Am Ende war die Tat
auferlegt wurden.«
»Ich hab kein Verbrechen ...«
»Bitte!« Majidah schnitt ihr mit einer Handbewegung das Wort ab. »Ich bin nicht im Mindesten an den Einzelheiten deiner unrühmlichen Taten interessiert. Sie spielen für unsere Zusammenarbeit keine Rolle. Du bist hier, um deine Stunden abzuleisten, und ich bin hier, um genau das zu dokumentieren. - In dem hohen Schrank neben der Spüle findest du Eimer und Mopp. Nimm bitte heißes Wasser und eine Kappe voll Ajax. Wenn du mit dem Boden fertig bist, kannst du die Toilette putzen.«
»Wo schreiben Sie meine Stunden auf?«
»Darüber brauchst du dir nicht den Kopf zu zerbrechen. Und jetzt husch, husch! Arbeit wartet auf uns beide. Die Tagesstättemuss blitzblank geputzt werden, und nur du und ich sind da, um das zu erledigen.«
»Sonst arbeitet keiner hier?«, fragte Ness ungläubig.
»Was den Tag mit Geschäftigkeit segnet«, bemerkte Majidah.
Ness konnte sich nicht vorstellen, dass sie diese Haltung je teilen würde. Widerstrebend holte sie sich den Mopp, Eimer und Putzmittel und rückte dem grünen Linoleumboden zu Leibe.
Insgesamt gab es vier Räume: Küche, Lagerraum, Toilette und Gruppenraum. Am schlimmsten waren die beiden Räume verdreckt, zu denen die Kinder Zugang hatten. Vor allem im Gruppenraum, überall wo Tische und Stühle in Miniaturgröße herumstanden, klebte der Fußboden geradezu von allen möglichen verschütteten Substanzen. In der Toilette schauderte sie bei dem Gedanken, was genau wohl hier danebengegangen war. Unter Majidahs kritischen Blicken putzte sie anschließend die Küche. Der Lagerraum müsse lediglich gründlich ausgefegt werden, wies Majidah sie an, und danach könne sie die Regale und Fensterbänke abstauben und die verbogenen Lamellenrollos säubern.
Ness' Laune war nicht gerade die allerbeste. Sie brummelte vor sich hin und warf Majidah böse Seitenblicke zu, was die pakistanische Frau geflissentlich ignorierte. Sie setzte sich an einen Schreibtisch in einer Ecke des Raums und stellte zwei Stundenpläne auf: einen für Ness, einen für die Kinder. Ness' Zuteilung zur Kindertagesstätte erschien ihr wie ein Geschenk des Himmels, und sie gedachte, sie sich vollauf zunutze zu machen. Was Ness davon hielt, war ihr gleichgültig. Die Erfahrung hatte sie gelehrt, dass harte Arbeit niemanden umbrachte. Ebenso wenig lebensgefährlich war es, wenn man lernte zu akzeptieren, was das Leben einem bescherte.
Nach dem Gerichtstermin traf Kendra sich mit Cordie, um ihren Rat einzuholen. Cordie und ihre beiden Töchter begingen in ihrem winzigen Garten am Kensal Green gerade eine gemütliche Teeparty. Manda und Patia hatten eine höfische Szeneriefür das Ereignis gewählt: Manda hatte die Rolle der Monarchin übernommen - ein uraltes Pillbox-Hütchen auf dem Kopf, Spitzenhandschuhe und eine überdimensionierte Handtasche am Arm -, und Cordie und Patia spielten die dankbare bürgerliche Öffentlichkeit, die huldvoll zum Verzehr der aufgetragenen Köstlichkeiten eingeladen war: Fanta in angeschlagenen Porzellantassen (Schnäppchen aus dem Secondhandladen), Schälchen mit Kartoffelchips (in Patias Lieblingssorte Lamm und Minze), ein Plastiksieb voll Käsepopcorn, das mitten auf dem wackligen Gartentisch thronte, und ein Teller mit krümeligen Jaffa-Keksen.
Dass die Rituale der katholischen Kirche sich von denen der Monarchie unterschieden, war Manda offenbar nicht bewusst, und so befahl sie gerade ihrer Mutter und Schwester, ihren Ring zu küssen, als Kendra zu ihnen stieß. Das kleine Mädchen stand in Ermangelung eines Thrones auf einem Gartenstuhl und ging völlig auf in ihrer Rolle: Sobald der Ring geküsst war, erteilte sie den beiden anderen Instruktionen bezüglich der Positionierung von Teetassen im Verhältnis zum kleinen Finger. Patia verkündete, all das sei Blödsinn, und verlangte, dass sie die Rollen tauschen sollten. Cordie erklärte ihr, dass sie in einem fairen Verfahren - sie hatten eine Münze geworfen - verloren hatte und deswegen ihre Rolle weiterspielen müsse bis zum nächsten Mal, wenn sie, so stand zu hoffen, mehr Glück hatte.
»Und es wird nicht geschmollt«, fügte Cordie hinzu.
Als sie Kendra entdeckte, erbat sie die Erlaubnis der Königin, sich entfernen und mit ihrer Freundin sprechen zu dürfen. Die Erlaubnis wurde zögernd erteilt, allerdings unter der Auflage, dass Cordie ihre Teetasse nicht mitnehmen durfte. Cordie knickste und schritt mit angemessener Unterwürfigkeit rückwärts vom Tisch zurück
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