Am Anfang eines neuen Tages
beibringen.“ Sie öffnete ihre Arme und zeigte ihnen die Bücher.
Lizzie sah die gierigen Blicke ihrer Söhne, als Missy Jo ihnen die Bücher hinhielt. Sie waren klug genug, nicht loszulaufen und die Bücher zu berühren, aber sie wischten sich schnell die Hände an den Hosenbeinen ab, nur für alle Fälle.
„Kommt ruhig, nehmt euch jeder eins“, sagte Missy Jo. „Sie gehören euch, wenn ihr die Arbeit übernehmen wollt. Und ihr könnt euch noch mehr Bücher verdienen. Was meint ihr?“
„Spielt keine Rolle, was sie meinen. Was meint Miz Eugenia dazu?“
Missy Jo erhob sich wieder. „Sie hat schon eingewilligt.“
„Sie erlaubt, dass Sie die Bücher weggeben? Und die Jungs unterrichten?“
„Es ist alles arrangiert.“
„Dürfen wir, Mama? Bitte?“
„Bitte?“
Sie blickten zwischen Lizzie und Missy Jo hin und her, als hätte die Missy ihnen einen Eimer Gold angeboten. „Na ja, warum nicht …“, sagte Lizzie schließlich. Der Ausdruck in ihren Gesichtern, als jeder nach einem Buch griff, trieb ihr die Tränen in die Augen. Sie hatte Angst zu hoffen, dass dies etwas Gutes sein könnte, und sie hatte Angst, ihnen Hoffnungen zu machen. „Aber ihr müsst euch die Bücher erst verdienen, bevor ihr sie behalten dürft, habt ihr gehört?“
„Nein, sie können sie jetzt schon nehmen, Lizzie. Ich bestehe darauf. So wisst ihr, dass ich mein Versprechen halten werde.“ Sie sah Lizzie in die Augen, als wollte sie ihr etwas sagen. Vielleicht wusste sie, was ihr Bruder getan hatte. Vielleicht versuchte sie, es wiedergutzumachen. Lizzie blickte auf ihre Füße hinunter.
„Danke, Missy Jo. Die Jungs werden ganz fleißig für Sie arbeiten, das verspreche ich. Und jetzt bringt ihr die Bücher besser nach Hause, damit sie schön bleiben.“
„Aber bringt sie morgen mit, wenn wir mit der Arbeit anfangen, gleich nach dem Frühstück, in Ordnung? Dann üben wir, darin zu lesen.“
„Wie heißt das?“, rief Lizzie ihnen nach, als sie zum Gartentor liefen.
„Danke, Missy Josephine.“
„Danke.“
Später an diesem Nachmittag waren Lizzie und Roselle gerade dabei, für das Abendessen schimmelige Stellen aus den letzten Winterkürbissen zu schneiden, als Rufus in die Küche gestürzt kam. „Da kommen eine Menge Leute, Mama. Sklaven wie wir. Sie kommen übers Baumwollfeld.“
„Wir sind keine Sklaven mehr“, sagte Roselle. „Und sie auch nicht.“ Rufus zog an Lizzies Hand, bis sie ihre Arbeit liegen ließ und sie und Roselle mit ihm nach draußen gingen.
„Siehst du, Mama? Siehst du sie?“
Sie schirmte ihre Augen gegen das grelle Sonnenlicht ab und sah eine kleine Gruppe Menschen langsam über das Feld kommen. Sie alle trugen Bündel mit ihren Habseligkeiten auf dem Rücken und auf den Köpfen. Selbst die Kinder trugen etwas.
„Das müssen Onkel Saul und Tante Clara sein, die kommen, um uns zu helfen. Das sind doch ihre drei Kinder, oder nicht? Sieht so aus, als hätten sie auch noch ein paar andere Leute mitgebracht.“ Lizzie konnte nicht anders, als sich für Otis zu freuen. Vielleicht wurde sein Traum, seine eigene Baumwolle anzubauen, ja doch noch wahr.
Rufus zog an ihrem Rock. „Ist das der alte Willy, Mama? Der mit dem Stock?“
„Du hast recht, das ist er. Dein Papa hat mir erzählt, dass er vielleicht wiederkommt, um hier zu arbeiten.“ Lizzie sah, wie ein anderer Mann Willy half, während der über das Feld hinkte. Sie schleppten beide ihr Hab und Gut mit sich.
„Ich erinnere mich noch an Willy“, sagte Jack. „Bei ihm durften wir die Pferde mit Äpfeln füttern.“
„Können wir ihnen entgegenlaufen?“, fragte Rufus. „Wir könnten ihnen helfen, die Sachen zu tragen.“
„Ja, lauft nur. Ich wüsste nicht, was es schaden sollte. Passt aber auf, wohin ihr lauft. Tretet nicht in einen Kaninchenbau.“ Sie wusste, dass es ihren Jungen fehlte, mit den anderen Kindern zusammen zu sein, jetzt, wo die Schule geschlossen war.
„Darf ich auch gehen?“, fragte Roselle. Lizzie sah die Vorfreude in ihrem Blick und erinnerte sich daran, dass sie eigentlich auch noch ein Kind war.
„In Ordnung, geh ruhig.“
Lizzie kehrte in die Küche zurück, um die Kürbisse fertig zuzubereiten, aber durch das Fenster warf sie immer wieder einen Blick nach draußen und wartete darauf, dass die Gruppe eintraf. Als das Essen auf dem Herd stand, eilte sie zur Sklavensiedlung hinunter, um die Ankömmlinge zu begrüßen. Sauls Frau und die drei Kinder zogen in die Hütte gleich neben ihrer und
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