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Am Ende des Tages

Am Ende des Tages

Titel: Am Ende des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hültner
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ihn am Mantelrevers und presste ihn gegen die Wand. »Was hast du von der Mamm wollen, du verlogener Hund? Ich hab zigmal um einen Aufschlag für die Mutter eingegeben, aber sie haben mirs schwarz auf weiß gegeben, dass sie keinen Pfennig mehr rausrücken. Außerdem wärs das Allerneueste, dass sich die Herrschaften von der Versicherung dazu herablassen, zu unsereinem zu gehen.« Er schüttelte Kull. »Also! Was hast wollen? Red! Sonst dresch ichs aus dir raus, dass dich deine sauberen Freunderl mit der Trag abholen können.«
    Der kleine Ermittler befreite sich mit einem harten Ruck, beugte sich seitwärts, packte den Arm seines Gegners und drehte ihn auf dessen Rücken. Mit dem anderen Arm umschlang er den Hals seines Gegners.
    »Ist jetzt endlich Schluss mit dem Quatsch?!«, schnaubte er. Der junge Mann gab einen schmerzerfüllten Laut von sich. »Lass mich aus …«, krächzte er.
    »Wenn Sie mir versprechen, keinen Blödsinn mehr zu machen«, sagte Kull. »Und wenn Sie mir sagen, wen Sie mit ›Freunderl‹ meinen.«
    Hans rang nach Luft.
    »Wen Sie meinten, habe ich gefragt!«
    »Euch … euch Nazen …«
    Kull ließ ihn los, trat einen Schritt zurück und zischte: »Wenn Sie noch ein einziges Mal sagen, dass ich zu diesem Pack gehöre, werden Sie mich wirklich kennen lernen! Kapiert?«, sagte Kull.
    »Aber …«
    »Halten Sie Ihre Klappe und hören Sie mir zu: Ja, Sie haben richtig vermutet. Um einen Aufschlag geht es nicht. Wenn auch nicht ausgeschlossen ist, dass einer dabei herausspringt, wenn sich die Angelegenheit so entwickelt, wie ich es erwarte.«
    Hans rieb sich die schmerzende Schulter.
    »Aber was …?«
    »Ich bin privater Ermittler, Herr Hartinger. Ich will herausbekommen, wie Ihr Bruder wirklich ums Leben gekommen ist.«
    »Wer …?«
    »Wer mich beauftragt hat, geht Sie nichts an.«
    »Aber … es ist doch ein Unfall gewesen?«
    »Auf den ersten Blick, richtig. Genauso gut ist aber möglich, dass Ihr Bruder das Opfer eines Verbrechens wurde. Vielleicht ist er sogar von den Kerlen hereingelegt worden, die Sie mir als meine angeblichen ›Freunderl‹ andichten wollten. Deshalb raus damit: Wen genau meinten Sie damit?«
    Der junge Mann hatte sich wieder gesammelt. »Hab ich doch gesagt. Die Nazen.«
    »Und welchem Grund sollte ich haben, mich bei Ihnen einzuschleichen, wenn ich Nazi wäre?«
    »Tät ich doch auch gern wissen. Jedenfalls waren schon einmal zwei von denen da. Haben sich als Kameraden vom Manne ausgegeben. Und während der eine die Mamm mit seinem Beileidsgered eingeseift hat, hab ich den anderen erwischt, wie er in der Kammer vom Manne rumgesucht hat. Ich hab die Bagasch hochkant rausgeschmissen.«
    »Woher wollen Sie überhaupt wissen, dass es Nazis waren?«
    »Weil ich einen von denen einmal bei einem Propagandaumzug im Viertel gesehen hab.«
    »Kamen die Kerle noch einmal?«
    Hans bejahte. »Obs die Gleichen waren, kann ich nicht sagen. Jedenfalls ist die Haustür aufgestemmt gewesen, wie wir zwei Tag später von der Beerdigung heimgekommen sind. Ich habs richten können, bevors die Mamm gespannt hat. Die ist an dem Tag ja eh schon halbtot vor Kummer gewesen.«
    »Was ist gestohlen worden?«
    »Bei der Mamm und mir nichts. Aber ich hab sehen können, dass die Kammer vom Manne durchsucht worden ist. Er hat eine Kassette gehabt, in der er seine Zeugnisse, Dienstbescheinigungen, Soldbücher und das ganze Zeug aufgehoben hat. Sie ist immer abgesperrt gewesen.«
    »Und dann war sie offen«, verkürzte Kull. »Was fehlte?«
    »Herrgott, soll ich mir das Maul fransig reden? Ich weiß es nicht!«
    Kull betrachtete ihn nachdenklich. »Als die Kerle damals Ihrer Mutter kondolierten, haben sie sich als Kameraden Ihres Bruders vorgestellt, sagten Sie?«
    »Ja. Die Mamm hat mir gesagt, dass sie von der Einheit und den Standorten geredet haben, die ihr auch aus seinen Briefen bekannt gewesen sind. Deswegen hat sies ihnen ja auch geglaubt.«
    »Welche Einheiten? Welche Standorte?«
    »Weiß nimmer genau. Meistens irgendwelche Fliegerhorste. Sie hat mir seine Briefe ja nie zu lesen gegeben, bloß immer die Grüße von ihm ausgerichtet.«
    »Eher ungewöhnlich, oder?«
    »Ja und nein. Die Briefe müssen manchmal schon recht komisch gewesen sein. In einen hab ich reingelesen, wie die Mamm grad einmal nicht hergeschaut hat.« Hans schüttelte den Kopf. »Es hat sich fast so gelesen, als wie wenn er beim Schreiben einen Mordsrausch gehabt hätt. So … übertrieben, irgendwie …« Er suchte nach

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