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Am Ende der Ewigkeit

Am Ende der Ewigkeit

Titel: Am Ende der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Carver
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sollen uns zu Ihrer Basis zurückbringen.«
    Mit gemischten Gefühlen verfolgte Legroeder den Wortwechsel. Er empfand Neugier, Furcht, Hass auf alles, was der Pirat repräsentierte – und, zu seiner eigenen Überraschung, Mitleid. Freem'n Deutsch war eine stämmige Kombination aus Mensch und Maschine. Er besaß keine Beine und bewegte sich, indem er durch die Luft schwebte; an der Stelle, wo seine Hüften hätten sein sollen, befand sich ein rundes Gehäuse aus poliertem Titan, das seine Levitatoren enthielt. Die Brust steckte in einer komplexen Panzerung mit Cyborg-Optimierern, einschließlich einer Lautsprecheranlage für seine Stimme. Sein rundes Gesicht bestand zu einem Drittel aus Chrom, mit leuchtenden Cyber-Link-Kontakten an den Schläfen und vier optischen Linsen: Zwei halb kugelförmige verspiegelte Objektive verdeckten seine Augen, zwei kleinere Linsen saßen seitlich auf den Wangenknochen. Vermutlich verschafften ihm die vier Augen einen vergrößerten peripheren Gesichtskreis; gleichzeitig machten sie es so gut wie unmöglich, irgendwelche Gefühlsregungen zu erkennen zu geben.
    Legroeder merkte plötzlich, dass Fre'geel auf eine Äußerung seinerseits wartete. »Wir dachten, Sie würden sich über eine Rückkehr zu Ihrer Heimatbasis freuen«, meinte er achselzuckend.
    Deutsch gab leise tickende Geräusche von sich. Er rotierte erst in die eine, dann in die andere Richtung, wie um sich zu vergewissern, wer alles zuhörte. »Ich lege keinen Wert darauf, mit einer Kette um den Hals in den Außenposten zurückzukehren«, erwiderte er schließlich. »Offen gestanden möchte ich überhaupt nicht mehr dorthin.«
    Legroeder runzelte die Stirn und begriff, dass er diesem Mann zuerst eine ganz bestimmte Frage hätte stellen müssen. »Waren Sie – wie soll ich mich ausdrücken – nicht aus freien Stücken auf diesem Piratenschiff?«
    Der Mann stieß ein metallisches Krächzen aus, das wohl ein Lachen sein sollte. »Aus freien Stücken? Sind Sie von Sinnen? Ich war ein Gefangener. Können Sie das nicht kapieren?« Tick tick tick. »Meine Gefangennahme liegt so lange zurück, dass ich manchmal Mühe habe, mich daran zu erinnern. Und als man mich zum Dienst presste …« – seine Stimme klang ein wenig heiser – »na ja, da bemühte ich mich halt, meine Sache ordentlich zu machen.«
    Legroeder erwiderte freundlich. »Sie würden sich wundern, wenn Sie wüssten, wie gut ich Sie verstehe.« Das Aussehen dieses Mannes stieß ihn ab, und die Erinnerungen, die er in ihm wachrief, beunruhigten ihn; trotzdem empfand er keinen Hass auf ihn. Er war ein Leidensgenosse, den die Piraten zur Mitarbeit auf ihren Schiffen zwangen – und offensichtlich hatte er sich weit mehr an die Korsarenkultur angepasst als Legroeder. Doch er fragte sich, inwieweit er sich letzten Endes doch assimiliert hätte, wenn er nicht geflohen wäre; obendrein hatte er das Glück gehabt, dass man ihn nicht zwangsweise mit Implantaten aufgerüstet hatte.
    »Ich hatte vor, auf einer Ihrer Welten um Asyl zu bitten«, erklärte Deutsch.
    Fre'geels Augen verengten sich zu schmalen vertikalen Schlitzen. »Diese Möglichkeit besteht nicht«, erwiderte er. »Es sei denn, Sie helfen uns bei der Erfüllung unserer Mission und schließen sich uns an, wenn wir die Rückreise in unsere Heimat antreten.«
    Rigger Deutsch betrachtete den Narseiller Kommandanten eine geraume Zeit. »Warum wollen Sie das tun? Man wird Sie töten – oder gefangen nehmen und zur Mitarbeit zwingen.« Er senkte die Stimme. »In der Republik leben nicht viele Narseiller Gefangene. Angeblich fügen Sie sich nicht gut in das System ein.« Er blickte zu Legroeder hin, wie wenn er sagen wollte: Sie sind ein Mensch. Wenigstens Sie müssten ein bisschen vernünftiger sein.
    Schweigend saß Legroeder da, während sich sein Magen schmerzhaft verkrampfte.
    Fre'geel antwortete: »Wir haben nicht die Absicht, uns gefangen nehmen zu lassen … jedenfalls nicht wirklich.« Seine nächsten Worte schien er sich sehr gut zu überlegen. »Vielleicht können Sie mir weiterhelfen. Kennen Sie eine Bewegung innerhalb der Cyber-Organisation – eine Bewegung, die mit der Außenwelt Kontakte knüpfen möchte?«
    Deutsch sog tief den Atem ein und blies ihn langsam wieder aus. Etwas schien über sein Gesicht zu huschen, irgendein Ausdruck, aber die Augen aus Spiegelglas ließen eine Deutung nicht zu. »Nein«, entgegnete er.
    Fre'geel blickte zu Legroeder hin, der unruhig auf seinem Platz hin und her rutschte.

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