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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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sie manchmal?«
    Majidah brach sich ein Stückchen Papadam ab und bestrich es mit Chutney. Sie antwortete: »Ein Mal. Ich bin zur Beerdigung meines Vaters hingefahren. Du isst ja gar nichts von deinem Teacake, Vanessa! Verschwende nicht mein Essen, oder wir werden kein zweites Mal zusammen Tee trinken.«
    Die Drohung schien nicht so besonders fürchterlich, aber Ness war neugierig genug auf Majidahs Geschichte, dass sie Butter auf ihren Teacake strich und zu essen begann. Ihre Gastgeberin beobachtete sie kritisch. Ness' Tischmanieren waren verbesserungswürdig, aber sie sagte nichts - bis das Mädchen die Teetasse hob und anfing zu schlürfen.
    »So geht das nicht«, erklärte Majidah. »Hat niemand dich gelehrt, wie man ein heißes Getränk zu sich nimmt? Wo ist deine Mutter? Wer sind die Erwachsenen, die für dich sorgen? Schlürfen sie auch? Dieses geräuschvolle Trinken ist gewöhnlich, Vanessa. Vulgär. Sieh her, und horch! Hörst du ein Schlürf-geräusch von meinen Lippen? Ganz bestimmt nicht. Und warum nicht? Weil ich die richtige Trinkmethode erlernt habe, und diese hat nichts mit Saugen zu tun, sondern ...« Majidah brach ab, weil Ness ihre Tasse so heftig abgestellt hatte, dass Tee auf die Untertasse schwappte - ein noch unverzeihlicherer Fauxpas. »Was ist los mit dir, du törichtes Mädchen? Willst du mein Porzellan zerbrechen?«
    Es war das Wort. Saugen. Ness hatte es nicht erwartet, hatte nicht damit gerechnet, welche Abfolge von Bildern es in ihr hervorrufen würde: geistige Erinnerungsfotos, die sie lieber vergessen hätte. »Kann ich jetzt geh'n?«, fragte sie. Es klang störrisch.
    »Was soll das heißen, kann ich jetzt gehen? Das hier ist kein Gefängnis, und du bist nicht meine Gefangene. Du kannst gehen, wann immer du es wünschst. Aber ich merke, dass ich dich irgendwie gekränkt habe ...«
    »Ich bin nich' gekränkt.«
    »... und wenn es mit deinem Teetrinken zu tun hat, möchte ich dir versichern, dass ich es nicht böse gemeint habe. Meine Absicht war lediglich, dir etwas beizubringen. Wenn niemand sich die Mühe macht, dich darauf hinzuweisen, dass deine Manieren zu wünschen übrig lassen, wie sollst du es dann lernen? Sagt deine Mutter dir nie ...«
    »Sie is' nich' ... Sie is' im Krankenhaus. Wir wohn' nich' bei ihr. Schon seit ich klein war nich' mehr, okay?«
    Majidah lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Sie wirkte nachdenklich. Sie sagte: »Entschuldigung. Das wusste ich nicht, Vanessa. Deine Mum ist krank?«
    »Is' doch egal«, entgegnete Ness. »Also, kann ich jetz' geh'n?«
    »Wie ich schon sagte, du bist hier keine Gefangene. Du kannst kommen und gehen, wie es dir gefällt.«
    Spätestens bei dieser zweiten Beteuerung, dass es ihr freistehe, hätte Ness aufstehen und sich verabschieden können. Doch sie tat es nicht, und der Grund dafür war dieses Foto auf der Fensterbank. Die kleine Majidah in Blau und Gold am Armeines Mannes, der ihr Großvater hätte sein können, fesselte Ness an ihren Stuhl. Lange betrachtete sie das Bild, und dann fragte sie: »Angst gehabt?«
    »Wovor?«, fragte Majidah. »Vor dir? Ach du meine Güte, du flößt mir nicht die geringste Angst ein.«
    »Nich' vor mir. Vor dem da.«
    »Vor wem?«
    »Dem Typ.« Sie nickte zu dem Foto hinüber. »Rakin. Hat er Ihnen Angst gemacht?«
    »Welch seltsame Frage.« Majidah betrachtete das Foto und schaute dann wieder zu Ness. Sie las in ihrem Gesicht und kam zu einer Einschätzung, die auf ihren Erfahrungen aus der Erziehung von sechs Kindern beruhte, von denen drei Mädchen gewesen waren. Leise antwortete sie: »Nun ja. Ich war nicht vorbereitet. In der Hinsicht haben meine Eltern sich an mir versündigt. Meine Mutter insbesondere. Gehorche deinem Mann, hat sie zu mir gesagt, sonst nichts. Natürlich hatte ich Tiere gesehen ... Man kann nicht auf dem Land leben, ohne gelegentlich zu sehen, wie die Tiere auf der Weide sich paaren. Auch die Hunde und Katzen. Aber ich wusste nicht, dass auch Männer und Frauen so seltsame Dinge miteinander machten. Also habe ich zuerst geweint, aber wie ich schon sagte: Rakin war sanftmütig. Er hat mich zu nichts gezwungen, und das heißt, dass ich viel mehr Glück hatte, als mir zu dem Zeitpunkt damals klar war. Als ich zum zweiten Mal heiratete, lagen die Dinge ganz anders.«
    Ness lauschte und zupfte an ihrer Oberlippe. Etwas Gewaltiges regte sich in ihr, etwas, das danach verlangte, ausgesprochen zu werden. Sie wusste nicht, ob sie die Worte finden würde, aber sie wusste ebenso

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