Am Anfang ist die Ewigkeit
es nur noch ein paar Serpentinen bis zur HauptstraÃe.
Sie versuchte sich zu erinnern, wann die Abzweigung in die Last Dollar Road kam. Sie hatte verschiedene Leute darüber sprechen hören und wusste, dass dort das Geisterhaus stand. Es war von einer Familie namens Taylor in den Siebzigerjahren erbaut worden. Der Familienvater war jedoch verrückt geworden und hatte alle seine Angehörigen umgebracht. Seither stand es leer, denn etliche potenzielle Käufer hatten dort angeblich Geister gesehen. Den Jugendlichen aus der Umgebung war das egal. Sie nutzten das Haus seit Jahren als Party-Location.
Die Abzweigung kam früher, als Sasha erwartet hatte. Sie bog etwas zu scharf ab, geriet ins Rutschen und wäre um ein Haar im StraÃengraben gelandet. Adrenalin jagte in groÃen Schüben durch ihren Körper und machte sie noch nervöser, als sie ohnehin schon war. Im Schritttempo fuhr sie weiter und behielt gleichzeitig den StraÃenrand im Blick, um die Zufahrt zum Haus nicht zu verpassen. Es gab zwar einige Abzweigungen, aber an den Namensschildern stand nicht Taylor. Als sie schon kurz vor dem kleinen Flughafen war, kam sie an eine Wegmündung mit einem alten, verrosteten Schild. Der Name war längst verblasst, aber die darübergekritzelten weiÃen Buchstaben waren gut zu lesen: GEISTERHAUS .
Sasha schauderte und drehte die Heizung höher.
Der Weg war schmal und kurvenreich. Da tauchte unvermittelt das Haus vor ihr auf. Die Lichtung bot gerade genug Platz für eine winzige Hütte und einen kleinen Vorplatz. Dort parkte Easts Wagen. Es wurde also nichts aus der Idee, sich irgendwo zu verstecken und zu warten. Andererseits war kein anderes Auto zu sehen. Das ganze Haus war dunkel, bis auf einen schwachen Lichtschimmer in einem der Fenster. Das konnte ein kleines Feuer in einem offenen Kamin oder Kerzenlicht sein.
Sashas Nerven waren zum ZerreiÃen gespannt. Sie holte tief Luft, schaltete den Motor aus und stieg aus dem Wagen. Die Bretter der alten Veranda knarrten unter ihren FüÃen, während sie die Treppe hinauf zur Haustür ging. Die Klinke gab unter dem Druck ihrer Hand nach und die Tür schwang nach innen auf. Sie betrat einen kleinen, staubigen Flur. Auf der einen Seite war eine schmale Treppe und auf der anderen Seite führte eine offene Tür in ein Wohnzimmer. Sie konnte tiefe Stimmen und ein leises, schmerzerfülltes Stöhnen hören.
Langsam schlich sie näher. Da knarrte ein Dielenbrett und sie zuckte zusammen. Als niemand nachsehen kam, setzte sie ihren Weg fort. Doch auf der Schwelle blieb sie wie angewurzelt stehen. Sie blickte in einen kahlen, leeren Raum. Im Kamin flackerte ein Feuer und auf dem FuÃboden standen drei Kerzen. Sie beleuchteten drei groÃe Zeichen, die mit schwarzer Farbe auf den Boden gesprüht worden waren. 66X . Sashas Gedanken wanderten zurück in die leere Lagerhalle am Pier 26, zu den finsteren Gesichtern ihrer Mitschüler, die sie so sehr gehasst hatten, dass sie sie zu Tode steinigen wollten.
Verzweifelt drängte sie die Erinnerungen zurück. Sie durfte sich auf nichts anderes konzentrieren als auf das Hier und Jetzt. Amanda lag nackt und mit gespreizten Armen und Beinen in der Mitte des X. Ihre Hände und FüÃe waren an Zeltstangen festgebunden, die im HolzfuÃboden steckten. Sie war bewusstlos. Ihre blasse Haut war über und über mit feuerroten Stellen übersät â Brandwunden, die Brett ihr zugefügt hatte. Gerade stand er vor dem Feuer und hielt einen Schürhaken in die Flammen. Der durchdringende Gestank nach Rauch und verbranntem Fleisch erfüllte die Luft.
Sasha sah, wie Brett sich vom Feuer abwandte, während East auf Amanda zuging. Er hielt ein langes Messer in der Hand. Julianne lehnte mit einer Wodkaflasche im Arm lässig an der Wand direkt neben dem Kamin. Sie lachte, als sie Sasha entdeckte. »Sieh mal einer an, wir haben Besuch!«
Unwillkürlich musste Sasha an Reillys Worte denken. Seit heute weià ich, wie das Böse aussieht.
Sasha lieà den Blick über die grausige Szene gleiten. In einem einzigen, entscheidenden Augenblick der Wahrheit wurde ihr klar, dass sie das alles nicht tatenlos mit ansehen konnte. Ganz egal, welches Opfer es bedeutete, auch wenn sie ihre Unsterblichkeit aufgeben und bis in alle Ewigkeit eine Mephisto sein musste, sie würde es tun. Amanda war bereit, sich demütigen und foltern zu lassen, um
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