Am Anfang war der Tod
ich werde den Teufel tun und Ihnen ein Bündel von Theorien servieren, nur weil ich noch nicht über gesicherte Tatsachen verfüge. Beim Journalismus gehts doch auch um Fakten, oder? Sobald wir Ihnen Genaueres sagen können, werden wir das tun. Vielen Dank, das wäre alles fürs Erste. Wir lassen Sie Ihre Arbeit tun und wären Ihnen sehr verbunden, wenn Sie uns unsere Arbeit tun ließen.“
Er drehte sich um und ließ die Reporter stehen. Ganz oben auf seiner Dringlichkeitsliste stand ein ausführliches Gespräch mit der Joggerin, die die Leiche gefunden hatte. Er wollte mit ihr reden, ehe die Reporter sie in die Mangel nahmen. Dann würde er den Fall ganz normal weiteruntersuchen und sich bemühen, die Bilder aus der Vergangenheit zu verdrängen und die Verbitterung hinunterzuschlucken.
Die Gerichtsmediziner würden sämtliche Hinweise, die die Ermittler ihnen lieferten, aufs Genaueste analysieren. Gannet würde sich um die Autopsie kümmern. Die besten Leute würden für die Untersuchung abgestellt werden, und wenn nötig, würde die Mannschaft verstärkt werden. Er konnte sich auf seine Mitarbeiter verlassen. Sie waren zwar keine Zauberer, vollbrachten aber manchmal wahre Kunststücke, um ihr Ziel zu erreichen.
Und jetzt zurück zu den Tatsachen.
Eine Frau war auf brutale Weise ermordet worden.
Sie war bereits seit mehreren Wochen, möglicherweise mehreren Monaten tot.
Man hatte ihr die Ohren abgeschnitten – wie bei einem Ritualmord.
Ihm war klar, dass er sehr vorsichtig sein musste. Er konnte nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass ihr Tod die Fortsetzung einer Mordserie aus der Vergangenheit war. Alle Möglichkeiten mussten berücksichtigt werden.
„Ein Nachahmungstäter!“ rief Bryan Jay ihm nach, als er fortging. „Es könnte sich doch auch um einen Trittbrettfahrer handeln, oder?“
Er verkniff sich eine Antwort.
Ein Trittbrettfahrer.
Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.
Als er zum Tatort zurückkam, unterhielten sich Marty, Doc Gannet und Mandy Nightingale angeregt.
Marty sah in seine Richtung, und er wusste sofort Bescheid: Sie sprachen über ihn und machten sich Sorgen.
Dazu bestand überhaupt keine Veranlassung.
Es ging ihm bestens.
Er war fest entschlossen, dieses Mal so lange am Ball zu bleiben, bis er den wirklichen Mörder gefunden hatte.
4. KAPITEL
A m Montagmorgen hatte Ashley nichts Eiligeres zu tun, als durch die Zeitungen zu blättern, die Nick ordentlich gebündelt für die Altpapiersammlung neben die Hintertür gelegt hatte. Sie zuckte zusammen, als sie ihren Onkel hinter sich hörte. „Ashley, was tust du da?“
Sie sprang auf. Es tat ihr Leid, dass sie ihn mit ihrem Übereifer geweckt hatte. Der Stapel war nicht länger ordentlich, nachdem sie ihn durchwühlt hatte. Sie hatte gehofft, in der Samstagszeitung etwas über den Unfall auf dem Highway im Lokalteil zu finden, aber nichts entdeckt.
Schuldbewusst sah sie ihn an. „Tut mir Leid, dass ich dich wach gemacht habe. Auf dem Weg nach Orlando haben wir einen Unfall gesehen, und ich hatte gehofft, etwas darüber in der Zeitung zu finden. Hast du vielleicht irgendetwas darüber gehört?“
Nick kratzte sich den Bart, der über Nacht einen grauen Schatten auf seinen Wangen hinterlassen hatte. Er wirkte nicht jünger, als er war; dafür hatten Wind und Wetter und die Sonne gesorgt, denen er sich fast jeden Tag ausgesetzt hatte. Aber er hatte einen kräftigen Körper, und er war auf eine attraktive Weise gealtert, die von einem Leben zeugte, das er in vollen Zügen genossen hatte. Die grauen Strähnen fielen in seinem sandfarbenen Haar kaum auf, und in seinen hellblauen Augen spiegelte sich die Weisheit, die er über die Jahre angesammelt hatte.
Im Moment war von dieser Weisheit allerdings nicht viel zu sehen. Er schüttelte den Kopf und gähnte ausgiebig. Über der Schlafanzughose trug er einen Morgenmantel, den er mit dem Gürtel zuband, als er zur Kaffeemaschine in der Küche ging, nach der Kanne griff und erstaunt feststellte, dass sie leer war. Missbilligend sah er Ashley an. Normalerweise machte sie Kaffee.
„Entschuldige, aber ich glaube, der Unfall beschäftigt mich immer noch“, sagte sie. Während sie im Schrank nach Filtertüten suchte, füllte er die Kanne mit Wasser.
„Ist schon in Ordnung. Ich kann nämlich auch Kaffee kochen“, meinte er ein wenig pikiert. Was sie nie bezweifelt hatte. Schließlich war er ein selbstständiger Mann, er hatte sie großgezogen und war gewiss in der Lage, sich um
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