Am Ende siegt die Liebe
esignierend.
Zehn Minuten später hatte er alles überstanden. Ausgestattet mit einem neuen Verband und wieder völlig bekleidet, reichte er Marc die Hand und b edankte sich.
»Ich würde dich gern übermorgen wiedersehen, Rainer«, sagte der Arzt. Er griff ihm unters Kinn und hob es leicht an. »Willst du mir nicht doch verraten, wo du gewesen bist? Dein Bein sieht aus, als wärst du auf e inem Reibeisen entlang gerutscht.«
»Das ist nur der Kies, auf den ich gefallen bin.«
»Ach, und wie sind dann die Holzstückchen in die Wunde geraten?« Marc lachte. »Schon gut, behalt dein Geheimnis nur für dich.« Er nahm Danielas Hand und zwinkerte ihr zu. »Vielleicht sollten Sie oder Ihre Eltern dem Burschen ab und zu den Hosenboden strammziehen.«
»Das haben wir leider versäumt, als noch Zeit dazu gewesen wäre«, meinte die junge Frau und stimmte in sein Lachen ein. »Inzwischen ist Hopfen und Malz verloren.« Sie legte den Arm um die Schultern ihres Bruders. »Auf Wiedersehen, Herr Do ktor.«
»Auf Wiedersehen.« Marc verstrubbelte Rainers Haare. »Und vergiß nicht deinen Termin.«
»Habe ich schon in meinem Computer eingespeichert.« Rainer schlug mit dem Fingerknöchel gegen seine Stirn. »Da geht nichts verloren.«
Tina Martens brachte den Kaffee und eine weitere Kranke nkarte. »Herr Petersen klagt über unbestimmte Leibschmerzen«, sagte sie. »Ich dachte, Sie sehen ihn sich lieber gleich an. Sonst hätte ich ihn gebeten, heute nachmittag zu kommen.«
»Ist schon recht, Tina.« Dr. Schumann nahm einen Schluck Kaffee. »Kennen Sie diese Frau Becker eigentlich näher, die vo rhin bei mir gewesen ist?« Unwillkürlich rieb er sich die Stirn.
»Nein, ich habe nur gehört, daß sie die Ärzte wechselt wie a ndere Leute ihre Hemden«, erwiderte die Sprechstundenhilfe. »Außerdem soll sie nur selten an jemanden einen guten Faden lassen. Sie ist vor eineinhalb Jahren in den Narzissenweg gezogen. Vermutlich hätte Ihnen Frau Flechner mehr über sie sagen können. Die Arme wohnt in ihrer Nähe.« Sie zögerte einen Augenblick, dann meinte sie: »Wenn Sie mich fragen, Herr Doktor, braucht Frau Becker keinen Allgemeinmediziner, sondern einen Neurologen.«
Ihre Meinung deckte sich mit seiner, doch das sagte ihr Dr. Schumann nicht. »Vielleicht sehen Sie etwas zu schwarz, Tina«, antwortete er. »Nun ja, wie dem auch sei, Frau Becker ist jetzt unsere Patientin, und wir werden alles tun, um ihr zu helfen.« Er reichte seiner Sprechstundenhilfe die Tasse. »Danke, für den Ka ffee. Schicken Sie mir erst einmal Herrn Petersen herein. Wenn er Schmerzen hat, sollten wir ihn nicht warten lassen.«
»Mach ich, Herr Doktor«, erwiderte Tina und ging hinaus. Le ise schloß sie die Tür hinter sich.
* * *
»Einen schönen Tag noch, Herr Eschen«, wünschte der alte Josef, der seit fast vierzig Jahren einen Bootsverleih am Tegernsee b etrieb. Stefan Eschen kannte er seit einer Woche. Der junge Mann kam fast täglich, um ein, zwei Stunden auf dem Wasser zu verbringen.
»Danke, Josef, Ihnen auch«, erwiderte Stefan, tippte an seine Schirmmütze und wandte sich dem Trampelpfad zu, der vom Wasser weg auf die Straße hinaufführte. Bis zum Narzissenweg, wo er sich in einer kleinen Pension ein Zimmer genommen hatte, war es nicht weit. Der junge Mann steckte die Hände in die H osentaschen und hob das Gesicht der Sonne entgegen. Er genoß die Wärme auf seiner Haut, genoß den Blütenduft um sich herum und das Gefühl, unendlichen Friedens.
Stefan war kein Phantast und er wußte nur zu gut, daß es di esen unendlichen Frieden nicht gab und daß auch am Tegernsee die Welt nicht so in Ordnung war, wie er es sich gewünscht hätte, doch er brauchte diese Illusion, um weiterleben zu können.
Der junge Mann ging langsam in Richtung Gmund. Kurz vor dem Ortsausgang von Tegernsee, bog er zum Narzissenweg ab.
Entlang der schmalen Straße standen hübsche Häuschen mit kleinen Gärten, geranien- und freesiengeschmückten Holzbalkons und liebevoll bemalten Untergeschossen.
Etwas abseits gab es einen alten Bauernhof, in dessen ehemal iger Scheune ein Antiquitätengeschäft untergebracht war. Das erst vor wenigen Jahren renovierte Haus gehörte zu den Schmuckstücken der Umgebung. Es besaß sogar noch einen alten Ziehbrunnen mit einem Eimer, der aus dem siebzehnten Jahrhundert stammte.
Stefan zögerte kurz, bevor er sich entschloß, dem Hof einen B esuch abzustatten. Er hatte sich ohnehin vorgenommen gehabt, sich bei Gelegenheit
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