Am Ende eines Sommers - Roman
antwortet sie und saugt heftig an ihrer Zigarette, »dass ihr beide rasend scharf aufeinander seid.« Sie sieht mich todernst an, und dann kreischen wir beide vor Lachen, bis uns die Augen tränen.
Als wir unsere Fassung wiedergefunden haben, sitzen wir eine Zeit lang stumm da und sehen zu, wie die Party sich entwickelt. Auf der anderen Seite des Zimmers taucht Billy wieder auf und winkt, um uns auf sich aufmerksam zu machen. Er steht in der Küchentür und sieht mir in die Augen. »Whole Lotta Love« von Led Zeppelin läuft, und beim Refrain fängt er an, Luftgitarre zu spielen. Breitbeinig steht er da, sein verschwitztes Haar fliegt hin und her, und sein Mund formt die Worte, während er mich anstarrt.
»Ich meine, sieh ihn dir doch an, Sandy«, sage ich. »Er ist unwiderstehlich.«
Und wir lachen, bis unsere Wimperntusche verläuft.
Jake,
April 1985
Gypsy ist ungefähr vier Wochen nach Griffin hier eingezogen. Als sie vor der Tür stand, trug sie einen großen, schmutzigen Seesack aus Armeebeständen und hatte einen Parka an, der dazu passte. Sie hatte Unmassen von blonden Locken, und sie stand da und lächelte ihr strahlendes Lächeln und hatte die Daumen in den Bund ihrer hautengen schwarzen Jeans geschoben.
»Setz Wasser auf, Jakey, Schatz«, sagt Mum, kaum dass Gypsy ihre Tasche zur Tür hereingeschleift hat. Mum macht mit ihr den großen Rundgang, zeigt ihr mein Zimmer, wo sie schlafen wird, und Matts Zimmer. Sieht aus, als müsste ich für eine Weile bei dem kleinen Deppen kampieren. Griffin rennt hinter ihnen her, folgt ihnen in jedes Zimmer, bleibt dann in der Tür stehen und wartet darauf, wie es weitergeht. Er glaubt, er ist jetzt Mums Hund. Mum hat geschuftet wie ein Berserker, damit das Haus tipptopp ist, wenn Gypsy kommt, und alles sieht super aus. Sie hat sogar die Möbel von der Wand gerückt und dahinter gesaugt. Der Teppichboden hinter der Kommode in Andys Zimmer war richtig feucht, und als Mum eine Ecke gelöst hat, wimmelte es darunter von Silberfischchen. Schwupp, waren sie im Staubsauger verschwunden, und seitdem steht das Fenster immer einen Spaltbreit offen, um zu lüften. Als Mum und Gypsy wieder herunterkommen, bringe ich ihnen Tee, und dann schalte ich den Fernseher ein und tue so, als hörte ich nicht zu.
»Setz dich, setz dich!« Mum macht großes Theater, zieht die Stühle zurück, streicht die Tischdecke auf dem Ausziehtisch glatt. »Mein Gott, Gypsy, du siehst toll aus. Du bist kein bisschen älter geworden.«
»Das ist einer der Vorteile des Lebens ohne Männer«, sagt Gypsy ganz ernsthaft. »Niemand, der dir die Lebenskraft raubt. Ich bin meine eigene Herrin, und – Gott, das ist ein gutes Gefühl, Mary!«
Jetzt folgt eine Pause; Mum hebt ihre Teetasse und trinkt ein Schlückchen. Im Fernsehen kommen die Fußballergebnisse, mit dieser langweiligen Stimme: Leeds United, eins – Ipswich, zwei. Egal, wann man samstags die Glotze einschaltet, immer kommen die Scheiß-Fußballergebnisse.
»Jakey, muss das jetzt laufen?«, fragt Mum mich über die Schulter. »Wo ist Andy?«
»Bei Ronny.« Ich beuge mich vor, schalte den Fernseher aus und greife mir einen von Andys 2000 AD -Comics.
»Also, Mary, erzähl mir von Billy. Ich dachte, ihr beide bleibt ewig zusammen. Jugendliebe und so weiter. Was ist passiert?«
Es ist komisch, jemand anderen über Dad reden zu hören, und Mum ist die Einzige, die ihn Billy nennt. Mum wirft mir einen Blick zu und spricht mit leiser Stimme, gibt Gypsy zu verstehen, dass ich im Zimmer bin.
»Wir sind einfach irgendwie auseinandergedriftet, glaube ich«, sagt sie. »Und ich hatte eine schlimme Phase. Habe überhaupt nicht auf mich geachtet und war von allem überfordert. Das muss für Billy manchmal ziemlich schwer gewesen sein.«
»Aber er wäre doch geblieben, wenn er bereit wäre, um dich zu kämpfen, oder?«, sagt Gypsy leise. Sie stützt die Ellenbogen auf den Tisch und sieht Mum an wie eine Kummerkastentante. Was weiß sie denn schon? »Ich nehme an, er hat eine andere?«
Mein Magen macht einen Salto, als ich diese Frage höre. Was für eine Kuh – kommt rein und erzählt Mum einen solchen Scheißdreck! Das ist das Letzte, was sie braucht. Seit Wochen geht es ihr wieder gut.
»Oh, nein, nein, nicht, dass ich wüsste.« Mum sieht Gypsy lächelnd an. »Da war keine andere. Nur wir beide. Er hat ein möbliertes Zimmer ein paar Straßen weiter, und jeden Samstag nimmt er die Jungs. Damit ich Pause machen kann. Nur heute nicht – Billy
Weitere Kostenlose Bücher