Am Anfang eines neuen Tages
einen feuchten, bewölkten Tag hinausgesehen hatte. Die tief hängenden Wolken drohten Regen zu bringen, aber wenigstens würden die Kinder nicht in der prallen Sonne arbeiten müssen. Daniel war schon nach Richmond aufgebrochen und sie wollte auch so bald wie möglich anfangen.
„Darf ich bitte aufstehen?“ Sie erhob sich vom Frühstückstisch, bevor ihre Mutter eine Chance hatte, etwas zu erwidern.
„Was hast du denn jetzt schon wieder vor, Josephine? Du hast dein Essen hinuntergeschlungen wie ein Sklave, der ein ganzes Feld Baumwolle zu pflücken hat.“
„Ich habe die Kinder damit beauftragt, das Unkraut von deiner Terrasse zu entfernen, erinnerst du dich? Ich will anfangen, bevor es regnet.“
„Wage es nicht, auch nur einen Finger krumm zu machen, sonst wird das ganze Projekt abgeblasen, hast du verstanden?“
„Ja, Mutter. Darf ich jetzt bitte gehen?“
Jo musste sich zwingen, die Treppe nicht hinaufzurennen und ihre Mutter dadurch noch mehr zu verärgern, aber sie freute sich einfach auf die Arbeit, die vor ihr lag. Sie hatte gerne im Gemüsegarten gearbeitet und gesät und die grünen Blätterreihen wachsen sehen. Dieses Projekt versprach genauso befriedigend zu werden – eine von Disteln und Unkraut überwucherte Fläche in Angriff zu nehmen und die Terrasse wieder sauber und ordentlich aussehen zu lassen.
Sie setzte ihren Strohhut auf und zog einen alten Rock und eine zerschlissene Bluse an. Dann ging sie nach draußen, um die Arbeit zu beaufsichtigen. Wie sehr sie sich danach sehnte, mit anzupacken und sich die Hände schmutzig zu machen, indem sie Unkraut herausriss und wuchernde Ranken abschnitt, aber ihre Mutter beobachtete sie vielleicht. Gestern beim Abendessen hatte Josephine erfahren, dass die Plantage weitere Arbeiter bekommen hatte und mit ihnen drei zusätzliche Kinder. Jetzt sah sie alle sechs Kinder den kleinen Hang von der Sklavensiedlung heraufkommen, und als sie merkten, dass Josephine auf sie wartete, fingen sie an zu rennen.
„Können unsere Cousins und Cousinen auch mithelfen?“, fragte Rufus. „Sie sind gerade wieder hierhergezogen und wollen auch lesen lernen.“ Es waren ebenso ernsthafte Kinder wie Rufus und Jack und ihre dunklen Augen waren angsterfüllt. Ihre dünnen kleinen Leiber erinnerten Josephine an Reisig. Als sie die unterwürfigen Blicke der Kinder sah und dass sie mit gesenkten Köpfen zu ihr aufblickten, ohne ihr direkt in die Augen zu schauen, kam sie sich vor wie ein Ungeheuer aus einem Märchen.
„Natürlich können sie helfen. Je mehr Helfer wir haben, desto schneller ist die Arbeit erledigt.“ Sie würde noch mehr Bücher finden müssen, die sie ihnen geben konnte, aber es war ihr egal. Jo ging den Kindern voran in den Geräteschuppen, um Werkzeuge zu holen, und kurz darauf machten die Kleinen sich an die Arbeit, rechten Laub, jäteten Unkraut und sammelten tote Äste auf. Josephine musste die Hände in ihre Taschen stecken, um dem Drang zu widerstehen, selbst mit anzufassen. Sie fühlte sich wie ein gefürchteter Aufseher, der tatenlos daneben stand und Befehle erteilte, während er die Peitsche knallen ließ.
„Probiert mal, ob ihr es schafft, ein paar der Steine hochzuheben, damit ihr das Unkraut mit den Wurzeln herausreißen könnt“, riet sie ihnen. Rufus und der ältere Junge, Bill, wetteiferten darum, wer die größten Steinplatten hochheben konnte. Die Würmer und herumhuschenden Asseln und das Labyrinth aus Ameisengängen, die sie da-runter fanden, faszinierten sie. Die beiden neuen Mädchen, Annie und Meg, kreischten.
„Können wir die Würmer zum Fischen behalten?“, fragte Rufus.
„Sie gehören euch“, sagte Josephine. Die Neugier der Kinder freute sie. Sie dachte an die Naturbücher im Zimmer ihres Bruders und konnte es kaum erwarten, sie den Kindern zu zeigen.
Willy, der ehemalige Kutscher, war auch nach White Oak zurückgekommen, und als er sah, dass die Kinder sich auf der Terrasse zu schaffen machten, humpelte er mit einer Säge zum Haus hinauf, um zu helfen. Josephine war froh, den sanften alten Mann mit dem lockigen weißen Haar und den krummen Fingern wiederzusehen. Er beteiligte sich, indem er tote Äste und wuchernde Glyzinienranken absägte. Jack und Annie trugen sie anschließend zum Feuerholzstapel.
„Das Geländer könnte mal wieder gekalkt werden“, sagte Willy, als sie anfingen, die Büsche zurückzuschneiden, unter denen die Balustrade fast nicht mehr zu sehen war.
„Aber wo sollen wir die Farbe
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