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Am Ende der Nacht

Am Ende der Nacht

Titel: Am Ende der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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für
unangreifbar; gewöhnliche Sterbliche wie die Polizei vermochten ihn nicht
weiter zu stören.
    Was Stirling schließlich zu Fall
brachte, war seltsamerweise nicht der Haupterwerbszweig seiner Organisation,
sondern ein kleines Nebengeschäft in Sachen Auftragsmord. Es begann damit, daß
er einen seiner Piloten bat, sich um eine Ex-Freundin von ihm »zu kümmern«, die
sich für ihr Schweigen über seine Machenschaften einen höheren Lebensstandard
zu erhandeln suchte. Das nächste Opfer war ein Mechaniker, der aussteigen
wollte, nachdem er von dem Mord erfahren hatte. Ein erster Mord mag noch eine
Schockwirkung haben, aber Wiederholung führt auch hier zur Gewöhnung: Bald
hatten einige von Dunes Angestellten keine Skrupel mehr, für Geld Leute aus der
Welt zu schaffen, die dem Boß oder dessen Geschäftspartnern Schwierigkeiten
machten. Und Dune Sterling ahnte nichts von dem wachsenden Entsetzen eines
Piloten namens Ash Walker.
    Als Walker darauf angesprochen wurde,
ob er nicht Import-Export-Missionen fliegen wolle, war er neunundzwanzig, kurz
vor dem Bankrott und werdender Vater. Sechs Wochen später erlitt seine Frau
eine Fehlgeburt, und Walker stürzte sich erbittert in den zwielichtigen Job. Er
war immer auf dem schmalen Pfad der Tugend geblieben, und zum Lohn hatte man
ihm im Zuge von Sparmaßnahmen eine vielversprechende militärische Karriere
gekappt. Die Fluggesellschaften stellten niemanden ein, und sein eigenes
kleines Charterunternehmen, für dessen Finanzierung er Haus und Flugzeug
beliehen hatte, ging aus unerfindlichen Gründen baden. Und als er endlich einen
guten Job gefunden hatte, fiel die Firma in die Hände eines Kriminellen. Die
Belastung durch diese Situation trug zur Fehlgeburt seiner Frau bei.
    Vielleicht, sagte sich Ash Walker, war
er ja nicht für ein anständiges Leben gemacht.
    Später würde Walker zugeben, daß ihn
während seiner Zeit bei Stirling mancherlei Selbstzweifel geplagt hatten, aber
etwas, woran er keine Sekunde zweifelte, war seine Unfähigkeit, Mord zu
tolerieren — geschweige denn zu begehen. Während er sich still und leise in
Dunes engeren Kreis vorarbeitete und schließlich sogar, als Dune zeitweilig
durch eine Knieverletzung gehandicapt war, als dessen Privatpilot fungierte, begann
Walker Beweise zu sammeln und ein detailliertes Tagebuch zu führen. Und drei
Jahre, nachdem Dune an die Zerstörung dessen gegangen war, was sein Vater
mühsam aufgebaut hatte, ging Walker in das Bundesgebäude in Fayetteville und
übergab seine gesammelten Beweise dem FBI.
    Die Justizbehörden handelten schnell
und erhoben gegen Stirling und dessen Komplizen Anklage in mehreren Punkten,
die von der Bildung einer kriminellen Vereinigung zur Verbreitung
kontrollierter Substanzen bis hin zu Mord reichten. Doch an dem Tag nach der
offiziellen Anklageerhebung entschied ein Bundesrichter in Fort Smith — ernannt
von einem früheren Gouverneur, dessen Wahlkampfkasse von beträchtlichen Spenden
David Stirlings profitiert hatte daß bei Duncan Stirling, trotz dessen Zugang
zu Flugzeugen und großen Bargeldmengen, keine erhebliche Fluchtgefahr bestehe.
Gegen eine von seinem Vater gestellte Kaution in Flöhe von einer halben Million
freigelassen, verschwand Dune binnen vierundzwanzig Stunden. Ash Walker sagte
überzeugend gegen die übrigen Angeklagten aus, und diese wurden allesamt
verurteilt, aber der Mann, der hinter all dem steckte, kam ungeschoren davon.
    Vielleicht konnten ihm normale
Sterbliche ja wirklich nichts anhaben.
    Sechs Monate nach dem letzten
Urteilsspruch in Fort Smith wurde Ash Walkers Frau Andie — inzwischen Marie Fuller
— auf einem Supermarktparkplatz in Florida erschossen. Ash und sein kleiner
Sohn Roger wurden in eine sichere Wohnung des Marshals Service in Miami
gebracht. Im Schutz der Dunkelheit schlüpften sie hinaus und verschwanden.
Verschwanden so lange, bis ein Pilot namens Winthrop Reade, jetzt leitender
Manager der wiedererblühten Firma Stirling Aviation, Ash auf dem Flugplatz von
Los Alegres sichtete.
     
    Schon bald war ich auf einem Highway
nach Osten, der sich dann zu einer zweispurigen Straße verengte. Der Verkehr
wurde allmählich spärlicher, als die Straße in die Ozarks hinaufführte. Das
Asphaltband wand sich im Zickzack, und schwarzgelb gestreifte Baken warnten vor
gefährlichen Kurven. Ich brachte mit viel Gas eine Serie von Serpentinen hinter
mich und sah auf sanfte Täler hinunter, die grau waren von kahlen Bäumen. Der
heftige Wind fegte

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