Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)
hindert ihn aber nicht daran, später in einem Brief an Wallace zu schreiben, dessen Arbeit von 1855 enthalte »einige Punkte, die klarer dargelegt sind, als ich dies in der Arbeit von Darwin selbst finden kann, insbesondere zur Bedeutung geologischer und zoologischer Befunde für die geographische Verbreitung und die Entstehung von Arten«. Ein nicht zu unterschätzendes Lob.
Und auch wenn das Lob spät kommt, es tut Wallace gut. Natürlich dauern die Kommunikationswege zu dieser Zeit etwas, zumal im Fall seines Freundes Bates, der noch immer am oberen Amazonas ist. Als der mehr als ein Jahr nach Erscheinen der Sarawak-Arbeit endlich sein Exemplar erhält, schreibt er am 19. November 1856 an Wallace: »… perfectly well done! Es ist eine derart einfache und naheliegende Idee, dass diejenigen, die sie lesen und verstehen, von ihrer Schlichtheit beeindruckt sein werden; dabei aber ist sie vollständig neu und originell.« Es vergeht freilich nochmals mehr als ein halbes Jahr, bis er von diesem Zuspruch Bates’ im Juli 1857 erfährt, als Wallace endlich in Makassar wieder Post erhält. Er ist geschmeichelt und fühlt sich bestätigt. Und wie Wallace über Umwege zur gleichen Zeit erfahren wird, ist auch der britische Zoologe und Vogelforscher Edward Blyth im indischen Kalkutta angetan von seiner Arbeit. Wallace habe die Sache recht ordentlich dargestellt, meint dieser. »Demnach entwickeln sich auch die verschiedenen domestizierten Rassen also langfristig zu Arten.« In London weist William J. Hamilton, Präsident der Geological Society, anlässlich seiner Jahresansprache 1856 vor der Gesellschaft darauf hin, dass jene Frage, die Wallace untersuche (übrigens ein Mann von ungewöhnlichem Kaliber, so merkt er an), »eine von großer Bedeutung« sei, die »die sorgfältige Untersuchung eines jeden Geologen verdient«. Kein Zweifel also: Der Sarawak-Aufsatz macht Wallace’ Name in Wissenschaftlerkreisen bekannt. Bisher war er, wenn überhaupt, der Naturaliensammler vom Amazonas, jetzt im Malayischen Archipel unterwegs. Doch mit diesem Aufsatz aus Sarawak ist er nun ein Naturforscher, einer von ihnen. Vielleicht deshalb murren einige der Abnehmer seiner zahllosen Naturalien, die er im indo-malayischen Archipel sammelt, wie Stevens ihm berichtet. Wallace solle mit dem Theoretisieren und Spekulieren aufhören und sich auf das Sammeln konzentrieren – vor allem aber, bitte schön, solle er mehr dieser wunderbaren exotischen Sammlungsstücke schicken.
Dabei ist am wenigsten Wallace selbst verborgen geblieben, dass seine Theorie über das neue Naturgesetz noch unvollständig ist.
Darwins Ikone Nr. 1 – Wallace und die Galapagosinseln: Gerade weil Wallace jetzt im Malayischen Archipel selbst in einer Art Naturlaboratorium unterwegs ist, erstaunt die Tatsache, dass er in einem zentralen Abschnitt seines Sarawak-Aufsatzes auf die Besonderheit der Galapagosinseln zu sprechen kommt. Ist das nicht Darwins Ikone? Nein, wieder so eine Legende. Zwar war Wallace selbst niemals auf diesem Archipel im Pazifik; doch hat er aufmerksam gelesen, was Darwin in seinem Reisebericht dazu schreibt. Und während Darwin die Galapagosinseln darin in keinster Weise mit seinen Überlegungen zur Evolution in Verbindung bringt, fasst Wallace sie ausdrücklich als ein besonders anschauliches Beispiel für jenen Prozess auf, der Arten entstehen lässt. Es war Wallace und nicht Darwin, der als Erster die Bedeutung dieser Inselgruppe – heute gern als das Freilandlabor der Evolution bezeichnet – im Kontext der neuen Sichtweise von der Veränderlichkeit der Arten erkennt und explizit benennt.
»Solche Phänomene, wie sie die Galapagosinseln bieten, welche keine Pflanzen- und Tier-Gruppen eigentümlich besitzen, die aber aufs Nächste mit jenen Südamerikas verwandt sind, haben bis dato gar keine, nicht einmal eine mutmaßliche Erklärung erhalten.« Ganz recht hat Wallace hier. Gleichsam per Ferndiagnose, aber in jedem Fall mit großem Weitblick erfasst er, was das Besondere an Galapagos ist und warum »eine jede der getrennt liegenden Inseln ihre eigentümlichen Arten besitzt«. Und völlig richtig nimmt er an, dass sich die Inseln entweder ursprünglich »mit denselben Arten bevölkerten, aus denen sich verschieden modifizierte Prototypen bildeten«, oder dadurch, »dass die Inseln sukzessive, eine von der anderen aus, bevölkert wurden, aber dass sich neue Arten auf einer jeden nach dem Plane der vorher existierenden bildeten«. Wieder sieht
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