Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)
klappt den Geschichtshefter zu und geht in die Küche. «Soll ich mich um Poppy kümmern, während du kochst?»
Johannes, der gerade einen Topf mit Wasser auf den Herd stellt, dreht sich zu ihr um. «Würdest du das tun? Ich hatte den Eindruck, du müsstest noch arbeiten.»
Martha zuckt mit den Schultern und zerteilt einen Apfel in saubere Schnitze. «Kann ich auch nach dem Essen machen, ist eh nur Geschichte.»
«Was macht ihr da gerade?»
Martha stöhnt. «Weimarer Republik.»
«Klingt ja nicht so, als ob du das besonders aufregend findest.»
«Nee, bestimmt nicht.» Als Martha sieht, wie die Glatze mit geübten Griffen eine Zwiebel zerteilt, fällt ihr etwas ein.
«Ach, ich hab da noch eine Frage.»
«Ja?» Johannes schiebt die Brille hoch und wischt sich die tränenden Augen.
«Ist ein Schleudertrauma was Schlimmes?»
«Kommt drauf an. Kann sehr unangenehm sein, je nachdem, wie heftig der Aufprall war. Warum willst du das wissen?»
Er schlägt blutiges Papier auseinander und wirft einen Kloß Gehacktes zu den Zwiebeln in den Topf.
«Bolognese?», fragt Martha. Johannes nickt.
«Unser Englischlehrer hatte einen Autounfall und jetzt hat er ein Schleudertrauma.»
«Ist das der, mit dem Poppy Englisch geredet hat?»
«Ja, Alexander Miller.»
«Scheint ein Händchen für Kinder zu haben, der Mann», sagt Johannes und öffnet eine Büchse mit Tomaten.
Martha wird von Stolz überwältigt, so als habe das Lob ihr gegolten.
«Manchmal hilft Akupunktur. Manchmal muss man auch einfach nur abwarten.»
Aus dem Wohnzimmer ertönt «Papa! Papa! Der Film ist zu Ende!»
Johannes sieht Martha bittend an.
«Ich geh schon.»
Martha setzt sich zu Poppy auf den Teppich. Die Kleine hat schon wieder den Daumen im Mund und saugt daran, als würde sie dafür bezahlt.
«Neuen Film sehn», nuschelt sie.
«Nein, wir spielen was. Worauf hast du Lust?»
«Memory.»
Das hätte sie sich ja denken können. Seufzend legt Martha die Kärtchen auf den Boden.
«Falsch!», kreischt Poppy, als Martha zwei Karten mit Pferden drauf beiseitelegen will.
Martha schaut sich die Karten an. Poppy hat recht. Das eine Pferd ist ein Pony, aber die Karte ist schon so zerknickt, dass das kaum noch zu erkennen ist.
«Können wir vielleicht auch mal was anderes spielen?», sagt Martha, nachdem Poppy das vierte Mal hintereinander gewonnen hat.
Poppy wühlt unter dem Couchtisch in dem Stapel mit Spielen und schleppt das Mensch-ärgere-dich-nicht an.
«Ich nehme die roten Männchen.»
«Du nimmst immer die roten Männchen», sagt Martha.
Poppy packt den Würfel und schleudert ihn quer durchs Zimmer.
«Nee, wenn du nicht richtig würfelst, spiel ich nicht mit dir.»
Poppy ist schon aufgesprungen und kommt mit dem Würfel zurück. «Eine Sechs!»
«Kann ja jeder behaupten, du würfelst noch mal.»
«Nein!», brüllt Poppy. «Es war eine Sechs. Eine Sechs! Ich hab’s genau gesehen!»
«Streitet ihr schon wieder?» Constanze steht in der Tür.
«Poppy schummelt», sagt Martha.
«Mach ich nich!»
«Ihr könnt essen kommen.»
Bei Tisch ist es wie immer, wenn es Spaghetti gibt. Poppy saut sich mit Tomatensoße ein, und Martha bemüht sich, nicht zu schnell zu essen. Spaghetti bolognese könnte sie bergeweise in sich reinstopfen.
«Schmeckt wieder sehr gut», sagt sie.
Johannes lächelt überrascht, und Constanze sieht Martha fragend an.
«Und? Hast du schöne Unterwäsche gefunden, Mama?»
«Teesus!», kräht Poppy mit soßeverschmiertem Mund.
Constanze wird rot. «Wenn ihr es genau wissen wollt, ich hab mir einen Body gekauft, damit nicht immer die Speckrollen an der Seite rausquellen.»
Johannes greift um den Tisch herum und zwickt sie liebevoll in den Bauch. «Speckrollen? Was für ein hässliches Wort. Im Englischen nennt man die love handles.»
Martha muss schlucken, können die ihre Turtelei vielleicht unter sich ausmachen? Aber sie ist ja selbst schuld, warum hat sie auch das Thema Unterwäsche angeschnitten? Um gute Stimmung zu machen, darum. Sie weiß nur nicht, wie sie das heikle Thema am besten anschneiden soll. Aber Johannes kommt ihr zu Hilfe.
«Hast du nicht bald Ferien?»
«Nächste Woche», sagt Martha.
«Ich will auch Ferien haben!», kräht Poppy. An ihrem Kinn klebt eine Nudel.
«Du hast doch jeden Tag Ferien», sagt Martha. «Sei froh, dass du nicht in die Schule musst.»
Constanze wirft Martha einen warnenden Blick zu. «Hör nicht auf sie, Penelope. Schule macht ganz viel Spaß.»
Martha verzieht
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