Am Ende der Nacht
Köpfe.« Sie hielt stirnrunzelnd inne. »Ich weiß nicht,
wenn ich schnitzen würde, dann bestimmt keine Köpfe. Aber das ist nun mal sein
Ding, also soll er. Aber mal eine Frage: Warum interessieren Sie sich für so
olle Kamellen wie diese Stirling-Sache?«
Um ihr das Gefühl zu geben, mir trauen
zu können, lieferte ich ihr eine wahrheitsgemäße, wenn auch verkürzte
Darstellung meiner Gründe, wobei ich besonders auf Zachs unglückliche Situation
abhob. Sie hörte mir zu, ohne mich zu unterbrechen, und starrte dann düster und
sichtlich betroffen in ihren Kaffeebecher. Schließlich sagte sie: »Tja, unter
den Umständen will ich Ihnen gern helfen. Was wollen Sie wissen?«
»Fangen wir mit David Stirling an. Lebt
er noch?«
»Ja, der alte Narr. Lebt immer noch in
demselben Kalksteinkasten drunten in Aida. Hat ihn, wie ich höre, in einen
Gedenkschrein für seinen Drogendealer und Mörder von Sohn verwandelt.«
»Nach dem, was Duncan getan hat?«
»Der Alte will das nicht wahrhaben. Bei
diesem Autounfall hat wohl nicht nur sein Körper gelitten, sondern auch sein
Gehirn. Er hat nie geglaubt, daß irgendwas von all dem wirklich passiert ist,
jedenfalls nicht so, wie Ash Walker gesagt hat, und in seinen Augen könnte Dune
gar nichts Unrechtes tun. Er hat es wohl auch geschafft, das seinen politischen
Gesinnungsfreunden einzureden — wie sonst wäre Dune gegen Kaution freigekommen?
Ein schlagendes Beispiel dafür, wie sehr der Alte in seinem Wahn befangen ist:
Stirling Aviation ist zwar eine Aktiengesellschaft, aber er hält die
Aktienmehrheit, und er hat seinen gesamten Anteil in einem Treuhandfonds für
Dune angelegt, für den Fall, daß der wieder auftaucht und reingewaschen wird.«
»Interessant. Diese Gesinnungsfreunde -
was sind das für Leute?«
»Mächtige Drahtzieher hinter den
Kulissen, Leute mit Geld.«
»Namen?«
»Charlie Vernon — große Nummer in der
Geflügelindustrie. Ken Rule — Elektronik. Calder Franklin —
Ex-Anwaltskammerpräsident und Stirlings Anwalt.«
Calder Franklin — der Mann, der die auf
Stirling Aviation eingetragene Silver Ranger bei deren Zwischenlandung in Los
Alegres geflogen hatte.
»Wie groß sind meine Chancen, an sie
ranzukommen?«
Fowler überlegte. »Nicht groß. Sobald
irgendein Außenstehender auch nur den Namen Stirling erwähnt, gehen sofort
sämtliche Klappen runter.«
»Mich interessiert vor allem Calder
Franklin. Sie sagen, er ist Stirlings Anwalt. Hat er auch Duncan vertreten?«
»Teufel noch mal, nein — die beiden
können sich nicht riechen.«
»Warum?«
»Wer weiß? Sie konnten sich schon als
Kinder nicht leiden.«
»Was ist Franklin für ein Mensch?«
»Kann ich gar nicht recht sagen. Gab mal
eine Zeit, da dachten wir alle, er würde Generalstaatsanwalt werden, aber nach
der Stirling-Geschichte war das vorbei. Er steckte zwar nicht mit drin, aber
kein Politiker, der seine fünf Sinne beisammen hat, würde irgendwas mit jemand
zu tun haben wollen, der mit den Stirlings assoziiert war. Seit damals hat sich
Franklin immer hinter den Kulissen gehalten, aber er hat trotzdem Macht, soviel
ist sicher. Er hat überall die Finger drin — und nirgends, wenn Sie verstehen,
was ich meine.«
»Können Sie mir ein Beispiel nennen?«
»Was Konkretes fällt mir gerade nicht
ein.«
Weiter in sie zu dringen, würde nichts
bringen. Ich mußte einen Weg finden, an Franklin selbst heranzukommen. »Okay«,
sagte ich, »wie sehen Sie meine Chancen, mit David Stirling zu reden?«
»Tja, das ist was ganz anderes. Sie
könnten es schaffen, zu ihm vorzudringen, wenn Sie ihm eine passende Story
auftischen.«
»Wie etwa?«
»Na ja, wenn Sie ihm zum Beispiel
weismachen könnten, daß Sie wissen, wo Duncan ist. Ich habe gehört, er ist
schwer krank — Krebs — und will seinen Sohn unbedingt noch mal sehen, bevor er
stirbt.«
Der Gedanke, einem todkranken Mann
falsche Hoffnungen zu machen, behagte mir gar nicht — bis ich mir in Erinnerung
rief, daß die kriminellen Aktivitäten seines Sohnes aller Wahrscheinlichkeit
nach zu Mattys Tod geführt hatten. »Noch mal zurück zu Duncan«, sagte ich. »Was
können Sie mir über ihn erzählen?«
»Sie meinen, was für eine Art Mensch er
ist? Komplex und widersprüchlich. Gab mal eine Zeit, bevor er in die
knallharten Sachen eingestiegen ist, da verkehrten wir in den gleichen Kreisen.
Damals war er... na ja, mir fällt nur das Wort ›geheimnistuerisch‹ ein.
Verschwand immer ohne jede Vorankündigung und tauchte
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