre Freude nicht einen Augenblick länger für sich behalten. „Ich werde Philip Weatherly heiraten. Er hat mir gerade einen Antrag gemacht und ich habe ja gesagt.“
„Du … du hast mit ihm gesprochen ? In deinem Morgenmantel ? Und mit offenem Haar?“
„Bitte verrate es niemandem. Es spielt keine Rolle, dass er mich so gesehen hat, weil ich ihn heiraten werde, Olivia!“
„Aber entscheidet darüber nicht Vater? Er will doch, dass du John Sheffield heiratest.“
„Ich werde ihn dazu bringen, dass er seine Meinung ändert. Ich bin verliebt, Olivia. Ich liebe Philip Weatherly.“
„Du kannst nicht verliebt sein. Das ist etwas für dumme, gewöhnliche Mädchen, nicht für uns. Mutter sagt, echte Liebe ist etwas, das mit der Zeit aus gegenseitigem Respekt entsteht, nachdem man verheiratet ist. Was weißt du denn schon über die Liebe?“
„Ich weiß, dass ich noch nie für einen anderen Mann so empfunden habe – und ich habe Dutzende kennengelernt. Bei Philip brauche ich mich nicht zu verstellen oder über oberflächliche Dinge zu reden. Das alles erscheint mir jetzt ganz und gar lächerlich, das Flirten und die Spielchen. Ich liebe ihn!“ Sie dachte an die Tränen in seinen Augen und an seine Leidenschaft und Zärtlichkeit und sie vergrub das Gesicht in ihrem Kissen und weinte.
„Was ist nur mit dir los?“
„Du kannst John Sheffield heiraten, Olivia. Mir ist er völlig gleichgültig. Philip wird bei Vater um meine Hand anhalten und du musst mir helfen, ihn zu überzeugen. Ich muss Philip heiraten!“
Zwei Monate später hatte Eugenia ihren Willen bekommen. Ihr Vater hatte ihre Verlobung mit Philip Weatherly bekannt gegeben. In den Jahren seither hatte sie keine Sekunde daran gezweifelt, dass Philip sie liebte und nur sie. Und ihre Liebe zu ihm hatte nie gewankt, nie nachgelassen.
Jetzt war er nicht mehr da. Die Terrasse, auf der sie jenen ersten leidenschaftlichen Kuss erlebt hatten, war von Unkraut überwuchert. Und Eugenia war allein.
Kapitel 22
Lizzie konnte nicht glauben, was sie da hörte. Sie zog die Hände aus dem Waschtrog und wischte sie an ihrer Schürze trocken, während sie ihren Mann anstarrte. Sein geschwollenes Gesicht war immer noch voller blauer Flecke von den Schlägen, mit denen diese Männer ihn traktiert hatten, und sie wusste, dass sein geprellter Rücken und seine Schultern schmerzten. Und trotzdem sollte er am Montag mit Massa Daniel nach Richmond fahren?
„Warum musst du gehen?“, fragte sie. „Wie kann der Massa erwarten, dass du ihn den ganzen Weg fährst? Er war einer der Männer, die dir wehgetan haben!“
„Er gehörte zu der Gruppe, aber er war nicht derjenige, der –“
„Warum können wir nicht woanders hinziehen? Unsere Jungen haben keine Schule mehr. Warum bleiben wir hier? Ich kann es kaum ertragen, diesem Mann jeden Tag das Essen zu bringen, nach allem, was er dir angetan hat.“
„Wir sollen unsere Feinde lieben. Jesus hat gesagt –“
„Hat er gesagt, dass wir weiter für sie arbeiten sollen, damit sie dich wieder zusammenschlagen können?“
„Er hat gesagt, wenn dein Feind dich auf die Wange schlägt, dann halte ihm auch die
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