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Am Ende der Ewigkeit

Am Ende der Ewigkeit

Titel: Am Ende der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Carver
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Netze nur noch schwer steuern. Je näher sie dem Riss kamen, umso stärkeren Gravitationsschwankungen waren sie ausgesetzt. Spürten sie bereits die Wirkungen seiner fraktalen Struktur?
    Cantha blickte immer besorgter drein. Über das Netz hinweg schaute er zu Legroeder hin, sein Gesicht geisterhaft beleuchtet von dem Glast der Verwerfung. Die eingehenden Daten ergeben keinen Sinn. Selbst wenn Sie einen Weg finden, das Schiff zu manövrieren, kann ich Ihnen bei der Bestimmung eines Kurses nicht helfen.
    Legroeder nickte.
    Der fraktale Charakter der Verwerfung prägte sich immer deutlicher aus, je mehr Details dieses schartigen, gezahnten Bandes ins Blickfeld rückten. War es vielleicht wichtig, auf welche Weise sie diese faserigen Ausläufer am Rand passierten? Und wie konnte man das kontrollieren? Aber es musste einen Weg geben, ihre Flugbahn zu steuern. Es war keine Frage der Fakten, sondern der Überzeugung.
    Die Augen der Narseil huschten hin und her. Was sahen sie im Tessa'chron? Legroeders Sinn für Zeit und Realität summte und sirrte wie eine straff gespannte Violinsaite. Wenn jemand von euch einen Durchlass erkennt, gebt mir sofort Bescheid. Freem'n – können Sie mich noch hören?
    Als sprächen Sie durch einen Tunnel zu mir. Sind Sie bereit zum Durchflug?
    Bin bereit , flunkerte Legroeder. Er spürte, wie das andere Schiff von einer Seite zur anderen krängte, als sei es ein Boot, das in Schlepp genommen wird. Es kann nicht mehr lange dauern. Falls wir beim Hindurchfliegen getrennt werden …
    Suche ich auf er anderen Seite nach Ihnen. Sagen Sie Palagren, er soll mir ein gutes Narseiller Bier kalt stellen.
    Wird gemacht , versprach Legroeder und wünschte sich, ihm fiele eine bessere Antwort ein.
    Plötzlich rief Palagren: Bei den Drei Ringen, seht euch das an!
    Der Boden sackte unter Legroeder weg; das Netz wehte und flatterte wie Spinnweben in einer Brise, und im Riss schien ein bestimmter fraktaler Winkel aufzublühen wie eine Blume. Für einen einzigen, seltsam in die Länge gezogenen Augenblick, klaffte im Riss eine Öffnung, und sie wurden hineingesogen.
    *

    Das Netz hatte sich von innen nach aussen gestülpt. Die Stimmen der Narseil klangen verzerrt, als gäbe es eine elektronische Fehlfunktion, und Legroeders Magen befand sich im freien Fall. Sein Kopf schien anzuschwellen wie eine Seifenblase. Als er sich umblickte, um nachzuschauen, ob die Impris ihnen folgte, gewahrte er ein silbern schimmerndes Wetterleuchten und eine krakelierte Lücke im Himmelsgewölbe. Er vernahm Deutschs Stimme – ein herzzerreißendes Kreischen, das nach einer Weile verebbte. Die schrundige Öffnung schloss sich mit einem grellen Blitz, der sich in zeitlupenhafter Langsamkeit durch den Äther verbreitete.
    Der Blitz hatte die Impris eingehüllt.
    Frrreeemm'nnn , schrie Legroeder. Faarrrraaeeeemmmmaaauuuu …
    Selbst für ihn klang seine Stimme unartikuliert. Er konzentrierte sich nach innen und versuchte, mithilfe seiner Implantate Deutsch zu erreichen; stattdessen bekam er einen spektakulären Ausblick auf den mit Sternen und Galaxien gesprenkelten Weltraum. Er versuchte, tief einzuatmen, aber es ging nicht. Benommen forschte er nach den Implantaten; sie umkreisten ihn wie flimmernde Sterne und beschäftigten sich mit irgendwelchen nicht näher bestimmbaren Aktivitäten. Der Kontakt mit der Impris war abgerissen.
    Das Panorama erweiterte sich. Anstelle des sich träge fortpflanzenden Blitzes herrschte nun ein sich windendes Geschlinge aus Dunkelheit, zusammengehalten von einem Netz aus Kraftlinien.
    Großer Gott!, flüsterte er; sein Stöhnen vibrierte hinaus ins Netz und vermischte sich mit den unverständlichen Seufzern der Narseil. Hatten sie den Tod der Impris mitangesehen?
    Palagrens ausgestreckte Arme waren durchsichtig geworden; allen Riggern haftete etwas Diaphanes an. Ihre Stimmen verhallten; dafür erhoben sich neue Geräusche …
    *

    Ein unglaublich tiefes Grummeln … ein Grollen, das von großer Macht kündete – und von Traurigkeit. Legroeder war wie hypnotisiert, außerstande, etwas anderes wahrzunehmen als das Dröhnen, welches immer harmonischer klang. Es glich einem Chor von unfassbaren Proportionen, einem Gesang von Raum und Zeit, und doch haftete ihm eine kreatürliche Lebendigkeit an.
    Vernahm er das Knarren und Knattern des sich bewegenden Gefüges der Raumzeit? Er war fassungslos, entgeistert, geschockt. Einen Moment lang fragte er sich, ob er nicht vielleicht schon tot war. Möglicherweise

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