Am Ende bist du mein
vor dem Unfall – hätte ihm zu all dem der Mut gefehlt. Damals war er schwach gewesen. Nutzlos. Hatte sich zu viele Sorgen um die Meinung anderer gemacht. Kein Rückgrat gehabt.
Doch damit war jetzt Schluss. Der Unfall hatte den Weichling ausgelöscht. Er war ein
Mann
geworden. Besser und stärker. Inzwischen gab es den neuen Craig, einen, der die Dinge in Angriff nahm und sich keinen Deut um Regeln oder Gesetze scherte. Einen Mann der Tat.
Er schaute zu Hudsons Haus hinüber. Durch die Bäume fiel blasses Mondlicht auf das zweistöckige Haus aus Stein,den Vorbau und das tiefgezogene Dach. Im Vorgarten erkannte Craig überwucherte Beete, doch der Rasen war ordentlich und gepflegt. In einem der unteren Räume war das Licht an, und Hudsons Wagen stand in der Einfahrt.
Craig kurbelte das Fenster herunter. Schwere feuchte Nachtluft zog herein und legte sich auf seine Haut.
Drüben im Haus ging noch ein Licht an. Craig sah Hudson von einem Zimmer ins nächste gehen. Der Bulle hatte sein Jackett abgelegt, die Krawatte gelockert und die Hemdsärmel aufgerollt. Jetzt tigerte er hin und her, als wartete er auf jemanden.
Craig ballte die Fäuste. Die Affäre mit Hudson hatte Adrianna ihm verschwiegen, aber er war trotzdem dahintergekommen. Eines Sonntagnachmittags hatte er die beiden entdeckt – Hand in Hand auf der Straße. Einen Moment hatte der Anblick wehgetan, doch dann hatte ihn rasende Wut gepackt.
Am liebsten wäre er den beiden damals nachgeschlichen, doch er hatte ihnen nur nachgestiert, bis sie verschwunden waren.
Halb wahnsinnig hatte es ihn gemacht, aber selbst wenn er da mit Adrianna geredet hätte, hätte sie von dem Kerl nicht abgelassen. Stattdessen ging er zu ihrer Mutter. Die gute Margaret Barrington. Sie tat das, was er erwartet hatte. Lief zu Adrianna und erinnerte sie an das Leben, das sie zu führen hatte.
Inzwischen bekam Adrianna ihr Leben langsam wieder in den Griff. Es wurde Zeit, dass er ihr zeigte, wie sehr er sich geändert hatte. Sie würden wieder zusammenkommen. Er könnte ihr von den Frauen in den Gräbern erzählen. Wie er sie getötet hatte. Wegen ihr. Vor seiner Adrianna würde er keine Geheimnisse haben.
Alles hätte gut werden können – doch dann war dieserHudson wieder aufgetaucht und machte sich daran, ihm alles zu verderben.
Scheißkerl.
Craig betrachtete den goldenen Siegelring am kleinen Finger seiner linken Hand. Das Gold war angelaufen und der Reif zu eng. Aber er liebte diesen Ring und alles, wofür er stand. Versonnen strich er über das eingravierte
T
.
Ein V W-Käfer näherte sich Hudsons Haus und bog in seine Einfahrt ein. Die Tür öffnete sich, eine junge Frau stieg aus und zerrte so etwas wie einen Wäschesack hervor. Jessie. Hudsons Schwester. College-Studentin.
Kam wahrscheinlich zu Besuch, um Hudsons Waschmaschine zu benutzen. Vor dem Eingang kramte sie einen Schlüssel aus der Tasche, doch in dem Moment wurde die Tür von innen aufgemacht. Hudson erschien auf der Schwelle. Er nahm ihr den Sack ab und sagte was, das sie zum Lachen brachte.
Hübsches Mädchen. Die Haare ein bisschen zu dunkel für seinen Geschmack, aber da ließ sich Abhilfe schaffen. Ein paarmal hatte er sie schon gesehen. Temperamentvoll, die Kleine. Eine Kämpfernatur. Wie eine Welle stieg die Begierde in ihm auf, und sein Penis wurde steif.
Dann stellte er sich vor, wie er sie berühren und mit seiner neuen Kamera filmen würde. Vielleicht sollte er sie als nächste Schauspielerin auswählen.
Craig bezwang sein Verlangen. Brachte ihm ja auch nichts. Ihm genügte der Gedanke, dass er sie sich nehmen konnte, wann und wo es ihm passte.
Er machte einen Deal mit sich selbst. Wenn Hudson die Finger von Adrianna ließe, würde er die Finger von Jessie lassen.
Die Colonies waren so gut wie verkauft. Die beiden toten Frauen würden auch verschwinden. Nichts verbandihn mehr mit der Vergangenheit. Ab jetzt zählte nur noch die Zukunft.
Und in dieser Zukunft würden er und Adrianna das perfekte Paar abgeben.
Seine süße Adrianna.
«Bald, Adrianna, bald. Nur noch eine andere Schauspielerin wird es geben. Danach gehört die Rolle dir.»
Neun
Mittwoch, 27. September, 09.00 Uhr
Als Gage in der Gerichtsmedizin erschien, brannten seine Augen vor Müdigkeit. Jessie hatte in ihrem Hotel-Job Überstunden gemacht und war erst kurz vor Mitternacht aufgetaucht. «Da kann ich doch nicht nein sagen», hatte sie sich verteidigt. «Mann, was glaubst du, wie viel ich dann in der Stunde
Weitere Kostenlose Bücher