Am Dienstag sah der Rabbi rot
Seite», sagte Lillian Dushkin.
«Und sie dürfen nicht am Gottesdienst teilnehmen», fügte Ms. Goldstein hinzu.
«Das ist nicht wahr», sagte der Rabbi. «Der Gottesdienst ist die Rezitation einer Folge von Gebeten. Frauen, die am Gottesdienst teilnehmen, sprechen die Gebete genau wie die Männer.»
«Und was nützt das?», schnaubte Lillian Dushkin. «Sie werden nie aufgerufen, etwas vorzulesen oder vorzutragen.»
«Doch, das gibt es auch, in Reform-Synagogen», korrigierte der Rabbi.
«Ich weiß ganz genau, dass ein Mann sich von seiner Frau scheiden kann, indem er ihr einfach einen Brief schickt», sagte Mark Leventhal, nicht aus übergroßem Mitgefühl für die Frauen, sondern weil sie anscheinend ihren Lehrer in die Enge getrieben hatten. «Und sie kann sich von ihm nicht scheiden lassen.»
«Und wenn ihr Mann stirbt, muss sie ihren Schwager heiraten», sagte Mazonson aus demselben Grund.
Der Rabbi hielt beide Hände hoch, um sie zur Ruhe zu bringen. «Dies ist ein sehr gutes Beispiel», sagte er, «für die Gefährlichkeit von Diskussionen, die auf Unwissenheit und sehr begrenzten Kenntnissen basieren.»
Sie wurden nun wieder ruhiger.
«Erstens ist unsere Religion», fuhr er nun fort, «nicht so zeremoniell wie beispielsweise die katholische Religion, die einen geweihten, heiligen Ort, nämlich die Kirche, für ihre Ausübung braucht. Das Zentrum unserer religiösen Verrichtungen ist viel mehr das Heim als die Synagoge. Und im Heim nimmt die Frau nun ganz gewiss an jedweder Zeremonie teil. Sie bereitet das Haus für den Sabbat vor, und sie ist es, die die Sabbatkerzen segnet.»
Ms. Goldstein flüsterte ihrer Nachbarin etwas zu. Sie lachte.
«Wir sind nicht immun gegen die Einflüsse unserer Umwelt», der Rabbi hob die Stimme etwas an. «Solange es Geschichtsschreibung gibt, war die Gesellschaft patriarchalisch, aber die Zehn Gebote fordern, dass man Vater und Mutter ehrt, und normalerweise sprechen wir auch von Vater und Mutter, viel öfter als von dem schwächlichen Kollektivwort Eltern. Sogar in biblischer Zeit konnte eine jüdische Frau nicht gezwungen werden, gegen ihren Willen zu heiraten. Die Strafe für Ehebruch war der Tod, aber beide Ehebrecher traf dieselbe Strafe. Wenn eine Frau heiratete, blieb sie im Besitz ihres Vermögens, und wenn sie geschieden wurde, nahm sie es nicht nur mit, sondern sie erhielt auch eine hohe Summe, die vorher im Heiratsvertrag für den Fall einer Scheidung festgelegt worden war.»
«Aber ein Mann konnte sich jederzeit von seiner Frau scheiden lassen; sie konnte das nie.» Es war wieder Leventhal.
«Nein. Die Regeln dieses Vorgangs verlangten, dass der Mann die Scheidung gab und die Frau sie entgegennahm. Aber er muss vor ein rabbinisches Gericht gehen und die Richter überzeugen, ehe sie ihm ein get geben, einen Scheidebrief. Die Frau kann dasselbe tun. Der Unterschied ist, dass das rabbinische Gericht dann dem Mann befiehlt, ihr die Scheidung zu geben.»
«Und wenn er das nicht will?»
«Dann können die Rabbiner alle Zwangsmaßnahmen ergreifen, über die sie verfügen. Im modernen Israel stecken sie ihn ins Gefängnis, bis er einwilligt. Ich sollte noch hinzufügen, dass schon in früheren Zeiten, sogar nach heutigem Standpunkt, die Gründe für eine Scheidung sehr liberal waren, liberaler als in den meisten westlichen Staaten heute. Es gab zum Beispiel die Scheidung aus gegenseitigem Übereinkommen. Die Frau konnte die Scheidung verlangen, wenn ihr Mann ihr physisch unangenehm war, oder wenn er der in der Grundlage für das eheliche Leben festgelegten Pflicht nicht nachkam. ‹Lass einen Mann seine Frau mehr ehren als sich selbst und sie so lieben, wie er sich liebt› Nein, Ms. Goldstein, ich sehe in den Scheidungsgesetzen nichts, was eine Frau als zweitklassig erscheinen lässt.»
«Wie ist das mit der Witwe, die ihren Schwager heiraten muss?», fragte Mazonson.
«Oder andersherum?», fragte der Rabbi lächelnd. «Es kommt immer auf den Blickpunkt an.»
«Jetzt verstehe ich Sie nicht.»
«Offenbar kennen Sie das Gesetz oder vielmehr seine Absicht nicht. Das Gesetz verlangte nur dann die Heirat zwischen Witwe und Schwager, wenn sie kinderlos war. Aber der Zwang galt für beide, und nach der Bibel war die Absicht die, dass, falls sie ein Kind bekam, es nach ihrem toten Ehemann benannt würde, ‹dass sein Name nicht vertilget werde aus Israel›.»
«Ja, aber ich hab gehört –»
«Warum sollte –»
«Mir kommt es so vor –»
«Und was ist mit
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