Am Anfang eines neuen Tages
Willy und der dünne junge Mann, der ihm geholfen hatte, nahmen die Hütte gegenüber. Die Kinder liefen alle auf der Straße herum und hüpften und schnatterten wie ein Schwarm Vögel.
„Ich habe noch einen Feldarbeiter für Otis mitgebracht“, erklärte Saul ihr. „Er heißt Robert. Otis sagt, er könnte uns eine Hilfe sein.“
„Das stimmt“, sagte Lizzie. „Gut, dass du da bist, Robert. Und du auch, Willy. Ihr alle.“
„Und wir kommen auch nicht mit leeren Händen“, sagte Clara. „Sieh mal, was Saul und Willy heute Morgen gefangen haben.“ Sie stellte einen mit Fisch gefüllten alten Zinneimer vor Lizzie auf den Boden. Bei dem strengen Geruch zog sich Lizzies Magen zusammen, wie er es jeden Morgen tat, aber vielleicht würde er sich wieder beruhigen, bis es Zeit zum Essen war.
„Diese Fische sehen richtig gut aus. Habt ihr euch davon im Wald die ganze Zeit ernährt?“
„Nicht nur von Fisch“, sagte Saul. „Wir haben auch Kaninchenfallen aufgestellt. Und neulich haben wir einen jungen Truthahn gefangen. Das war ein Festmahl, das kann ich dir sagen.“
„Ich kann dir helfen, den Fisch fürs Abendessen zuzubereiten“, bot Clara an. „Hast du Maismehl?“
„Wir haben etwas getrockneten Mais. Vielleicht können die Kinder ihn für uns mahlen. Aber ich muss auch die Weißen bekochen. Ich war gerade dabei, mich nach etwas umzusehen, was ich ihnen vorsetzen kann.“
„Wie viele sind denn noch da?“
„Nur Miz Eugenia, Massa Daniel, Missy Jo und Missy Mary. Aber die beiden Mädchen essen nicht viel. Meistens stochern sie nur in ihrem Essen herum.“
„Dann reicht es bestimmt für alle. Wenn Saul diese Fische ausnimmt, während ich unsere Sachen in die Hütte bringe, können wir anschließend anfangen sie zu braten, Lizzie.“
„Ich helfe dir beim Einräumen“, sagte Lizzie. Die Hütte war klein und sie hatten nicht viel, deshalb dauerte es nicht lange, bis die Strohmatten gestopft waren und ihre Jacken und Kleider zum Wechseln an den Haken hingen.
„Ich dachte, es würde mir schwerfallen, hierher zurückzukommen“, sagte Clara, „und zuerst wollte ich nicht. Aber es ist gar nicht so schlimm. Es ist jetzt irgendwie anders, oder?“ Sie lächelte, als sie sich umsah. Lizzie konnte sich nicht erinnern, Clara jemals lächeln gesehen zu haben.
„Nein, es ist nicht schlecht“, sagte Lizzie. „Miz Eugenia scheucht uns ziemlich herum – und pass auf, dass du dich von Massa Daniel fernhältst. Aber Missy Mary macht keine Schwierigkeiten und Missy Jo ist richtig nett zu uns. Wenigstens läutet nicht jeden Morgen die Sklavenglocke und es gibt keine Aufseher, die uns auf die Finger gucken.“
Sie kamen gerade aus Claras Hütte, als Willy und Robert in Richtung Stall losziehen wollten, um Otis zu suchen. „Er bereitet alles dafür vor, dass er am Montag nach Richmond fahren kann“, sagte Lizzie. „Wenn er nicht im Stall ist, findet ihr ihn irgendwo auf den Baumwollfeldern. Er hat gerne Erde in der Hand und er kann es kaum erwarten, mit dem Pflügen anzufangen.“
Die Kinder hatten sich alle um Roselle versammelt und flehten sie an, ihnen eine ihrer Geschichten zu erzählen. Die beiden Mädchen von Saul und Clara, Annie und Meg, waren ungefähr so alt wie Rufus und Jack, ihr Sohn Bill war ein bisschen älter.
„Ich erzähle euch eine wahre Geschichte“, sagte Roselle, „aber zuerst will ich euch etwas zeigen.“ Sie ging ihnen voran den Hügel hinauf und Lizzie wusste, dass sie die Kinder mit in den Hof nehmen würde, um ihnen ihre Enten zu zeigen. „Seht ihr die drei kleinen gelben da? Das sind meine.“
„Das sind aber komische Hühner“, sagte Bill. „Ihre Füße sind gar nicht richtig.“
„Das liegt daran, dass es keine Hühner sind, sondern Enten. Und sie sind meine Enten. Es ist Zeit für ihr Bad. Wollt ihr zusehen?“
Jeden Nachmittag füllte Roselle eine alte Schüssel mit Wasser als kleinen Teich, in dem die Enten spielen konnten. Sie planschten und tollten herum und ihre kleinen Schwanzfedern wackelten, als sie das Wasser abschüttelten und ihre lustigen Plattfüße auf die Wasseroberfläche platschten. Die Kinder lachten ausgelassen, während sie zusahen, und Roselle erzählte ihnen die Geschichte, wie sie die Küken gerettet hatte. Die Sonne färbte den Himmel rot, als sie hinter den Hügeln unterging, und während Lizzie den flammenden Himmel betrachtete und dem Lachen der Kinder lauschte, war sie beinahe glücklich. Wenn dieses Gefühl doch nur andauern
Weitere Kostenlose Bücher