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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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»potenziell problematisch« denn als »stabile Lebenssituation« bezeichnen würde.
    Als sie alles aufgeschrieben hatte, was sie für wichtig hielt, klappte Fabia Bender ihr Notizbuch zu. Sie trug Kendra auf, sich von Joel die Unterlagen aushändigen zu lassen, die Luce Chinaka ihm gegeben hatte, und sie zu unterschreiben. Ferner instruierte sie sie, Ness auszurichten, sie möge Fabia beim Jugendamt anrufen. Floskelhaft versicherte sie Dix, es sei eine Freude gewesen, ihn kennenzulernen, und sie endete mit der Bemerkung: »Ich nehme an, Ness hat kein eigenes Zimmer, wo sie schlafen und sich umziehen kann, ist das richtig, Mrs. Osborne?«
    Dix warf ein: »Ich hab ihr den Wandschirm gemacht und ...«
    Kendra unterbrach ihn. »Wir geben ihr die Privatsphäre und den Respekt, die sie braucht.«
    Fabia Bender nickte. »Verstehe.«
    Was genau sie zu verstehen glaubte, behielt sie jedoch für sich.
    Als Kendra Joel zur Rede stellte, war sie wütend und besorgt. Obwohl sie nicht die Absicht hatte, die fraglichen Unterlagen auch nur eines einzigen Blickes zu würdigen, hielt sie dem Jungen eine Predigt. Hätte er ihr die Formulare doch nur gegeben, hielt sie ihm vor, dann hätte Fabia Bender keine Notwendigkeit gesehen, zu ihnen zu kommen und einen Bericht zu schreiben. Jetzt würden sie wahrscheinlich alle möglichen Scherereien kriegen. Man würde sie durch irgendwelche Reifen hüpfen lassen, sie würden Erklärungen abgeben müssen, Untersuchungen über sich ergehen lassen und sich mit irgendwelchen Beamten herumplagen. Joels Versäumnis, eine einfache Pflicht zu erfüllen, hatte sie alle in die Klauen der Bürokratie getrieben, wo sie nun jeden zeitraubenden Unsinn würden mitmachen müssen, den das System je hervorgebracht hatte.
    Kendra wollte wissen, was er sich eigentlich dabei gedacht hatte, ihr die Formulare nicht zu geben, die die Lernzentrums- frau - in ihrer Erregung hatte sie Luce Chinakas Namen vergessen - ihm mitgegeben hatte. Ob ihm denn eigentlich klar sei,dass sie jetzt alle unter Beobachtung stünden? Ob er wüsste, was es bedeutete, wenn das Jugendamt erst einmal auf eine Familie aufmerksam geworden war?
    Natürlich wusste Joel das. Es war seine schlimmste Befürchtung. Doch diese Befürchtung auszusprechen, hätte der Furcht eine Legitimation verliehen, die sie womöglich zur Realität werden lassen konnte. Also erklärte er seiner Tante, er habe es vergessen, weil er so beschäftigt gewesen sei mit Gedanken über ... Er überlegte hastig, welchen Vorwand er vorbringen konnte, und entschied sich für Führt Worte statt Waffen. Es war nicht einmal weit von der Wahrheit entfernt.
    Er hatte nicht damit gerechnet, dass Kendra ihn ermuntern würde, zu dieser Schreibwerkstatt zu gehen, als sie davon hörte, aber genau das tat sie. Sie glaubte, es sei ein Beweis für die positiven Einflüsse in Joels Leben. Sie nahm an, die Kinder benötigten ein Gegengewicht zu der Tatsache, dass sie bei ihrer vierzigjährigen Tante lebten, die ihre niederen Instinkte Nacht für Nacht und unter beträchtlicher Lärmentwicklung mit einem dreiundzwanzigjährigen Bodybuilder befriedigte.
    So kam es, dass Joel zu Führt Worte statt Waffen ging, während er Toby bei Dix, Kendra, Pizza und einem Video zu Hause ließ. Als er Oxford Gardens erreichte, ein lang gezogenes, niedrigen Nachkriegsbauwerk - welches auch die Abteilung des Jugendamtes für jugendliche Straftäter beherbergte -, wies dort ein handgemaltes Schild den Teilnehmern den Weg zum Basement Activities Centre. Am Eingang saß eine junge schwarze Frau an einem Klapptisch und beschrieb selbstklebende Namensschilder für jeden, der durch die Tür kam. Joel zögerte, bis sie fragte: »Kommst du zum ersten Mal? Cool. Wie heißt du?«
    Joel fühlte, wie seine Wangen heiß wurden. Die Frau hatte ihn einfach so akzeptiert. Sie hieß ihn willkommen, ohne mit der Wimper zu zucken. »Joel«, antwortete er und sah zu, wie sie die vier Buchstaben auf das Klebeschild malte.
    »Lass lieber die Finger von denen mit der Vanillefüllung«, riet sie, als sie ihm das Schildchen an die Brust heftete. »Die sindhart wie Schuhsohlen. Halt dich an die Feigenschnittchen!« Sie zwinkerte ihm zu.
    Er nickte feierlich. Er wusste mit dieser Information nicht so recht etwas anzufangen, aber sie schien ihm wichtig zu sein. Er schlenderte weiter, entdeckte einen Tisch mit Blechtellern voll Keksen und Kuchen und einer Kaffeemaschine, die leise blubberte und einen angenehmen Duft verbreitete. Er wählte

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