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Am Dienstag sah der Rabbi rot

Am Dienstag sah der Rabbi rot

Titel: Am Dienstag sah der Rabbi rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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möchte, ist, was der Rabbi darüber weiß. Er unterrichtet dort. Mir ist aufgefallen, dass er heute auch nicht da war.»
    «Er ist heute Morgen Gastredner in der Bibelklasse der Männer bei der Methodistenkirche von Lynn», erklärte Dr. Malitz. «Es hat in der Zeitung gestanden.»
    «Unser sprichwörtliches Glück», murrte Phillips voller Zorn. «Jetzt kriegen die den Augenzeugenbericht und nicht wir.»
    20
    Der Rabbi kam kurz vor zwölf Uhr mittags nach Hause und wurde von einem ungeduldigen Malcolm Selzer erwartet. «Ihre Frau hat gesagt, Sie müssten jede Minute kommen. Und meine Frau war so überzeugt davon, dass Sie uns helfen könnten, dass ich nicht den Mut hatte, ihr zu sagen, ich hätte Sie nicht angetroffen.»
    «Nun beruhigen Sie sich, Mr. Selzer, und sagen Sie mir, was Sie auf der Seele haben.»
    Selzer sah ihn dankbar an und setzte sich. «Am Freitag hab ich wie alle anderen auch die Nachrichten gehört. Und ich muss zugeben, ich hatte gleich so ein komisches Gefühl, dass mein Abner da vielleicht mit drinsteckte. Ich meine nicht, dass ich ihn für fähig halten würde, Bomben zu legen, das nicht. Ich kenne meinen Sohn. Der tut keiner Fliege was. Aber ich dachte, er könnte was wissen, vielleicht, dass es eine Gruppe war, zu der er Kontakt hat – Sie wissen doch, was man so denkt und auf was für komische Ideen man kommen kann?»
    «Natürlich. Lassen Sie sich Zeit, und erzählen Sie mir, was geschehen ist.»
    Selzer nickte. «Am Samstag hab ich dauernd vorgehabt, Abner anzurufen. Nicht, um direkt zu fragen, wissen Sie, mehr wie es so geht und was es Neues gibt. In der Art. Wenn er wirklich mit drinsteckte, hätte er es sagen können. Eigentlich war es auch mehr meine Frau, die so gedrängelt hat. ‹Ruf ihn an; du hast einen Sohn, sprich doch mal von Zeit zu Zeit mit ihm!› Und um die Wahrheit zu gestehen: ich hätte es auch gemacht, wenn ich nicht Angst gehabt hätte, es damit herauszufordern. Meine Mutter, möge sie in Frieden ruhen, hat immer gesagt: ‹Nur nicht dran rühren›!»
    «In dem Sinn, dass man das Schicksal nicht herausfordern soll», sagte der Rabbi mit dem Anflug eines Lächelns.
    «Richtig.» Selzer freute sich, dass der Rabbi ihn verstand. «Na, dann hab ich meiner Frau vorgeschlagen, ins Kino zu gehen. Wissen Sie, um auf andere Gedanken zu kommen; und im Übrigen natürlich auch, weil sie mich nicht mitten während des Films zum Telefonieren schicken würde.»
    Er blickte ins Leere, als müsse er seine Gedanken sammeln. «Ich dachte, wir könnten hinterher noch irgendwo eine Tasse Kaffee trinken. Das machen wir meistens. Aber meine Frau wollte unbedingt gleich nach Hause; sie hatte so ein Gefühl. Als wir dann auf der Auffahrt sind, weiß ich schon, dass was los ist, weil in der Küche Licht brennt, und das bedeutet, dass Abner zu Hause ist. Und warum soll er am Samstagabend nach Hause kommen, wenn nicht, weil es Ärger gegeben hat? Na ja, meine Frau tut dann auch so, als wäre gar nichts los. ‹Hast du gegessen, Abner? Wir haben noch Hühnerfleisch. Soll ich dir ein Brot machen? Er ist so dünn. Sieh dir an, wie dünn er ist, Malcolm.› Natürlich fällt keiner darauf rein, ich nicht, Abner nicht und sie auch nicht. Sie will bloß Zeit gewinnen und es hinauszögern, bis wir ihn fragen müssen, warum er nach Hause gekommen ist. Aber ich bin Geschäftsmann, ich mache keine albernen Spielchen. Ich frag ihn also ganz direkt: ‹Hast du Ärger, Abner? Bist du in den Bombenanschlag verwickelt?›» Selzer hob den Zeigefinger Achtung fordernd. «Verwickelt, hab ich gesagt, Rabbi. Nicht: Hast du es gemacht. Ich hab ihn nur gefragt, ob er in die Sache verwickelt sei. Was heißt schon verwickelt? Verwickelt kann jeder sein. Wenn es mein Sohn ist, bin ich verwickelt, ist meine Frau verwickelt, ist die Polizei verwickelt. Verwickelt zu sein ist kein Verbrechen.»
    Er schüttelte traurig den Kopf. «Damit ist es losgegangen. Ich traute ihm nicht, schreit er. Er kommt nach Hause, und ich denke an nichts anderes, als dass er das College in die Luft sprengen will oder ein grässliches Verbrechen begangen hat. Dass ich zum Establishment gehöre, und das Establishment das Nicht-Establishment zu unterdrücken versucht, und sie nur versuchen, eine lebenswerte Welt zu schaffen, und meine Generation sie daran hindert. Und dass wir die Bullen benutzen, um sie zu unterdrücken. Damit meint er die Polizei, wissen Sie?»
    Selzer stand auf und begann im Zimmer herumzulaufen. «Er schreit, und ich

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