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Am dreizehnten Tag: Die Bestimmung (German Edition)

Am dreizehnten Tag: Die Bestimmung (German Edition)

Titel: Am dreizehnten Tag: Die Bestimmung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regina Mengel
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unter die Decke stapelten. Eine jede fasste gut 5 Kilogramm Tee, Blütenblätter oder andere Ingredienzien. Daneben hing ein Regal, in denen kleinere Gefäße standen.
    Er nahm ein Porzellangefäß heraus, das äußerlich keinerlei Aufschluss über seinen Inhalt gab, und öffnete es. Eine Nuss lag darin. Sie sah einer Muskatnuss ähnlich, war jedoch etwa drei Mal so groß. Er ließ sie auf die Arbeitsfläche rollen. Dann zog er eine Flasche mit einer klaren Flüssigkeit hervor.
    Er schüttete sich einige Spritzer in die Handflächen und verteilte sie sorgfältig. Gleich darauf griff er nach dem Gefäß, in dem die Nuss gelegen hatte. Er strich mit den Händen mehrmals darüber und hielt es danach in das Licht der Schreibtischlampe. Wenige Sekunden später zeichneten sich Umrisse von Schrift ab.
    Sorgfältig studierte Albin das Geschriebene. In verschnörkelten Buchstaben stand dort:
     
    Teqisma Yanus
     
    Eine Unze, grob gerieben,
    wie es seit jeher steht geschrieben,
    füg hinzu zu deinem Trank,
    der Trinker schuldet seinen Dank.
     
    Doch fügst du zu, der Menge mehr,
    weicht all das Glück, dem Leide sehr.
    Drum sei behutsam und gib Acht,
    niemals missbrauche deine Macht.
     
    Einer von Sarahs Vorfahren hatte in krakeliger Handschrift hinzugefügt: Je 500g Teemischung eine Unze beigeben.
    Albin zog eine silberne Apothekerwaage hervor, griff zur Reibe und wog exakt eine fünftel Unze ab. Den Abrieb ließ er in einen Mörser rieseln. Dann öffnete er eine der Teekisten und roch an deren Inhalt - Lavendelblüten zur Beruhigung. Hier stand die Gebrauchsanweisung gut lesbar auf der Kiste. Albin wog 30 Gramm ab und warf sie ebenfalls in den Mörser. Es folgten weitere Teeblätter und Blüten, die das Wohlbefinden der Kundin steigern sollten. Zuletzt griff er noch einmal in das Regal und zog ein Glas voller farbiger Bohnen hervor. Nachdem er die verborgene Anleitung sichtbar gemacht hatte, las er die Aufschrift:
     
    Fasuly Azalmak
     
    Überfraß geht schnell hinfort,
    schwemmt hinaus am stillen Ort,
    mischt man diese Bohnen zu,
    schrumpft Gedunsenes im Nu.
     
    Fünf der Bohnen gelber Art,
    Sechs der Bohnen grün und hart,
    füg hinzu und stampfe klein,
    dann wird es bekömmlich sein.
     
    Er warf die Bohnen in den Mörser, zerkleinerte die Mischung, füllte den Tee in eine Tüte und verschloss diese fest.
    Als er fünfzehn Minuten später durch den Vorhang zurück in den Verkaufsraum trat, stand die Frau immer noch unbeweglich da. Sie erwachte erst aus ihrer Trance, als er sanft die Hand auf ihren Arm legte.
    „Das ging aber schnell“, lobte sie.
    Albin lächelte, gab das Wechselgeld heraus und führte sie zur Tür. „Der Tee wird Ihnen gut tun“, sagte er zum Abschied. „Beehren Sie uns bald wieder.“
     

10.               Das Wiedersehen
     
    A ls Susanna erwachte, war es beinahe Mittag. Ihr Magen knurrte vernehmlich. Blitzschnell schlüpfte sie in ihre Klamotten. Dann lief sie hinunter in die Küche. Toni hatte das Frühstück bereits weggeräumt. Doch das störte Susanna nicht, sie säbelte sich eine dicke Scheibe des frischen, dunklen Bauernbrots ab und strich Butter und Erdbeermarmelade darauf. Schon als sie das Marmeladenglas öffnete, drang ihr der Duft der süßen Beeren entgegen.
    Sie machte es sich am Küchentisch gemütlich und biss in das Brot. Lecker, sie schloss die Augen. In Sekundenschnelle verschlang sie die Scheibe.
    Toni trat in die Küche.
    „Brauchst du irgendetwas?“, fragte sie. „Ich fahre zum Einkaufen in die Stadt.“
    Susanna verneinte. Wenige Minuten später verabschiedete sich Toni. Susanna blieb noch einen Moment in der Küche sitzen, dann erhob sie sich, um in Tonis Abwesenheit noch einmal die Bibliothek zu durchstöbern.
    Es klingelte. Susanna ging in den Hof. Sollte sie öffnen? Sie betrachtete das Tor. Hinter einem Metallplättchen lag ein Türspion versteckt. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, schob das Metallstück zur Seite und spähte hindurch.
    Erstaunt zuckte sie zurück. Draußen stand Patrick. Wie kam der denn hierher? Sie kniff ein Auge zusammen, reckte sich und schaute abermals durch das Guckloch. Eindeutig Patrick.
    „Was machst du hier?“, platze sie heraus, während sie das Tor öffnete.
    „Ich habe endlich meinen Onkel Samuel erwischt.“
    Onkel Samuel?
    „Wie hast du deinen Onkel genannt?“, fragte sie. „Ich dachte, dein Onkel heißt Sam?“
    „Sam ist die Abkürzung von Samuel. Ist doch logisch.“
    Welche Rolle spielte Patrick in

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