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Am Ende bist du mein

Am Ende bist du mein

Titel: Am Ende bist du mein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Burton
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wissen, wer die Unbekannte war.»
    «Und warum machst du daraus so etwas Persönliches?»
    Herrgott, dachte Tess, hatte der Mann denn überhaupt keine Empfindungen? «Weil es Menschen geben könnte, die nach ihr suchen und sich wegen ihr sorgen.»
    Alex legte seinen Kopf zur Seite. «Und warum ist das für dich wichtig?»
    «Es beschäftigt mich eben. Die Frau war unbekleidet. Selbst ein paar Jahre unter der Erde reichen nicht aus, um Stoffe restlos vermodern zu lassen. Sie war nackt, als ihr Mörder sie begraben hat, und sie muss vor Entsetzen   –»
    «Tess», fiel Alex ihr ins Wort. «Zum einen wird er sie nicht lebend begraben haben, und zum anderen haben wir Seidenfasern gefunden.»
    «Wir wissen nicht, von wem die Fasern stammen, dochdass sie nackt begraben wurde, steht ja wohl fest.» Tess holte Luft. «Egal. Ich will einfach nur, dass der Mörder gefasst wird.»
    «Das möchte ich auch», räumte Alex ein. «Leider ist die Wahrscheinlichkeit nach all den Jahren eher minimal.»
    «Hörst du eigentlich jemals auf deinen Instinkt?», fragte Tess frustriert. «Oder auf deinen Bauch?»
    Alex lachte. «Ja, beispielsweise, wenn ich Hunger habe.»
    Tess gab auf. «Also gut, kann ich jetzt die Knochen sehen?»
    «Sicher. Komm mit.»
    Alex führte Tess in einen Nebenraum, kleiner als der Obduktionssaal, aber ebenfalls gekachelt. In der Mitte befanden sich zwei Stahltische, und darauf lagen jeweils die Knochen, die sie gefunden hatten, jeder an der richtigen Stelle des Körpers. Die Arbeit dürfte ihn zwei Nächte gekostet haben, dachte Tess und schämte sich, weil sie ihm Vorhaltungen gemacht hatte. «Tut mir leid, Alex», sagte sie. «Aber bei ungelösten Fällen werde ich manchmal ein bisschen heftig.»
    «Schon gut», entgegnete er. Mit einem Mal registrierte Tess sein müdes blasses Gesicht und die dunklen Ränder unter seinen Augen.
    «Hast du letzte Nacht überhaupt geschlafen?»
    «Nein.»
    Langsam umrundete Tess die beiden Tische, die Augen auf die Knochen gerichtet. «Wahrscheinlich hältst du mich für verrückt.»
    «Darüber bin ich mir noch nicht im Klaren», sagte er nachdenklich.
    Tess lachte auf. «Damit wären wir schon zwei.» Ihr Blick wanderte über den Schädel der Unbekannten, zu den Schultern, Armen, Händen und dann zu den Beinen. «Ich glaube,er hat sie tatsächlich nicht im Wald ermordet, sondern da, wo ihn niemand beobachten konnte.»
    «Und das erkennst du an den Knochen?»
    «Nein, es ist nur eine Theorie. Aber vielleicht kriegst du ja auch bei dem Gedanken an Theorien Ausschlag.»
    Alex schmunzelte. «Theorien sind in Ordnung.»
    «Also», begann Tess. «Was kannst du mir über sie sagen?»
    Alex nahm den Schädel auf. «Eine Weiße, Ende zwanzig. Um die eins siebzig groß. Tänzerin oder Kellnerin. Mindestens ein Kind geboren. Leichte Rückgratverkrümmung. Vier Zähne mit Löchern, aber keine Füllungen oder sonstigen Zahnersatz.»
    «Dann war sie womöglich eine alleinerziehende Mutter, die als Kellnerin gearbeitet hat. Wegen des Kindes oder der Kinder hatte sie keine Zeit auszugehen. Folglich wird sie den Mörder bei der Arbeit getroffen haben.»
    Darauf ging Alex nicht ein. «Das andere Opfer ist uns bekannt. Ihr Name war Rhonda Minor. Entstammte der Arbeiterklasse. Hat Malerei studiert. Zierlich und brünett. Sie kannte Craig Thornton, der damals Besitzer einer Kunstgalerie war.»
    Tess betrachtete die Knochen. Irgendetwas stimmte nicht. «So haben wir sie nicht gefunden.» Sie griff in ihre Umhängetasche und zog die Fotos, die sie an den Gräbern gemacht hatte, hervor. «Dachte ich mir’s doch. Da schau, bei beiden lag eine Hand auf der Brust. Die Unbekannte sieht nach rechts. Vielleicht war das auch bei Rhonda der Fall, ehe der Arbeiter mit seinem Spaten an den Schädel kam.»
    «Schon möglich.»
    «Vielleicht hat der Mörder sie nach einem Bild arrangiert.»
    «Aha. Der Mörder hat also eine künstlerische Ader.»
    «Oder die Mörderin. Es sei denn, du hast Fakten, die beweisen, dass es ein Mann war.»
    «Nein, aber danke für den Hinweis.»
    «Die Frage ist nur, was ihn oder sie inspiriert hat.»
     
    Nach dem Anruf von Tess entschied Gage, seine Pläne für den Morgen zu ändern. Zwar fand er die Hypothese eines Mörders, der sich von einem Bild inspirieren ließ, ein wenig aus der Luft gegriffen, doch andererseits waren im Haus der Thorntons eine Menge Gemälde gewesen. Ebenso in der Galerie. Sich die genauer anzusehen, konnte eigentlich nichts schaden. Als Erstes fuhr er

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