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Am Ende der Ewigkeit

Am Ende der Ewigkeit

Titel: Am Ende der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Carver
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einer alarmierenden Vision stellte er sich vor, wie sie ihn böse anzischte: Exakt, denn wir haben Sie als Spion entlarvt. Wollen Sie wissen, wie man hier mit Spitzeln verfährt …
    Dann wanderte ihr Blick weiter, und eine Zeit lang schien sie auf die leere Wand hinter ihm zu starren. »Korrigieren Sie mich, falls ich mich irre«, hob sie in einer gemessenen und präzisen Sprechweise an. »Aber ich habe den Eindruck, dass Sie nicht alles gutheißen, was wir hier auf Ivan unternehmen. Ist das richtig?«
    Seine Kehle schnürte sich zusammen, und er krächzte heiser: »Nun ja, ich …«
    Sie blickte ihm in die Augen. »Außerdem sympathisieren Sie in auffallender Weise mit den Narseil – und nur die Propheten der Drei Ringe mögen wissen, mit wem Sie sich da draußen noch angefreundet haben.«
    Er schluckte. Seine Vision gewann immer mehr an Realität.
    Tracy-Ace drückte einen Finger an ihre Lippen, und wieder huschte ein undeutbarer Ausdruck über ihr Gesicht. »Und als Sie bei uns eindrangen, hat man Sie dabei erwischt, wie sie einen Daten-Thread verfolgten, der verknüpft war mit …«
    Außer einem Rauschen in seinen Ohren konnte er nichts mehr hören. Mir dem Untergrund. Sprich es ruhig aus. Sein Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Er bemühte sich, eine teilnahmslose Miene aufzusetzen. Aber hatte sie nicht bereits angedeutet …?
    Tracy-Ace schien in seinen Gedanken zu lesen. Sie nickte und beendete den Satz: »… einer Gruppe von Leuten, die nicht mit allem einverstanden sind, was in diesem Außenposten und in der Cyber-Republik passiert.«
    Wie bitte? Legroeder setzte zu einer Entgegnung an. »Nicht – einverstanden …?«
    »Zum Beispiel missbilligen wir, wie man gewisse Leute behandelt. Und mit welchen Mitteln man bestimmte Ziele verfolgt.«
    Legroeder versuchte zu schlucken.
    Ihre Miene wurde sanfter, und leise fuhr sie fort: »Zufällig gehöre ich dieser Gruppe von Unzufriedenen an, Legroeder. Wir möchten einiges verändern.«
    Sein Puls raste. Er fühlte sich, als sei er einer Ohnmacht nahe. War das eine Falle? Es musste eine Hinterlist sein. Sage mir, dass es kein übler Trick ist.
    »Wahrscheinlich denken Sie, dass ich Sie in eine Falle locken will«, meinte sie. »Aber das stimmt nicht. Bitte glauben Sie mir. Es war kein Zufall, dass man ausgerechnet mich benachrichtigte, als man Sie beim Erforschen dieses Threads ertappte. Und wenn Sie mit anderen aus meiner Gruppe Kontakt aufnehmen wollen …« Sie legte eine Pause ein. »Das kann ich für Sie arrangieren.«
    Er versuchte durchzuatmen, doch auf seiner Brust schien ein Gewicht zu lasten. »Ich …«
    »Natürlich müssen wir sehr vorsichtig sein.«
    »Äh …«
    »Und in der Zwischenzeit …«
    Sein Verstand vermochte dem Ganzen kaum zu folgen. Alles ging viel zu schnell. Damit hatte er nicht gerechnet. Und ihr Gesichtsausdruck – aufmerksam blickte er sie an, versuchte, in ihren Zügen zu lesen. Sie kam ihm so – verletzlich vor. Indem sie ihn einweihte, ging sie ein hohes Risiko ein. Sie hatte Angst. Aber wen oder was fürchtete sie?
    »Außerhalb dieses Zimmers dürfen Sie mit niemandem darüber sprechen«, warnte sie ihn. »Auch nicht mit Ihren Freunden. Nicht einmal mit mir, es sei denn, ich sage Ihnen, dass es ungefährlich ist.« Mit dem Finger rieb sie eines Ihrer nun dunklen Implantate. Befürchtete sie, jemand könnte sich in ihre Optimierer einloggen und mithören?
    »Haben Sie verstanden?«, vergewisserte sie sich, und er nickte.
    »Gut.« Seufzend atmete sie aus, und die Spannung schien von ihr zu weichen. Mit dem Hauch eines Lächelns sah sie ihn an, dann wandte sie den Blick ab, als sei sie verlegen.
    Es war schier unglaublich. Legroeder furchte die Stirn, hin und her gerissen zwischen zwei Möglichkeiten. Wenn sie eine zweite Greta ist, ist es um mich geschehen. Ohne lange nachzudenken streckte er die Hand aus. Sie griff danach und drückte sie mit überraschender Kraft. Ihre Implantate erwachten zum Leben, und er erschrak, als er merkte, wie intensiv die Verbindung war. Verständnis strömte durch das Link und nistete sich in seinem Geist ein; plötzlich wusste er, warum sie sich so verwundbar fühlte. Tracy-Ace, die gefürchtete Nexus-Kommandantin, empfand die Methoden der Cyber als abstoßend. Aber jeder Versuch, das System zu ändern, konnte ihren Untergang bewirken. Einen Moment lang sah er Tracy-Ace als eine bekümmerte junge Frau, die gefangen war im Mahlstrom sich ständig wandelnder Machtstrukturen. Dann verschwand das

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