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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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eine weitere Sorge reicher: Wenn Joel wieder zu diesen Dichterabenden ging, wäre er nach Einbruch der Dunkelheit draußen unterwegs. Und bei Nacht draußen auf der Straße zu sein, brachte ihn in Gefahr. Irgendwie musste man dieser Gefahr begegnen. Und es gab dafür nur einen Weg. Wenn Dix ihr nicht helfen wollte, die Jungen zur Räson zu bringen, die es auf Joel und Toby abgesehen hatten, musste sie es eben selbst tun.
    Als Kendra Joel nach dem kompletten Namen des Jungen fragte, der ihm Ärger machte, wusste Joel sofort, was sie im Schilde führte, doch er brachte dies nicht mit Führt Worte statt Waffen in Zusammenhang. Sie glaubte ihm kein Wort, als er behauptete, den Namen des Jungen nicht zu kennen, mit dem er doch nach eigener Aussage auf dem Fußballplatz verabredet gewesen war. Darum war er schließlich gezwungen, ihr zu sagen, sein Name sei Neal Wyatt. Er bat sie jedoch, ihn nicht zu behelligen. »Wenn du mit Neal redest, machst du die Dinge nur noch schlimmer für mich und Tobe«, erklärte er. Im Moment sei sowieso alles in Butter. Neal habe mit dem Abfackeln des alten Kahns seinen Spaß gehabt. Seither habe Joel ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen. Letzteres war eine Lüge, aber das wusste seine Tante ja nicht. Neal war auf Distanz geblieben, aber er hatte sichergestellt, dass Joel wusste: Er war immer in der Nähe.
    Kendra fragte, ob Joel sie anlüge, und Joel gelang es, empört auf die Frage zu reagieren. Er lüge nicht, wenn es um Tobys Sicherheit gehe, erklärte er. So gut sollte sie ihn doch wenigstens kennen, wenn sie schon nicht glauben wolle, was er sagte. Das erwies sich als exzellente Strategie. Kendra war fürs Erste beruhigt. Doch Joel wusste, er konnte es nicht dabei belassen. Er hatte lediglich eine Atempause errungen. Er musste seine Tante ein für alle Mal von ihrem Plan abbringen. Und Neal loswerden.
    Offenbar war die Rückgabe des Klappmessers nicht ausreichend gewesen, um The Blade davon zu überzeugen, dass Joelseiner Aufmerksamkeit würdig sei. Joel musste persönlich mit ihm reden.
    Er nahm Abstand davon, Ness noch einmal nach seinem Aufenthalt zu fragen, denn er fürchtete, sie würde ein Theater machen, das seiner Tante womöglich nicht verborgen blieb. Stattdessen bediente er sich einer anderen Informationsquelle.
    Er machte Hibah in der Schule ausfindig. Sie saß zusammen mit Mitschülerinnen in einem der Flure im Kreis und nahm vor dem Regen geschützt ihr Mittagessen ein. Sie unterhielten sich gerade über »diese blöde Zicke Mrs. Jackson«, ihre Mathelehrerin, als Joel Hibahs Blick auffing und ihr bedeutete, dass er sie sprechen müsse. Sie kam auf die Füße und ignorierte das Gekicher der anderen Mädchen, weil sie sich mit einem Jungen unterhielt.
    Joel kam gleich zur Sache. Er müsse The Blade treffen, eröffnete er ihr und fragte, ob sie wisse, wo er zu finden sei.
    Genau wie seine Schwester fragte auch Hibah, was zum Teufel er ausgerechnet von The Blade wolle. Doch sie wartete keine Antwort ab, sondern sagte, sie habe keine Ahnung. Das wisse niemand, den The Blade nicht persönlich auserwählt habe. Und dazu gehöre kein Mensch, den sie kenne.
    Dann fragte sie erneut, warum er ihn unbedingt ausfindig machen wolle, beantwortete die Frage aber sogleich selbst. »Neal.« Es war eine Feststellung. »Er macht dir Ärger. Das Boot und so. Stimmt's?«
    Statt einer Antwort stellte Joel ihr die Frage, die er schon lange mit sich herumtrug: Was hatte sie eigentlich davon, mit einem Mistkerl wie Neal Wyatt rumzuhängen?
    »Er is' nich' immer so.«
    Was sie nicht sagte und nie hätte in Worte kleiden können, war, was Neal Wyatt in ihren Augen darstellte: einen Heathcliff der Gegenwart, einen Rochester oder hundert andere dunkle Heldengestalten der Literatur, auch wenn er in Hibahs Vorstellung eher den geheimnisvollen, unauslotbaren und unverstandenen Helden darstellte, der in modernen Liebesromanen zu finden war, im Fernsehen oder in Kinofilmen. Sie war,mit anderen Worten, ein Opfer des Mythos, der Frauen seit der Zeit der Troubadoure aufgezwungen wurde: Liebe überwindet alles, die Liebe errettet, und sie erduldet alles.
    »Ich weiß, dass ihr beide Schwierigkeiten habt, Joel, aber das is' eine Sache, bei der's um Respekt geht.«

Joel schnaubte verächtlich.
    Hibah war nicht beleidigt, aber sie nahm es als Aufforderung fortzufahren. »Neal is' clever, weißte. Er könnt's hier zu was bringen, wenn er wollte«, sagte sie mit einer Geste auf den Schulkorridor. »Er könnte alles

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