Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Dienstag sah der Rabbi rot

Am Dienstag sah der Rabbi rot

Titel: Am Dienstag sah der Rabbi rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
Vom Netzwerk:
mir nicht schlecht geht.
    Brad Ames hat sich auch fürs Strafrecht interessiert. Aber für ihn war das kein Problem. Seine Familie hat ihm den Posten des Assistant District Attorney in der County beschafft, und da sitzt er seither. Nicht nur, dass er Strafrecht praktiziert, er braucht sich nicht mal Vorwürfe zu machen, einem armen Schwein die Ersparnisse seines Lebens für sein Honorar abgejagt zu haben, oder sich darüber Sorgen zu machen, dass das Geld, mit dem er bezahlt wird, gestohlenes Geld ist, weswegen der Kerl ja gerade einen Anwalt braucht.
    Natürlich, das Gehalt eines Assistant District Attorney ist nicht großartig. Keiner von uns könnte davon leben, wenigstens nicht nach unserem heutigen Standard. Aber für Brad Ames ist das sowieso nur ein Taschengeld. Er hat keine Frau, und seine Familie setzt ihn nicht unter Druck, Geld heranzuschaffen.»
    «Kann schon sein», sagte Gordon Atwell, der jünger als die anderen aussah, «kann aber auch sein, dass persönliche Gründe dahinter stehen.»
    «Wie meinst du das?», fragte Fisher.
    «Na, du weißt doch, wie Ames aussieht – dieser Kugelkopf auf dem fetten Rumpf, und das Gegrinse und Gekichere, als wäre er ein Idiot –»
    «Der und ein Idiot!» Andrew Howard lachte. Er hatte eine gewöhnliche Anwaltspraxis und war der Einzige, der mit Strafsachen zu tun hatte. «Hast du vergessen, dass er ins Law Review gekommen ist?»
    «Ich hab nicht gesagt, er wäre ein Idiot, nur dass er wie ein Idiot aussieht. Ich meine, er hat nicht das Aussehen, das einem Mandanten Vertrauen einflößt.» Atwell sah Fisher Hilfe suchend an.
    «Lasst euch davon nur nicht täuschen», fuhr Howard fort. «Vielleicht ist es ein nervöser Tick, aber glaubt mir, wenn er will, kann er das ganz schnell abstellen. Und wenn er das tut, seht euch vor! Ich bin mal bei einer Vergewaltigungsklage gegen ihn aufgetreten. Mein Mandant war ein nett aussehender junger Mann, kühl und gelassen. Er musste aussagen, aber ich dachte, er würde es durchhalten und sich nicht gehen lassen. Er hat seine Geschichte gut vorgetragen, und ich merkte, dass er auf die Geschworenen einen guten Eindruck machte. Dann fing Brad Ames mit dem Kreuzverhör an. Er stellte seine Fragen, und sie waren ganz gutartig. Wisst ihr, wie ich das meine? Kein Druck. Und dann seine ganze Art. Er sah wie ein grinsender Buddha aus. Und immer dieses leise Gekicher, als wäre alles nur ein besserer Scherz. Gar nicht lange, dann war mein Mandant ganz gelockert und grinste auch. Sie verstanden sich wie alte Freunde. Aber hin und wieder schob Ames eine unzulässige Frage ein, die mein Mandant beantwortete, ehe ich eingreifen konnte. Der Richter, Richter Lukens war das damals, ließ sie streichen, aber die Geschworenen hatten sie gehört. Das ging fast eine Stunde lang, immer freundlich und höflich. Und dann, ganz plötzlich, macht Brad ein strenges Gesicht – adieu, Buddha. Er hält das Kleid des Mädchens hoch, damit die Geschworenen sehen können, wie es aufgerissen ist. ‹Das hat sie sich also selber ausgezogen?› fragt er. Mein Mandant begann zu stottern und stammeln, und von dem Augenblick an wusste ich, dass er verspielt hatte.»
    «Oh, ich bestreite ja gar nicht, dass er gut ist», sagte Fisher. «Aber es ist trotzdem keine richtige Karriere. Assistant District Attorney. Wenn er wirklich Ehrgeiz gehabt hätte, wäre er nach ein paar Jahren aus dem Büro des D. A. ausgeschieden und hätte die Stellung als Sprungbrett für eine private Praxis als Strafverteidiger benutzt.»
    «Da bin ich anderer Meinung», sagte Sam Curley, der bisher stumm geblieben war. «Ich habe seit Jahren ab und an geschäftlich mit Brad zu tun gehabt. Wir befassen uns nicht mit Strafsachen, aber gelegentlich hat einer unserer Mandanten oder seine Familie Ärger, und dann erwarten sie natürlich, dass wir für sie auftreten. Wenn es um was Schwerwiegendes geht, empfehlen wir sie natürlich an einen Fachmann weiter, aber normalerweise übernehmen wir die Fälle. Vor etwa drei Jahren hatte ich so einen Fall, und Brad vertrat den Staat. Es war im Sommer, und als ich Brad anrief, lud er mich zum Wochenende nach Barnard’s Crossing auf den alten Familiensitz ein. Sie haben ein eindrucksvolles Haus am Point. Es war gutes Wetter, und wir haben gesegelt. Am Sonntag kam sein älterer Bruder Stuart zum Essen –»
    «Der Richter?»
    «Ja, der. Nach dem Essen saßen wir auf der großen Terrasse über dem Meer. Wir tranken Tom Collins aus großen Gläsern. Es war sehr

Weitere Kostenlose Bücher