Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)
– ein »Tu alles!« eben. Ali ist willig und fähig; er wird während der gesamten Reise bei Wallace bleiben, für ihn kochen und ihn Malayisch lehren (die Sprache ist einfach und unverzichtbar, wenn Wallace auch in abgelegene Regionen des Archipels vordringen will). Umgekehrt lernt Ali von Wallace, zu schießen und Vögel abzubalgen, Insekten zu präparieren und alles zu verpacken. Er ist ein guter Bootsmann und übersteht mit stoischer Ruhe alle Gefahren ihrer Reise. Er pflegt Wallace, wenn Malariafieber ihn wieder einmal niederstreckt. Er hilft auch dabei, andere einheimische Helfer, die Wallace bei Bedarf hier und da anheuert, in den notwendigen Arbeiten zu unterweisen. Ali ist eine große, eine unverzichtbare Hilfe; mehr als jeder andere hat er zu Wallace’ Erfolg bei dessen Expedition beigetragen. Wenn wir hier also Wallace’ Wanderungen im Archipel verfolgen, ist er – Wallace – im Grunde ein »wir« und Ali immer dabei. Gemeinsam schlagen sie sich durch den Urwald, fischen mit Netzen nach Insekten, schießen Vögel und Säuger aus dem Geäst, rasten und essen gemeinsam – unterwegs und abends im Lager, wo immer sie sind, für sieben intensive Jahre. Ali ist Wallace’ Augen, Ohren und Hände – und er bleibt bis zum Ende. Zwar heiratet Ali, als sie längere Zeit auf Ternate sind; doch seine Frau bleibt bei ihrer Familie. Als Wallace von Singapur nach England zurückkehrt, lässt er Ali als einen wohlhabenden Mann zurück, der das meiste seiner Ausrüstung und ein großzügiges Geldgeschenk für seine Dienste erhält. Wallace und Ali werden einander nie wiedersehen, der junge malayische Muslim, der ein ebenso großes Abenteuer hinter sich hat wie jener weiße Mann, der unbedingt auf der Suche nach Schmetterlingen und Paradiesvögeln an das Ende des Archipels und damit der Welt strebt.
In der Geschichte taucht Ali noch einmal kurz auf. Im Jahre 1907 trifft ein junges amerikanisches Pärchen, der Zoologe Thomas Barbour aus Harvard und seine Frau, bei einer Reise auf Ternate in den Molukken einen zu dieser Zeit etwa 70-jährigen, ergrauten Malaien mit einem Fez auf dem Kopf. »Ich bin Ali Wallace«, stellt sich der Mann vor, der einst Wallace’ treuer Gehilfe war. Die Barbours machen ein Photo von ihm und schicken es mit einem Begleitschreiben an Wallace, das sein Zustandekommen erläutert. Der antwortet ihnen in einem langen Brief, in dem er sich der gemeinsamen Zeit mit Ali auf Reisen im Archipel erinnert. Wallace’ Brief, so weiß man von Thomas Barbour, habe er später zu seinem unendlichen Bedauern verloren; was aus dem Bildnis des alten Ali auf Ternate geworden ist, wissen wir nicht.
Wallace als Reisereporter: Die tägliche Geländearbeit wird Wallace und seinen Helfern bald zur Routine. Einer der typischen – insgesamt sind es etwa dreitausend – Arbeitstage im Archipel ist streng strukturiert. »Aufstehen um halb sechs, Bad und Kaffee. Die Insekten vom Vortag sortieren und trocknen; die Ausrüstung für den Tag vorbereiten. Um acht Uhr Frühstück, um neun geht es raus in den Dschungel … bis zwei oder drei Uhr nachmittags. … Zu Hause erfrischen und Kleiderwechsel. Dann setzen wir uns an die Arbeit, töten die Insekten, spießen sie auf. … Um vier Uhr Dinner und dann nochmals bis sechs an die Arbeit. Kaffee. Anschließend Lesen oder Gespräche, oder wenn besonders viele Insekten zu bearbeiten sind, nochmals bis acht oder neun an die Arbeit. Dann ins Bett.«
Singapur bietet ihnen bald kaum noch etwas Neues. Ende Juli 1854 geht Wallace mit einem kleinen Handelsschoner nach Malaka, knapp hundert Kilometer nördlich auf der Malayischen Halbinsel gegenüber von Sumatra gelegen. Malaka ist eine jahrhundertealte Handelsstation, in der erst die seit 1511 dort ansässigen Portugiesen ihre Spuren hinterlassen haben, bevor nach 130 Jahren die Holländer kamen und nochmals 150 Jahre später die Briten. Wallace bleibt zwei Monate, ist anfangs von der Vogel- und Insektenwelt recht angetan, obgleich Malaysia zu dieser Zeit durch Naturforscher bereits recht gut bereist und die Tierwelt recht gut untersucht ist. Als sich Wallace und Charles Allen mit einer kleinen Truppe einheimischer Helfer landeinwärts zum Mount Ophir aufmachen, erleben sie ihr erstes richtiges Abenteuer im dichten Urwald Südostasiens. Mühsam schleppen sie sich, ihre Ausrüstung und Verpflegung durch knietiefen Schlamm. Auf den tropfnassen Blättern und Bäumen des Regenwaldes warten Egel auf jeden Säuger, dessen Haut sie
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