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Am dreizehnten Tag: Die Bestimmung (German Edition)

Am dreizehnten Tag: Die Bestimmung (German Edition)

Titel: Am dreizehnten Tag: Die Bestimmung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regina Mengel
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der Luft.“
    „Ich dachte, Flaschengeister erfüllen drei Wünsche?“, warf Patrick grinsend ein.
    „Nur im Märchen“, erwiderte sein Onkel.
    „Mit Märchen scheinst du dich gut auszukennen“, murmelte Patrick. Er erntete einen warnenden Blick seines Onkels. „Wahrscheinlich wäre ich auch sauer, wenn man mich in eine Flasche sperren würde“, fügte Patrick hinzu.
    Samuel lächelte seinem Neffen zu und fuhr fort:
    „Es muss Liebe auf den ersten Blick gewesen sein. Bald waren die beiden unzertrennlich. Allerdings war der Geist nicht stofflich, daher konnten sie nicht einmal Händchen halten oder einander umarmen.“
    „Wie traurig“, sagte Susanna. Inzwischen hörte sie aufmerksam zu. Die Geschichte faszinierte sie.
    „Sehr traurig.“ Samuel nickte. „Auch den Sultan rührte das Leid seiner Tochter. Daher suchte er einen Weg, ihr zu helfen. Er ließ seinen Hofzauberer kommen und dieser fand tatsächlich eine Lösung. Er mischte ein Elixier, mit dem er den Geist in einen Sterblichen verwandelte. Allerdings willigte der Sultan erst in eine Heirat ein, nachdem die Liebenden einen Eid geleistet hatten, ein Versprechen, das die Nachkommen bis heute bindet.“
    Susanna runzelte die Stirn. „Davon habe ich nie gehört.“
    „Deshalb bin ich hier. Dein Vater scheint die Absicht zu haben, deinen vorbestimmten Weg zu boykottieren, seit deine Mutter in Kis-Ba-Shahid gestorben ist.“
    „Meine Mutter ist in Italien ertrunken“, warf Susanna an.
    „Nein, tut mir leid. Da hat man dich angelogen.“
    „Quatsch. Ich hatte die Urne selbst in der Hand.“ Was wusste dieser Samuel schon. Sie hatte diese hässliche grüne Deckelvase schließlich mit eigenen Augen gesehen.
    „Bist du sicher, dass in der Urne die Knochen deiner Mutter lagen?“ Er sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.
    War sie sich sicher? Bis gerade war sie es gewesen. Aber was, wenn er recht hatte? Susanna zitterte. Sie dachte an den Tag vor drei Jahren zurück, als das Paket auf dem Wohnzimmertisch gestanden hatte. Gänsehaut kroch ihren Rücken hinauf. Was für eine grausige Vorstellung.
    „Siehst du“, sagte er mit sanfter Stimme.
    „Davon wird sie auch nicht wieder lebendig“, erklärte Susanna trotzig. Eine einzelne Träne rann ihre Wange hinunter. Zornig wischte sie den Tropfen fort.
    „Möchtest du nicht wissen, was ihr widerfahren ist?“
    „Doch!“, sagte sie, obwohl sie nicht glauben konnte, was Samuel das erzählte. Es klang einfach viel zu sehr nach einem Märchen.
    „Deine Mutter besuchte Verwandte. Das war nichts Besonderes, denn Sarah hielt sich regelmäßig in Kis-Ba-Shahid auf. Was dann genau passiert ist, weiß ich nicht. In den Straßen erzählte man sich, Sarah wäre in die Wüste gegangen, um für ein paar Stunden allein zu sein. Sie kehrte nie wieder zurück. Wahrscheinlich kam sie vom Weg ab. Der Sand ist tückisch, von einem Moment auf den anderen verändert der Wind die Form der Dünen. Selbst, wenn man sich auskennt, kann man die Orientierung verlieren. Und was die Wüste verschlingt, gibt sie selten wieder her. Jedenfalls hat man ihre Leiche niemals gefunden.“
    Susannas Ohren rauschten. Es fiel ihr nicht leicht, einen klaren Gedanken zu fassen.
    „Wo genau soll dieses Kis-Ba-Shahid denn liegen?“, fragte sie schließlich.
    Bisher hatte Patrick die meiste Zeit geschwiegen. Doch nun meldete er sich zu Wort. „Nun kommt Leute“, sagte er. „Das meint ihr doch nicht ernst?“
    Samuel ignorierte seinen Neffen.
    „Weißt du“, sagte er zu Susanna, „zwischen Himmel und Erde gib es viel mehr, als wir begreifen können. Eines dieser wundersamen Dinge, ist die Verbindung zwischen Bas-Ta-Bata, wie die Grenzgänger diese Welt hier nennen, und Kis-Ba-Shahid. Um nach Kis-Ba-Shahid zu gelangen, brauchst du einen Ort des Übergangs und in der Regel ein spezielles Ritual.“
    „Hm“, sagte Susanna.
    „Nehmen wir an, du willst die Reise antreten. Dein Weg führt durch euren Teeladen.“
    „Wie?“ Susanna lachte. „Vorne rein, hinten raus? Und schwupps stehe in Kis-Ba-Shahid?“
    „So ähnlich. Vor gut 100 Jahren war Auswanderung groß in Mode. Die Grenzgänger - so nennt man diejenigen, die den Wechsel zwischen den Welten beherrschen - siedelten sich in hier Lesancé an. Soweit ich weiß, sind sie alle geblieben, bis auf deine Familie.“
    „Und wieso ist sie weggezogen?“, fragte Susanna.
    „Wegen des Schwurs. Deine Familie hat versprochen, den Menschen Glück zu bringen. Diesen Eid zu erfüllen war in

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