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Am Anfang eines neuen Tages

Am Anfang eines neuen Tages

Titel: Am Anfang eines neuen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Austin
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„Werden Sie dort sein, um uns vorzustellen? Ich möchte ungern unangekündigt erscheinen. Manche Leute schießen auf Yankees, die ohne Einladung ihr Grundstück betreten.“ Sein Lächeln ließ ihn jünger erscheinen, als er wahrscheinlich war. Und im Gegensatz zu ihrem Bruder und Harrison Blake wirkte Mr Chandler heiter und gut gelaunt, was so erfrischend war wie ein Becher Quellwasser an einem heißen Tag. Aber andererseits stand Mr Chandler auf der Gewinnerseite des Krieges. Er hatte nicht so gut wie alles, was er besaß, verloren.
    „Ich werde da sein“, sagte sie zu ihm. „Ich wohne erst einmal bei den Blakes. Allerdings sollte ich Sie warnen, dass Mr Blake von der Idee unter Umständen nicht begeistert ist. Geschweige denn Ihnen gegenüber freundlich gesinnt. Aber wenn Sie ihm einfach die Möglichkeiten erklären könnten, die es gibt, die Arbeiter dazu zu bewegen, auf seine Plantage zurückzukehren, dann bin ich mir sicher, dass seine Mutter sehr dankbar wäre.“
    „Das mache ich gerne. Und wenn Sie –“
    „Danke. Guten Tag.“ Sie drehte sich um und eilte den Weg zurück, den sie gerade gekommen war, bevor er noch etwas sagen konnte.
    „Wir sehen uns am Mittwoch“, rief er ihr nach.
    Jo wusste, dass es unhöflich war, so plötzlich zu verschwinden, aber sie wollte nichts mehr von ihm hören und sie wollte auch nicht, dass jemand sah, wie sie mit ihm sprach. Ein paar Minuten später, nachdem sie vor der Kirche in die Kutsche ihrer Mutter geklettert war, kam sie wieder an ihm vorbei, aber diesmal ignorierte sie ihn und ließ ihn mit seinem staubigen Strauß Wegwartenblüten am Straßenrand zurück.
    Josephines Magen zog sich zusammen, als der Fahrer sie kurz darauf vor der Säulenveranda der Blakes absetzte. Es schien ihr nicht mehr möglich, für irgendetwas dankbar zu sein. Doch dann begrüßte Mrs Blake sie mit einer Umarmung, die ihr Herz schmelzen ließ. Wie ausgehungert die Freundin ihrer Mutter nach jemandem sein musste, den sie in den Arm nehmen konnte, der ihr einen Hauch menschlicher Zuneigung und Hoffnung gab. Von Harrison bekam sie weiß Gott nichts davon.
    „Es ist so lieb von dir, dass du kommst und uns hilfst, Josephine. Ich hoffe, deine Mutter hat dich nicht dazu genötigt herzukommen.“
    „Natürlich nicht. Ich helfe gerne. Es muss für Sie schrecklich einsam hier sein.“
    „Ja, es war einsam.“ Priscilla sprach weiter, während sie Josephine ins Foyer führte und dann die Treppe hinauf in ein staubiges, muffiges Schlafzimmer. „Ich muss mich dafür entschuldigen, dass ich dein Zimmer nicht ordentlich gerichtet und gelüftet habe, aber seit Minnie gegangen ist, haben wir keine Hilfe mehr und ich habe einfach nicht alles allein geschafft.“
    Josephine nickte mitfühlend. „Machen Sie sich keine Gedanken. Ich bin hier, um Ihnen zu helfen, so gut ich kann.“
    „Wenn ich doch nur eine unserer Sklavinnen zurückbekommen könnte, damit sie für uns putzt und kocht …“
    „Vielleicht kann ich Ihnen helfen, jemanden zu finden. Es gibt im Dorf ein neues Büro, das bei solchen Dingen behilflich ist. Ich habe Ihretwegen schon mit einem der Agenten dort gesprochen.“
    „Du bist ein Engel, Josephine. Dich schickt wirklich der Himmel.“
    Jo legte ihre Tasche auf das Bett und kramte darin nach einer kleinen Metalldose, die sie eingepackt hatte. „Ich habe Ihnen ein paar Kamillenblüten mitgebracht, die ich gepflückt und getrocknet habe. Soll ich uns einen Tee machen, Mrs Blake?“
    „Ja, danke. Ich gehe nach unten und sehe nach, ob Harrison wach ist. Ihn würden ein Tee und etwas Gesellschaft sicher auch freuen.“
    In die Höhle des Löwen, dachte Josephine, als sie einige Minuten später den Tee in sein Zimmer trug. Sie hatte ihn wegen ihres Altersunterschiedes vor dem Krieg nicht gut gekannt, aber er hatte damals nie so zornig und ungepflegt ausgesehen wie jetzt. Seine Haut wirkte unter seinem schwarzen, ungestutzten Bart und dem struppigen Haar so weiß und zerbrechlich wie Eierschalen und seine dunklen Augen waren so Furcht einflößend wie ein Albtraum. Jo zwang sich zu lächeln. „Hallo, Harrison.“
    „Geh weg. Ich will nicht, dass du mir aus deinen faden Büchern vorliest. Ich kann sehr wohl alleine lesen, sollte ich beschließen, meine Zeit mit lächerlichen erfundenen Geschichten zu verschwenden.“
    „Ich habe dir Tee gebracht“, sagte sie und stellte das Tablett auf seinen Nachttisch. „Und mein Bruder Daniel hat mir ein paar Zeitungen mitgegeben, falls du die

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