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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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und betrat die nächste Telefonzelle. Nach wenigen Minuten hatte er alles arrangiert. Was er indessen nicht berücksichtigt hatte, war die Aufgabe, die The Blade ihm stellen wollte. Cal machte ihm das bald darauf klar, jedoch nicht, ohne zuvor eine versteckte Warnung auszusprechen. Als Joel von der Telefonzelle zurückkam, fragte Cal ihn, ob er sich die Sache auch gründlich überlegt habe.
    »Ich bin nich' blöd«, lautete Joels Antwort. »Ich weiß, wie's läuft. The Blade tut was für mich, und dann bin ich ihm was schuldig. Ich hab's kapiert, Cal, und ich bin bereit.« Er zog seinen Hosenbund hoch, um dieser Behauptung Nachdruck zu verleihen. Lass uns gehen, schien die Geste zu sagen. Er war zu allem entschlossen. Er brannte geradezu darauf, The Blade seinen Eifer und seine Ergebenheit zu beweisen.
    Cal musterte ihn ernst, ehe er sagte: »Dann komm.« Er schlug den Weg nach Westen in Richtung Kensal Green ein.
    Unterwegs sagte er kein Wort, und er wandte sich auch nicht um, um sicherzugehen, ob Joel ihm auch folgte. Er hielt nicht an, bis sie zu der hohen Mauer des verfallenen, überwucherten Friedhofs von Kensal Green kamen. Vor dem hohen Tor sah er Joel schließlich an. Der Junge konnte sich überhaupt nicht vorstellen, was er hier tun sollte. Der Gedanke an Grabraub drängte sich ihm auf, und der war nicht besonders attraktiv.
    Der Friedhofseingang wurde von einem Bogen überspannt. Dahinter an einem rechteckigen, asphaltierten Vorplatz lag ein Pförtnerhäuschen, hinter dessen Vorhängen Licht schimmerte. Von diesem Vorplatz aus verlief der Hauptweg des Friedhofs in einem Bogen in westlicher Richtung. Er war übersät mitdem Laub zahlloser Bäume, die hier wild und unbeschnitten wuchsen.
    Diesen Pfad schlug Cal ein. Joel versuchte, dies alles als ein herrliches Abenteuer zu betrachten. Er redete sich ein, dass es ein Mordsspaß sein würde, an einem gruseligen Ort wie diesem einen Auftrag auszuführen. Er und Cal würden in der rasch hereinbrechenden Dunkelheit irgendein Grab leer räumen und sich hinter einem der windschiefen Grabsteine verstecken, sollte ein Friedhofswärter vorbeikommen. Sie würden aufpassen müssen, damit sie nicht in eines der einsackenden Gräber fielen, vor denen Schilder entlang des Weges warnten. Und wenn sie fertig waren, würden sie über die Mauer klettern und sich mit der Beute davonmachen. Es war fast so etwas wie eine Schnitzeljagd, entschied er.
    Doch in der frühen Abenddämmerung war der Friedhof ein schauriger Ort und wenig förderlich für die Abenteuerlust, die Joel sich einreden wollte. Riesige, efeuverschleierte Engel mit ausgebreiteten Flügeln beteten auf Monumenten und Mausoleen, alles war mit Gesträuch und Unkraut überwuchert, und der Friedhof wirkte eher wie eine Geisterstadt als wie ein Ort, an dem die Seele Frieden finden konnte. Beinah rechnete Joel damit, dass Nebelgestalten aus den Grabmälern gekrochen kamen oder kopflose Gespenster durchs Unterholz schwebten.
    Im schwindenden Licht schlug Cal einen der Trampelpfade ein, die vom Hauptweg abzweigten. Nach vielleicht fünfzig Schritten verschwand er durch eine dichte Thujahecke, und als Joel sich wenig später hindurchzwängte, fand er sich vor einem riesigen, moosbewachsenen Grabmal wieder, eine Art Kapelle, doch dort, wo einmal die drei Kirchenfenster gewesen waren, waren die Öffnungen zugemauert worden, und die Tür war so dicht mit Wacholder zugewachsen, dass man eine Machete gebraucht hätte, um sich einen Zugang zu schlagen.
    Cal war nirgendwo zu sehen, und plötzlich überkam Joel die Furcht vor einem Hinterhalt. Seine anfängliche Beunruhigung nahm in dem Maße zu, wie ihm klar wurde, dass niemand wusste, wo er war. Er dachte an Cals Warnung und seine eigenevorgetäuschte Verwegenheit. »Scheiße«, murmelte er vor sich hin und lauschte angestrengt in die Dunkelheit. So würde er zumindest ausloten können, woher ein Angreifer kam, wenn sich hier jemand auf ihn stürzen wollte.
    Dann hörte Joel ein Rascheln, das von der Thuja herzukommen schien, und wich zurück. Eine hölzerne Bank stand ungefähr drei Meter von dem Mausoleum entfernt, und Joel kletterte darauf. Von seiner erhöhten Position aus entdeckte er, was er vom Boden aus nicht hatte sehen können: Das Spitzdach des Bauwerks war einst mit rechteckigen Schieferplatten gedeckt worden, von denen jetzt einige fehlten, sodass ein großes Loch entstanden war. Das Innere des Grabmals war den Elementen ausgesetzt.
    Die Laute, die Joel hörte,

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