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Am Ende eines Sommers - Roman

Am Ende eines Sommers - Roman

Titel: Am Ende eines Sommers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Ashdown
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über Griffin. Das wird sein, als ob ich meinen eigenen Hund hätte. Aber ich bin traurig für Mr Horrocks und wegen Mrs Horrocks. Wie soll ich da sagen, ja, toll, ich nehme ihn , ohne allzu glücklich zu klingen, so, als ob es mir egal wäre, dass Mrs Horrocks gestorben ist. Also nicke ich nur.
    »Guter Junge.« Er sieht mir in die Augen und legt mir die Hand auf die Schulter. »Guter Junge. Du kannst sein Futter und seine Näpfe mitnehmen, wenn du morgen früh die Zeitungen abholst. Sein Abendessen hatte er schon.«
    Als er weggeht, schlägt er im kalten Wind den Kragen hoch, und man sieht, wie ihn ein Schauder überläuft. Er dreht sich um, als wollte er noch etwas sagen, aber er schaut nur an mir vorbei zur Treppe und verschwindet dann auf der dunklen Straße.
    Ich schließe die Tür und bleibe einen Moment lang mit der Hand auf dem Türknauf stehen. Wie ist es wohl, wenn man jemanden tot findet? Tot, für immer. Ich drehe mich um und sehe Mum vor mir. Sie sitzt auf der untersten Stufe, und sie hat einen sauberen Bademantel an und ein Handtuch um den Kopf gewickelt wie einen Turban. Griffin zappelt auf ihrem Schoß hin und her, leckt ihr die Hände und freut sich wie über eine lang vermisste Freundin. Ihre sauber geschrubbten Wangen haben wieder Farbe, und das Licht ist in ihre Augen zurückgekehrt.
    »Du bist so süß!«, sagt sie zu Griffin, und sie nimmt sein struppiges Gesicht zwischen beide Hände und reibt ihre Nase an seiner. Mit einem schüchternen kleinen Lächeln schaut sie zu mir auf, und ich weiß, sie ist wieder da.

 
    Mary,
    August 1970
    Gegen neun bin ich wieder zu Hause, und der nächtliche Augusthimmel wird langsam fahl. Ich komme ins Wohnzimmer und weiß sofort, ich habe Billy noch nie so verletzt gesehen. Ich hatte auf einen Streit gehofft, auf irgendeine Möglichkeit, das Haus von dem schweren Druck zu befreien, der auf allem lastet. Aber Rachel ist hier; ich sehe sie durch die Tür in meiner Küche, sie kocht Wasser und macht ihm Tee. Sie blickt auf, als sie hört, wie ich meine Tasche und meinen Schlüsselbund fallen lasse, und sieht mich mit besorgtem Stirnrunzeln an. Billy sitzt an dem kleinen Tisch im Wohnzimmer. Er reagiert nicht, als ich hereinkomme, sitzt einfach mit gesenktem Kopf da, dreht die Hände hin und her und reibt an einer Schwiele herum.
    »Rachel!« Ich falle ihr um den Hals, und sie umarmt mich kühl. »Ich wusste nicht, dass du zu Besuch kommen wolltest! Wenn ich das gewusst hätte …«
    Rachel schüttelt den Kopf. »Ich hatte es nicht vor, Mary.« Sie spricht leiser und wendet sich dem Teekessel zu. »Ich habe angerufen, und als Billy mir sagte, du wärest weg, hab ich mich in den Zug gesetzt, um mit Matthew zu helfen. Ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte.«
    Ich lehne mich an die Spüle, und mir fällt auf, wie ordentlich die Küche aussieht. Sie hat geputzt. Die Wasserhähne blitzen.
    »Willst du ihm nicht mal guten Tag sagen?« Verärgert deutet Rachel mit dem Kopf zu Billy hinüber.
    Ich zucke die Achseln. Rachel schnalzt mit der Zunge und fängt an, mir einen Tee aufzubrühen.
    »Ich will keinen«, sage ich und öffne den Schrank über dem Herd.
    »Du hast dich noch nicht mal nach Matthew erkundigt. Er ist oben und schläft. Du hast ihm gefehlt, Mary.« Rachel bemüht sich, leise zu sprechen, aber ich weiß, dass Billy zuhört. Sie sieht mir geradewegs ins Gesicht. »Wo bist du gewesen, Herrgott noch mal?«
    »Ich muss dringend aufs Klo!« Ich lasse die Schranktür zuschnappen, laufe zur Treppe und schleiche mich auf Zehenspitzen durch den Korridor, um Matthew nicht zu wecken. Auf dem Rückweg werfe ich einen Blick zu ihm hinein, aber ich gebe ihm lieber keinen Kuss, damit ich ihn nicht wecke.
    Rachel steht immer noch in der Küchentür, und Billy hat sich nicht gerührt. Sie starren mich an, als wäre ich völlig von Sinnen. Ich lache.
    »Und?«, sagt Rachel. »Findest du nicht, du solltest uns wenigstens sagen, wo du gewesen bist?«
    »Auf der Isle of Wight.« Ich lehne mich an die Rückseite des Sofas und sehe sie an. »Auf dem Festival, okay? Sieh mich nicht so an, Rach. Wenn Billy seine Familie und seine Freiheit haben kann, dann kann ich es auch. Wer hat mir denn vom Feminismus erzählt, von gleichen Rechten für Männer und Frauen? Oder lebst du nicht mehr in dieser Welt, Rach? Ist sie dir jetzt nicht gemütlich genug?«
    »Gleiche Rechte?« Billy steht so plötzlich auf, dass der Stuhl umkippt. »Gleiche Rechte bedeutet nicht, dass du mitten in der

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