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Am Anfang eines neuen Tages

Am Anfang eines neuen Tages

Titel: Am Anfang eines neuen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Austin
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könnte.
    An diesem Abend, nachdem die Weißen gegessen hatten, versammelte Lizzies neue Familie sich um den Tisch in der Küche zu ihrer eigenen Mahlzeit, wobei sie leere Fässer und Hocker als Sitzgelegenheiten verwendeten. Die Kinder breiteten ein altes Tischtuch auf dem Boden aus und setzten sich zum Essen dorthin. „Das ist ein wirklich gutes Fischgericht, Clara“, sagte Otis.
    „Die Weißen haben sich auch über ihr Essen gefreut“, sagte Lizzie. „Miz Eugenia sagte, es sei so gut wie das, was Dolly früher gemacht hat.“
    „Das ist ein echtes Kompliment“, sagte Clara. „Das Mädchen konnte wirklich kochen.“
    „Ist das nicht was, hier als freie Leute zu sitzen?“, fragte Saul.
    „Und wir müssen nicht immer über unsere Schulter sehen“, sagte Otis, „weil wir jetzt für uns selbst arbeiten. Und am Montagabend steht vielleicht eine Kuh im Stall und dazu ein paar Schweinebabys, die wir mästen können. Und ein Maultier. Ich hoffe, wir finden ein gutes Maultier.“
    „Ich zeige euch Kindern, wie man eine Kuh melkt“, sagte Clara. „Das kann jeden Tag eure Aufgabe sein. Und die Sahne abschöpfen und Butter machen.“
    „Wir haben schon eine Arbeit“, sagte Rufus. „Missy Jo hat uns angestellt, damit wir das Unkraut jäten. Und während wir arbeiten, bringt sie uns auch das Lesen bei.“
    „Und sie bezahlt uns mit Büchern!“, fügte Jack hinzu.
    „Können wir euch helfen?“, fragte Annie.
    Rufus zuckte mit den Schultern. „Ich glaube schon. Wir können Missy Jo morgen fragen.“
    „Sie hat jedem von uns ein Buch gegeben, das wir behalten dürfen, Papa“, sagte Jack, „und wir haben noch nicht einmal dafür gearbeitet.“
    Otis schüttelte staunend den Kopf. „Das ist ja was! Ich kann es kaum erwarten, diese neuen Bücher zu sehen. Vielleicht könnt ihr sie mir irgendwann vorlesen.“
    An diesem Abend war Lizzie mit ihrer Arbeit schneller fertig als sonst, weil Clara und ihre beiden Töchter ihr halfen. Nachdem sie den anderen eine gute Nacht gewünscht hatte, gingen Otis und sie in ihre eigene Hütte und Jack und Rufus setzten sich auf den Schoß ihres Vaters, um ihm ihre Bücher zu zeigen. In der Hütte war es zu dunkel, um die Wörter zu lesen, und sie hatten keine Kerze oder Lampe, aber sie kniffen die Augen zusammen und betrachteten im Mondschein die hübschen Bilder.
    „Ich habe mir die Wörter angeguckt, als es noch hell war“, sagte Rufus, „und ich glaube, ein paar davon kenne ich schon.“
    „Ich bin gespannt darauf, sie zu hören, mein Sohn. Ich bin ganz stolz auf euch.“
    „Roselle kann besser lesen als wir.“
    Otis blinzelte, während er eines der Bilder betrachtete, dann hielt er es in das schwache Licht, das durchs Fenster hereinfiel. „Wisst ihr was? Wenn ich mir das Bild hier näher ansehe, glaube ich, das ist eine Geschichte aus der Bibel. Seht ihr hier? Das sieht aus wie David und der Riese.“ Er und die Jungen steckten die Köpfe zusammen, um das Bild genauer zu betrachten, bevor sie umblätterten. „Und das hier sind Jona und der große Fisch. Und hier ist die Geschichte von der Mauer, die eingestürzt ist – seht ihr die Männer, wie sie in ihre Trompeten blasen?“ Er lehnte sich zurück und grinste breit. „Bald könnt ihr uns die Bibel vorlesen.“
    Lizzie fühlte sich glücklich, als sie an diesem Abend neben Otis im Bett lag. „Heute war ein guter Tag, nicht wahr?“, flüsterte er. „Wir schaffen das, meine Lizzie. Wir alle zusammen, mit meinem Bruder und den anderen. Unsere Familien sind glücklich und frei. Ja, ich danke Gott für diesen guten Tag.“
    „Es wäre mir trotzdem lieber, wenn du am Montag nicht mit Massa Daniel nach Richmond fahren würdest.“
    „Verdirb nicht den schönen Tag heute, indem du dir Sorgen über den morgigen Tag machst. Alles wird gut, du wirst schon sehen.“
    Lizzie hätte gerne geglaubt, dass von jetzt an alles gut werden würde, aber sie hatte Angst. Die Realität sah so aus, dass sie immer noch für Miz Eugenia und Massa Daniel arbeiten musste, und die Erfahrung hatte sie gelehrt, keinem Weatherly zu trauen. Keinem Einzigen von ihnen.

Kapitel 23

    5. Juni 1865

    Am Montagmorgen beeilte Josephine sich mit dem Frühstücken, weil sie so schnell wie möglich mit der Arbeit anfangen wollte. Die Terrasse vom Unkraut zu befreien und heimlich die Kinder zu unterrichten, war ein neues Abenteuer für sie, eine Abwechslung in ihrem langweiligen Alltag. Sie war enttäuscht gewesen, als sie aufgewacht war und in

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