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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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wenn man eine Frau heiratet, die anderen Leuten in den Mund schaut, Sayf al Din. Du solltest nicht überrascht sein. Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass es so kommt.«
    Sayf al Din kam in die Küche, lehnte sich an den Türrahmen und lauschte gutmütig den Ausführungen seiner Mutter über deren Lieblingsthema. In der Hand hielt er eine abgedeckte Schüssel, die er ihr hinhielt, nachdem sie verstummt war. »May hat Rogan-Josh-Lamm für dich gemacht«, sagte er. »Anscheinend hat sie zwischen ihren heimlichen Treffen mit dem Kieferorthopäden noch Zeit gefunden, sich in die Küche zu stellen.«
    »Meinst du, ich sei nicht in der Lage, mir mein Essen selbst zu kochen, Sayf al Din? Was denkt sie sich eigentlich? Dass ihre Schwiegermutter den Verstand verloren hat?«
    »Ich glaube, sie versucht, dich für sich einzunehmen, obwohl ich nicht weiß, warum. Wenn man's genau betrachtet, bist du ein richtiger Drachen, und sie sollte sich die Mühe sparen.« Ertrat zu ihr, küsste sie und stellte die Schüssel auf die Arbeitsplatte.
    »Pah«, machte seine Mutter, doch ihr Ausdruck verriet Freude, und sie warf einen Blick unter die Alufolie und schnupperte neugierig.
    Sayf al Din begrüßte Ness, schenkte kochendes Wasser in die Teekanne und ließ es ein wenig umherschwappen, um das Porzellan anzuwärmen. Er und seine Mutter bereiteten den Tee wie ein eingespieltes Team und sprachen dabei über Familienangelegenheiten, als wäre Ness gar nicht anwesend: seine Brüder und ihre Frauen, seine Schwestern und ihre Männer, die Kinder, die Jobs, ein Autokauf, ein baldiges Familienessen, um einen ersten Geburtstag zu feiern, jemandes Schwangerschaft, jemandes anderen Hausumbau in Eigenregie. Sie brachten den Tee zusammen mit Majidahs Papadams zum Tisch, schnitten ein Früchtebrot an und toasteten Brot, nahmen Platz, schenkten Tee ein, nahmen sich Milch und Zucker.
    Ness fragte sich, was sie von alldem halten sollte: Mutter und Sohn harmonisch beisammen. Es berührte einen wunden Punkt in ihrem Innern. Sie wollte verschwinden, aber sie wusste, Majidah würde es nicht zulassen. Inzwischen kannte sie deren Art und hatte gelernt, dass Majidah niemals etwas tat, ohne dass sie damit eine bestimmte Absicht verfolgte. Also blieb Ness nichts anderes übrig als abzuwarten und zu sehen, was es denn diesmal sein würde.
    Schließlich nahm Majidah einen Umschlag von der Fensterbank. Er hatte neben dem Foto von ihr und ihrem ersten Mann - Sayf al Dins Vater - gestanden. Sie schob Ness den Umschlag über den Tisch zu und forderte sie auf, ihn zu öffnen. Danach würden sie ein Thema erörtern, das für sie alle von höchster Wichtigkeit sei, erklärte sie.
    In dem Umschlag fand Ness sechzig Pfund in Zehn-Pfund- Noten. Dies sei das Geld, das sie für die Fahrtkosten brauche, erklärte Majidah. Es sei kein Geschenk; Majidah hielt nichts von Geldgeschenken an junge Mädchen, die nicht nur keine Familienmitglieder waren, sondern obendrein auch noch kri-minell, und die gerade die ihnen aufgebrummte gemeinnützige Arbeit ableisteten. Es sei ein Kredit, der mit Zinsen zurückgezahlt werden müsse, und wenn Ness wisse, was gut für sie sei, werde sie ihn zurückzahlen.
    Ness ahnte, wofür dieses Geld gedacht war. Sie fragte: »Wie soll ich das zurückzahl'n, wenn ich den Kurs mach' und in der Kindertagesstätte arbeite und sonst kein' Job hab?«
    »Oh, dieses Geld ist nicht für deine Fahrten nach Fulham gedacht, Vanessa«, teilte Majidah ihr mit. »Mit diesem Geld sollst du nach Covent Garden fahren, wo du das Geld verdienen wirst, um die Fahrtkosten nach Fulham zu bestreiten und das Darlehen zurückzuzahlen.« Und an Sayf al Din gewandt, fügte sie hinzu: »Sag es ihr, mein Sohn.«
    Rand, berichtete er, arbeitete nicht mehr für ihn. Ihr Mann hatte nicht länger tolerieren wollen, dass sie mit einem anderen Mann im selben Raum zusammenarbeitete, selbst wenn sie vom Scheitel bis zur Sohle in ihrem klaustrophobischen Tschador eingehüllt war.
    »Was für ein Schwachkopf«, warf Majidah überflüssigerweise ein.
    Darum musste Sayf al Din eine neue Näherin einstellen. Seine Mutter hatte ihm erzählt, dass Ness sich für die Hutmacherei interessierte, also: Sollte sie eine Anstellung suchen, wäre er gern bereit, sie zu nehmen. Sie würde kein Vermögen verdienen, aber genug, um die Fahrtkosten zum Fulham Broadway zu bestreiten. Selbst nachdem sie Majidah ihr Geld zurückgezahlt habe, warf diese ein.
    Aber hatte Rand nicht Vollzeit gearbeitet?, wollte Ness

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