Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Ende des Tages

Am Ende des Tages

Titel: Am Ende des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hültner
Vom Netzwerk:
drehte den Hahn wieder zu und begann, die Kartoffeln in die Wasserschale zu werfen. »Was ich bloß nicht versteh: Mir ist vorgekommen, dass dir der Herr auf der Vierzehn am Anfang recht sympathisch gewesen ist. Und du ihm auch. Oder täusch ich mich?«
    »Schon …«, sagte Moidl zögernd. Ihre Wangen färbten sich leicht.
    »Hat er nicht sogar einmal mit dir tanzen gehen wollen?« Die Alte maß das Mädchen argwöhnisch. »Wirst dich aber nicht unterstanden haben, oder? Du weißt, wie fuchtig die Frau Prokosch werden kann, wenn eine von uns was mit den Gästen anfängt. Wir sind ein anständiges Haus, sagt sie, die Frau Prokosch.«
    »Da hats ja auch ganz Recht«, pflichtete ihr das Mädchen artig bei.
    Die Köchin dachte: Und was mit den Herrschaften ist, die bloß für ein paar Stunden zum Ausrasten kommen, dafür aber den doppelten Zimmerpreis zahlen, das ist dir auch noch nicht aufgefallen, du Dapperl, gell?
    »Und? Hast dann tanzt mit ihm? Tu mich nicht anlügen!«
    »Als ob ich so was tät!« Dunkle Röte übergoss das kleine, runde Gesicht des Mädchens. »Ich habs ihm natürlich ausgeschlagen!«
    »Aber wollen hättst schon?«
    Moidl sah treuherzig auf. »Wenn ein Mannsbild ein ehrliches Interesse an einem hat, darf mans ihm am Anfang nicht gleich zu leicht machen.«
    Die Köchin musste grinsen.
    »Danach erst recht nicht, Moidl, sonst gehörst gleich der Katz, das lass dir gesagt sein.« Sie überlegte. »Aber – vielleicht ist er ja deswegen heut so grantig zu dir gewesen? Hats ihm denn recht gestunken, wie du ihm einen Korb gegeben hast?«
    »Gar nicht!«, beteuerte Moidl. »Ein bisserl weh hat er bloß geschaut. Dass das recht schad wär, hat er gesagt. Sonst nichts.«
    Die Köchin warf ihr einen wenig überzeugten Blick zu. Sie zuckte die Schultern. »Tja, es gibt eben seltsame Leut auf der Welt«, meinte sie. »Da gehört der Herr auf Vierzehn bestimmt auch dazu. Launisch ist er. An einem Tag schmeißt er mit Trinkgeld um sich, dass eins gar nicht weiß, ob er noch ganz bei Trost ist, und am anderen Tag kannst ihm gleich überhaupt nichts Recht machen.« Sie hielt kurz inne, bevor sie nachdenklich fortfuhr: »Manchmal kommt er mir direkt vor, als wär er nicht mehr ganz gesund.« Sie nickte, als wolle sie sich selbst bestätigen. »Einmal hab ich ihn zu jemand sagen hören, dass er im Krieg gewesen ist. Als Flieger, wenn ich mich nicht verhört hab.«
    Moidl hatte Zweifel. »Direkt ansehen tut man ihm eigentlich nichts.«
    »Stimmt auch wieder«, sagte Erna. Kennerhaft fügte sie hinzu: »Aufs erste Hinschauen wär er sogar ein ziemlich fesches Mannsbild.«
    Moidl sah nachdenklich zur Seite. Als spräche sie zu sich, meinte sie schließlich: »Aber irgend einen Schmerz hat er …«
    »Ach was«, sagte Erna nüchtern. »Tut einem ja direkt weh, wie wenig du dich noch mit den Mannsbildern auskennst. Der auf Nummer vierzehn ist wahrscheinlich auch so einer, der bös auf die ist, die ihn mögen. Und der von denen gerngehabt werden möcht, die auf ihn runterschauen.«
    Moidl schüttelte energisch den Kopf. »Geh! So dumm kann doch kein Mensch nicht sein.«
    Erna warf ihr einen mitleidigen Blick zu. »Doch, du Patscherl. Solche gibt’s. Und weißt, was eins mit denen machen muss?«
    Das Mädchen sah sie neugierig an.
    »Na, das gleiche, was das Brunnenbuberl vom Wiener Platz mit den Leuten macht, die da einkaufen.«
    »Und was tut es?«
    »Es dreht ihnen seinen nackerten Arsch hin.«
    Moidl hielt die Hand vor den Mund und prustete los.
    »Aber Erna!«, tadelte sie kichernd. »So grobe Sachen sagst du!«
    »Die Mannsbilder brauchens oft noch viel grober, da wirst schon noch drauf kommen. Und der auf der Vierzehn erst recht.«
    Das Mädchen sah zur Seite.
    Das stimmt nicht, dachte sie. Sie sagte leise: »Es ist halt so … so ein Geheimnis um ihn … manchmal schaut er so weh … ich glaub, das ist so ein Mensch … wo eine Rettung braucht.«
    Erna warf ihr einen ungehaltenen Blick zu. »Was bist du bloß für ein Schaf, Moidl!«, schimpfte sie. »Schmerz hin oder her, den hat er gefälligst nicht an unsereinem auszulassen, kapiert?« Sie deutete befehlend auf den Korb. »Und jetzt hockst nicht länger herum, sondern hilfst mir beim Kartoffelschälen.«
    Moidl sprang auf und trat an ihre Seite.
    Die gute Erna, dachte sie. Sie hat nichts bemerkt.
    In diesem Augenblick spürte sie es wieder, das leichte Krampfen im Bauch, den Hauch eines Schwindels.
    Vom Flur näherten sich energische Schritte.
    »Moidl?«,

Weitere Kostenlose Bücher