Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)
entlang in Richtung des kleinen Ladens an der Ecke, der selbstgemachtes Eis verkauft. Glücklicherweise sind Ferien, und es ist nichts los. Normalerweise lungern hier immer Schüler von der nahegelegenen Grundschule herum.
Poppy bekommt ihr Eis, und Martha kauft sich auch eins. Es schmeckt unangenehm süß, und ihr wird fast übel davon, aber vielleicht ist das auch nur die Aufregung.
Poppy bleibt stehen und lutscht hingebungsvoll an ihrer Waffel.
«Komm, wir wollen doch zum Spielplatz!» Martha zieht sie an der Hand.
«Keine Lust», nuschelt Poppy mit eisverklebtem Mund.
Martha zieht ein Taschentuch heraus und wischt ihr angewidert die Schmiere aus dem Gesicht.
«Willst du denn nicht in die Lokomotive?»
Poppy schüttelt den Kopf und die Eistüte gleich mit. Martha kann sie gerade noch auffangen, bevor der Inhalt auf den Boden klatscht.
Sie versucht ruhig zu bleiben, ganz ruhig. Selbst wenn Homer das Geld pünktlich ablegt, ist doch nicht damit zu rechnen, dass sich sofort jemand die Tüte schnappt. Doch genau in diesem Moment sieht sie einen zerlumpten Mann, der mit einem Stock in dem Mülleimer an der Laterne herumstochert und eine Flasche herauszieht.
«Poppy, komm mit. Ich hab auch eine Überraschung für dich. Was ganz Tolles. Etwas, das du dir schon lange wünschst.»
Poppy scheint nicht sehr interessiert. Wieder schüttelt sie den Kopf.
Martha zieht die Matrjoschka aus dem Rucksack. «Schau mal, was ich hier habe.»
«Mit der kann man nich spielen. Und in die Badewanne kann man sie auch nich mitnehmen, hat Papa gesagt.»
«Aber guck doch, man kann sie aufdrehen und dann –»
Martha öffnet die erste Puppe und dann die zweite. Nun wird das Monster doch neugierig. «Sind da noch mehr drin?»
«Ja, ganz, ganz viele. Und die letzte ist klitze-, klitzeklein.»
«Zeigen!» Als Poppy nach der Puppe greifen will, zieht Martha sie ihr weg.
«Die bekommst du erst, wenn du ein Spiel mit mir spielst.»
«Memory?»
«Nein, nicht Memory. Ich erklär’s dir, aber dazu müssen wir auf den Spielplatz.»
«Da is es doof», mault Poppy, doch sie lässt sich von Martha mitziehen.
Es ist genau fünf nach elf, als sie auf dem Spielplatz ankommen. Poppy hat ihr Eis inzwischen aufgelutscht. Mund und Hände sind klebrig, doch Martha hat kein Taschentuch mehr. Eine Mutter, deren Kind in den Sand gefallen ist, zieht gerade ein Feuchttuch aus einer Megavorratspackung, und Martha überlegt kurz, ob sie sie um eins bitten soll. Nein, jetzt bloß nicht auffallen!
«Hör zu, Poppy», sagt sie leise. «Du weißt doch, wo das Klohaus ist.»
Poppy starrt sie an, als würde sie Chinesisch sprechen. Martha wird ungeduldig. Da warst du doch neulich mit dem Papa von dieser … Lena?»
«Das war Leonie», sagt Poppy.
«Genau, mit der warst du auf dem Klo. Und hinter dem Klohaus, also von hier aus gesehen davor, ist ein Abfalleimer.»
Himmel, das wird viel zu kompliziert.
«Ich seh aber gar nichts.» Poppy dreht sich um.
«Von hier aus kannst du den auch nicht sehen, du siehst ihn, wenn du durchs Gebüsch zum Klo gehst. Das haben wir doch schon oft gemacht.»
Poppy steckt den Daumen in ihren eisverschmierten Mund. Offensichtlich hat sie nichts kapiert. Doch dann nickt sie. «Leonies Papa hat da eine Windel reingeworfen, weil Leonie nämlich noch in die Windel macht, und dann is ein Mann gekommen und hat gesagt, er soll die mit nach Hause nehmen, weil das stinkt sonst.»
Martha ist erleichtert. Endlich hat die Kleine es geschnallt. «Aber jetzt sind da bestimmt keine vollen Windeln mehr drin, da ist …» Martha sieht sich um. Zur Linken ist die Mutter mit den Feuchttüchern immer noch damit beschäftigt, ihr Kind von oben bis unten abzuwischen, was dem nicht gefällt. Es brüllt laut.
Zur Rechten stehen drei Mütter zusammen, schauen sich auf einem Handy was an und gackern dabei wie die Hühner.
«In dem Mülleimer liegt eine Tüte. Eine rote Plastiktüte, hörst du? Wenn du mir die bringst, bekommst du die Puppe.»
Poppy zieht die Stirn kraus, als würde sie überlegen, ob das einen so weiten Gang rechtfertigt. Schließlich schüttelt sie den Kopf. «Ich will die aber gleich.»
Martha unterdrückt das Bedürfnis, Poppy eine zu scheuern, stattdessen hält sie ihr die Matrjoschka hin. «Versprichst du, dass du dann gehst?»
Poppys Augen beginnen zu leuchten. Sie nimmt den Daumen aus dem Mund und umschließt die Holzpuppe mit beiden Händen wie ein kostbares Kunstwerk.
«Denk dran, eine rote Tüte. Die musst du
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