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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Spicy Joe's. Den zweiten Platz machte ein pakistanisches Mädchen mit Kopftuch. Joel schaute genau hin. War das Hibah? Nein, doch nicht.
    Dann wurde es still im Saal, während alle auf die Bekanntgabe des Siegers warteten, der die fünfzig Pfund einstreichen würde.
    Joel machte sich keine Hoffnung. Er hatte keine Ahnung von Worten und von Gedichten erst recht nicht. Trotzdem konnte er nicht aufhören, an diese fünfzig Pfund zu denken und daran, was er damit alles tun könnte, wenn ein Wunder geschah und sich herausstellte, dass er ...
    Der Gewinner war Adam Whitburn.
    »Kommen Sie nach oben, alter Knabe, nehmen Sie ihren Preis in Empfang, und sonnen Sie sich in der Bewunderung Ihrer Mitstreiter«, sagte Ivan.
    Mit einem breiten Lächeln trat der Rasta vor. Er riss sich die Mütze vom Kopf, sodass die Dreadlocks ihm bis auf die Schultern fielen, und verbeugte sich. Als der Beifall verebbte,trat er zum zweiten Mal an diesem Abend ans Mikrofon und las sein Gedicht vor. Joel versuchte zu lauschen, aber er konnte nichts hören. Er hatte das Gefühl, als steige um ihn herum eine Flut an.
    Er wollte nur noch fliehen, doch er saß mitten in der Reihe, und um nach draußen zu gelangen, hätte er über Sitznachbarn und Kinderwagen klettern müssen. So musste er Adam Whitburns Triumph mit ansehen, und er sehnte den Moment herbei, da die Veranstaltung endete und er nach Hause gehen konnte. Doch als Adam an seinen Platz zurückkehrte, trat Ivan noch einmal ans Mikrofon. Er habe eine letzte Entscheidung zu verkünden, sagte er, denn die Jury habe auch noch einen »Meister von morgen« gekürt. Es sei das erste Mal, dass dieser Titel vergeben werde, seit Adam Whitburn selbst ihn vor fünf Jahren verliehen bekommen habe. Die Jury wolle diesem Teilnehmer eine besondere Anerkennung aussprechen, erklärte Ivan. Dann las er das Gedicht vor, und Joel hörte seine eigenen Worte.
    »Wer immer das geschrieben hat, möge auf die Bühne kommen und sich seinen verdienten Beifall abholen.«
    14
    Meister von morgen. Selbst als Führt Worte statt Waffen vorüber war, konnte Joel immer noch die Freude spüren, die er bei all dem Schulterklopfen und den Gratulationen empfunden hatte. Immer noch sah er die lächelnden Gesichter des Publikums, in die er vom Podium aus geblickt hatte, und es würde lange dauern, bis der Beifall in seiner Erinnerung verhallt war.
    Als die Versammlung sich aufzulösen begann, trat Adam Whitburn zu Joel. Er fragte: »Wie alt bist du, Bruder?« Und als Joel ihm sein Alter genannt hatte, wiederholte er grinsend: »Zwölf? Scheiße. Du hast es echt drauf, Junge.« Er schlug mit seiner Handfläche in Joels. »Solche Sachen hab ich erst mit siebzehn oder so geschrieben. Du hast 'ne besondere Gabe.«
    Ein freudiger Schauer rieselte Joels Rücken hinab. Da ihm nie zuvor jemand gesagt hatte, er sei etwas Besonderes, wusste er nicht so recht, wie er reagieren sollte, und er sagte lediglich: »Cool.« Plötzlich wollte er das Basement Activities Centre gar nicht mehr so schnell verlassen und den Abend beenden, also blieb er und half, die Plastikstühle aufzustapeln und das übrig gebliebene Gebäck zu verpacken. Dann verharrte er an der Tür, zog das Erlebnis in die Länge, zum ersten Mal in seinem Leben Teil von etwas gewesen zu sein. Er beobachtete Ivan Weatherall und einige andere, die genau wie er noch geblieben waren und sich vergewisserten, dass der Kellerraum ordentlich hinterlassen wurde. Als alles wieder an seinen Platz geräumt war, schaltete irgendwer das Licht aus, und es wurde Zeit zu gehen.
    Ivan kam pfeifend zu ihm herübergeschlendert, und seine Miene spiegelte Zufriedenheit über diesen erfolgreichen Abend wider. Er wünschte den Teilnehmern eine gute Nacht, lehnte einen angebotenen Kaffee ab und sagte: »Vielleicht ein andermal? Ich möchte mich gern noch mit unserem Meister von morgen unterhalten.« Er lächelte Joel zu.
    Reflexartig erwiderte Joel das Lächeln. Er fühlte sich mit einer Art Energie geladen, die er nicht identifizieren konnte: die schöpferische Energie, der Rausch der Erneuerung und schieren Lebendigkeit, den ein Künstler erfährt. Aber das wusste er noch nicht.
    Ivan schloss die Kellertür ab. Gemeinsam stiegen er und Joel die Treppe zur Straße hinauf. »Na also«, begann Ivan. »Gleich beim ersten Versuch hast du einen Triumph errungen. Ich würde sagen, es hat sich gelohnt, dass du vorbeigeschaut hast. Die Jury vergibt diesen Titel übrigens nicht oft, solltest du glauben, er sei leicht

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