Am Dienstag sah der Rabbi rot
Ausgabe umfasst es etwa zweihundertfünfzig Seiten. Es ist ein großer, klarer Druck. Nicht mehr als der Umfang eines kurzen Romans. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das für College-Studenten zu viel sein sollte.»
«Welche Ausgabe sollen wir benutzen?»
«Ist es im Buchhandel zu kaufen?»
«Legen Sie auf eine bestimmte Übersetzung wert?»
«Können wir das Original lesen?» Das war Mazonsons Frage.
«Aber selbstverständlich, wenn Sie das können», sagte der Rabbi lächelnd. «Für alle übrigen genügt jede englische Ausgabe. Wenn es nicht in der Hausbuchhandlung ist, werden Sie es überall sonst kaufen können. Aber es wäre mir lieb, wenn Sie es nicht bis zu den letzten Tagen vor dem Examen aufschöben. Wenn Sie sofort mit der Lektüre beginnen, werden Sie einen besseren Überblick über den Gegenstand meiner Vorlesung haben –»
«Was, soll das eine Vorlesung und Übung zugleich sein?» Henry Luftig war entgeistert.
«Was hatten Sie denn gedacht?», fragte der Rabbi nüchtern.
«Ja, ich dachte, es wäre eine – wissen Sie, nur eine Art Diskussion.»
«Und wie wollen Sie über etwas diskutieren, von dem Sie nichts wissen?»
«Ach, mehr als generelles Prinzip. Schließlich weiß doch jeder was über Religion.»
«Sind Sie da so sicher, Mr. …?», begann der Rabbi sanft.
«Luftig. Hank Luftig.»
«Sind Sie sicher, Mr. Luftig? Ich gebe zu, die meisten Menschen haben generelle Ideen, aber leider sind die meisten viel zu generell. Man kann sagen, die Religion ist eine Art Planzeichnung für unser Denken und unsere Einstellung zum Leben. Aber nun unterscheidet sich die jüdische Religion weitgehendst von der heute gültigen christlichen Religion. In manchen Punkten aber sind die Unterschiede sehr fein und differenziert.»
«Ja, und darüber müssten wir doch diskutieren, Rabbi», sagte Shacter.
Der Rabbi dachte nach und schüttelte den Kopf. «Sie meinen, dass Sie durch die Addition Ihrer Unkenntnis zu Kenntnis gelangen könnten?»
«Ja, also …»
«Nein, nein. Lassen Sie uns bei der traditionellen Methode bleiben. Wenn Sie einmal etwas wissen, dann können wir vielleicht über die Auslegung diskutieren.» Nachdem die Verfahrensfragen geklärt waren, begann der Rabbi mit seiner Einführung. «Ein sehr augenfälliger Unterschied zwischen dem Judentum und vielen anderen Religionen ist der, dass wir nicht durch ein offizielles Glaubensbekenntnis gebunden sind. Bei uns ist es mehr ein Zufall der Geburt. Wenn Sie als Jude geboren werden, sind Sie Jude; zumindest bis Sie offiziell zu einer anderen Religion konvertieren. Ein als Jude geborener Atheist ist darum immer noch Jude. Und andersherum: Jemand, der nicht als Jude geboren ist, aber unseren traditionellen Gebräuchen folgt und unseren traditionellen Glauben teilt, würde trotzdem nicht als Jude betrachtet, solange er nicht offiziell zum Judentum übergetreten wäre.»
Er lächelte. «Vielleicht kann ich noch zugunsten etwaiger heißblütiger Verfechterinnen der Emanzipation der Frau hinzufügen, dass nach dem rabbinischen Gesetz nur das Kind einer jüdischen Mutter – bemerken Sie bitte: Mutter, nicht Vater – Jude ist.»
«Wollen Sie uns auf den Arm nehmen, Rabbi?»
Er war durch die Unterbrechung durch ein hübsches Mädchen aus der ersten Reihe erschrocken.
«Ich verstehe nicht ganz, Miss …?»
«Goldstein. Und ich schreibe es Ms. Goldstein.»
«Verzeihen Sie mir, Ms. Goldstein», sagte der Rabbi ernst. «Ich hätte das wissen müssen.»
«Ich meine, ist das nicht ein Dreh, den jüdische, männliche Chauvinisten Frauen gegenüber anwenden, um zu vertuschen, dass sie sie doch nur für zweitklassig halten? Die Frauen machen eine Gehirnwäsche durch, bis sie glauben, an Wichtigkeit gewonnen zu haben, weil sie entscheiden dürfen, ob das Kind der jüdischen Rasse, Nation oder was es sonst sein mag, angehört. Na, wunderbar! Dabei war es in Wirklichkeit doch wohl so, dass es bei den Juden als überall verfolgter Minderheit sicherer war, wenn man die Abstammung von der Mutter herleitete?»
«Ach, jetzt verstehe ich, was Sie meinen. Ja, ich nehme an, dass das der Grund gewesen sein mag», gab er zu.
Ein frostiges Lächeln huschte über ihr Gesicht. «Und stimmt es nicht auch, dass die Frauen bis zum heutigen Tag keinen Platz in der jüdischen Religion haben? In manchen Synagogen versteckt man sie sogar hinter einem Vorhang auf der Galerie.»
«Das gibt es nur in streng orthodoxen Gemeinden.»
«In unserer Synagoge sitzen sie an einer
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