Am Ende war die Tat
die Wahrheit zu sagen - Begierde bei Mädchen, die achtzehn oder jünger waren.
Das erklärte wenigstens teilweise, was mit seiner Schwester passiert war, von der Joel nie im Leben gedacht hätte, dass sie sich mit einem Typen wie The Blade einlassen würde. Aber wie er an Tobys Geburtstag hatte erfahren müssen, hatte sie genau das getan.
»Du musst ihn also beschützen, ja? Du warst damit nich' grad supererfolgreich, als er uns besucht hat.«
Cal rauchte seinen Joint zu Ende, streifte behutsam die Glut ab und steckte den Stummel in eine alte Tabaksdose. »Ich hab ihm gesagt, es wär besser, er nimmt mich mit, aber er wollte nix davon hör'n. Er wollte Arissa vorführen, wie er sein kann, verstehste? Zurückholen, was ihm gehört, und deine Schwester dazu kriegen, dass sie sich wünscht, sie wär nie gebor'n worden.«
»Wenn er glaubt, dass er das kann, kennt er Ness aber schlecht«, entgegnete Joel.
»Stimmt«, gab Cal zurück. »Is' aber auch egal. The Blade is' zu beschäftigt, um irgend'ne Schlampe richtig kennenzulern'. Zu beschäftigt für alles außer quickie fickie.«
Joel musste über den Ausdruck lachen. Calvin grinste zurück.
Die Haustür ging auf, und wie aus dem Nichts stand The Blade da. Calvin kam hastig auf die Füße, ein beachtliches Manöver angesichts seines Zustands. Joel rührte sich nicht, obwohl er den Drang verspürte, vor der Feindseligkeit in The Blades Miene einen Schritt zurückzuweichen. Der Mann warf ihm einen verächtlichen Blick zu, ignorierte ihn dann aber wie ein lästiges Insekt und richtete seine Aufmerksamkeit auf Cal. »Was soll das?«, verlangte er zu wissen.
»Ich hab nur ...«
»Halt's Maul. Nennste das Augen offen halten? Und was is' das hier für'n Scheiß?« Mit der Spitze seines Cowboystiefels kickte The Blade gegen Cals Zeichenblock. Er sah auf das Bild hinab und wieder zurück zu Cal. »Mummy, Daddy und die lieben Kleinen, was? Haste die gemalt?« Ein Lächeln kräuselte seine Lippen, dessen Bedrohlichkeit geradezu bemerkenswert war. »Vermisste sie, Mann? Fragste dich, wo sie sind? Überlegste, warum sie wohl alle eines Tages verschwunden sind? Vielleicht weil du so'n Loser bist, Cal. Schon mal drüber nachgedacht?«
Joel schaute von The Blade zu Calvin. Er wusste intuitiv, dass The Blade drauf aus war, irgendjemanden zu verletzen, und dass er selbst, Joel, umgehend von hier verschwinden musste.
Aber er wusste ebenso, dass er es sich nicht leisten konnte, ängstlich zu wirken.
»Ich hab aufgepasst, Mann.« Calvin klang demütig. »Die ganze letzte Stunde war kein Mensch hier auf der Straße, das weiß ich genau.«
»Ah ja?« The Blade warf einen Blick in Joels Richtung. »Das nennste >keiner Na ja, is' vermutlich richtig. Mickrige Promenadenmischung, genau wie seine Schwester. Die sind echt niemand.« Dann wandte er sich Joel zu. »Was willst du? Haste hier was zu tun? Haste mir was auszurichten von deiner Schwester, der kleinen Nutte?«
Joel dachte an das Messer, das Blut, die Stiche, mit denen Ness' Kopfhaut hatte genäht werden müssen. Und er dachte daran, wer seine Schwester einmal gewesen und wer sie heute war. Er verspürte eine Trauer, die er sich nicht erklären konnte. Und es war dieses Gefühl, das ihn veranlasste zu sagen: »Meine Schwester is' keine Nutte, Mann.« Er hörte Cal scharf die Luft einziehen; es klang wie der Warnlaut einer Schlange.
»Meinste?«, fragte The Blade, und er sah aus wie ein Mann, der im Begriff war, das Beste aus einer unerwarteten Gelegenheit zu machen. »Soll ich dir ma' erzähl'n, wie sie's am liebsten hat? In den Arsch. So will sie's haben. Andauernd. Jeden Tag. Ich musste der Nutte echt auf die harte Tour beibringen, es überhaupt auch ma' anders zu nehm'.«
»Kann ja sein«, gab Joel willfährig zurück, obwohl er keineswegs sicher gewesen war, dass er überhaupt ein Wort herausbringen würde, so eng war es plötzlich um seine Brust. »Aber vielleicht wusste sie einfach, dass es für dich das Beste is'. Du weiß' schon, was ich mein: Das Einzige, was du kannst.«
»Hey, Bruder ...«, begann Cal in warnendem Tonfall, aber Joel war schon zu weit gegangen. Nun musste er den Weg zu Ende gehen, sonst würde er als Feigling dastehen, und das war das Letzte, was jemand wie The Blade von ihm glauben durfte.
»Ness is' halt rücksichtsvoll«, fuhr er fort. »Wenn du kein' hochkriegst, egal wie du dich bemühst, tut sie alles, um dir zu helfen. Und außerdem, wenn du's ihr so besorgst, wie du sagst,durch die
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