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Am Ende des Tages

Am Ende des Tages

Titel: Am Ende des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hültner
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und kehrte zurück.
    »Aber es hat doch sogar in der Zeitung gestanden, dass du …?«
    Er winkte ab. »War ein Fehler im Meldeamt. Ich hab eine Zeitlang außerhalb zu tun gehabt und habs selber erst vor kurzem gemerkt.«
    Die Farbe auf ihren Wangen kehrte zurück. »Du bringst mich noch um, wirklich.« Sie stemmte die Fäuste in die Hüften und sah ihn strafend an. »Das zahlst mir zurück, Paule!«
    Kajetan verstand nicht.
    »Was, fragt er!«, schimpfte sie. »Ich dumme Kuh hab mein Geld rausgeschmissen und dir eine Messe in der Heiliggeistkirch lesen lassen!«
    Von der Schänke tönte ein energisches Klingeln. »Burgi!«, brüllte der Schankkellner durch den Lärm. »Bist jetzt zum Arbeiten da oder zum Poussieren?!«
    Kajetan sah entrüstet zu ihm hinüber. Burgi zwinkerte ihm zu. »Lass, Paule. Wenn der Alisi auf eine spinnt, ist er extra grob zu ihr.« Sie zeigte auf den Tisch neben der Türe. Auf der Wandbank war noch Platz. »Eine Halbe?«
    Kajetan nickte und setzte sich. Burgi hastete zur Schänke, griff sich die gefüllten Bierkrüge und verteilte sie an den Tischen. Auf dem Rückweg nahm sie neue Bestellungen auf und gab sie an den Schankkellner weiter, der in der Zwischenzeit schon wieder ein halbes Dutzend Krüge gefüllt hatte. Sie war ein wenig außer Atem geraten, als sie den letzten auf Kajetans Tisch abstellte.
    »Zum Wohl, Paule.« Sie wischte sich mit dem Handrücken über die feuchte Stirn. »Auf dein neues Leben. Und auf unsere städtischen Beamten. Dass sich eins einmal nicht über die ärgern muss, passiert auch nicht alle Tag.« Kajetan lachte und hob ihr das Glas entgegen.
    »Hast übrigens gut dran getan, dass du noch mal bei mir reingeschaut hast«, sagte sie. »Ich bin nämlich bloß noch ein paar Tag da.«
    Er stellte den Krug ab und sah sie fragend an.
    Sie nickte ernst. »Ich geh fort von München.«
    »Heiratst?«, fragte er. Im selben Augenblick spürte er einen Stich im Magen.
    »Ja«, sagte Burgi lächelnd. Sie ließ eine niederträchtige Pause verstreichen, bevor sie hinzufügte: »Irgendwann schon.«
    Wieder tönte die Glocke, diesmal fordernder.
    »Gleich!«, rief sie über die Schulter, ohne Kajetan aus den Augen zu lassen. Er suchte nach Worten. Sie half ihm aus seiner Verlegenheit.
    »Wir sehn uns schon noch mal, bevor ich fahr, hm? Ein bisserl feiern sollt einer das schon, wenn er noch lebt, findst nicht? Und überhaupt bist mir noch das Geld schuldig, das ich für dich aus dem Fenster geschmissen hab. Dafür könntest mich ruhig auf die Praterinsel einladen.« Sie stellte den Kopf schräg und sah ihn abwartend an.
    »Müsst sich machen lassen«, sagte er. Er räusperte sich. »Bin schließlich noch keinem was schuldig geblieben.«
    Ein Schatten huschte über ihr Gesicht. »Übertreibs nicht mit der Ekstase, Paule. Darfst schon auch nein sagen.«
    »Nein!«, stotterte er. »Nein, ich mein: Ja. Gern.«
    Sie lachte leise auf. »Wenn ich dich nicht schon so lang kennen würd, Paule …«
    »Burgi!!«, brüllte der Schankkellner. Sie beugte sich zu Kajetan und flüsterte: »Am Freitag ist mein letzter Tag. Da bin ich schon eher daheim. Weißt ja, wo ich wohn.«
    Sie drehte sich mit schwingendem Rock um und lief zum Ausschank. Er glotzte ihr nach.
    Kanns sein, dass ich ein Trottel war?, dachte er.

11.
    So wird das nichts, dachte der Sonderermittler. Den ganzen Vormittag war er im Nieselregen im Dorf umhergestapft. Keiner der Männer, die an der Bergung der Unglücksmaschine beteiligt waren, hatte seine Zähne auseinandergebracht. Zuletzt hatte er den Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehr an dessen Arbeitsplatz aufgesucht. Kull hatte sich kaum vorgestellt, als ihm der Schmied schon wieder den Rücken zuwandte und in der Essenglut stocherte. Brüllend musste der Ermittler sich verständlich machen, und jeder Satz, den er dem maulfaulen Schmied doch noch entlocken konnte, wurde von einem funkensprühenden Schlag auf das glühende Eisen begleitet. Er musste es einsehen: Die Tarnung als einfältiger, ein wenig neugieriger Tourist nahmen ihm die Dorfleute nicht ab. Aber öffneten sie sich einem Fremden nur deshalb nicht, weil ihnen das Erlebte zu nahe gegangen war, um sich bei einer oberflächlichen Plauderei darüber auszulassen? Oder konnte man ihn einfach nicht ausstehen? Aber wieso? Es konnte doch nicht an ihm liegen, dass sich die Leute derart abweisend verhielten! Er war doch höflich wie immer aufgetreten! Gut, dass er sich gleich am zweiten Tag über die klamme Bettwäsche

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