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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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nur acht Jahre älter war als sie selbst, und Joel hatte ebenfalls kein Interesse. Er vertraute vielmehr darauf, dass die Sache mit Neal Wyatt jetzt, da er The Blade seine Zuverlässigkeit bewiesen hatte, in Kürze geregelt würde. Und sobald das der Fall war, konnte das Leben weitergehen, und sie alle wären wieder einigermaßen sicher. Also wies Joel Dix' gut gemeinte Versuche, so etwas wie eine Männerfreundschaft aufzubauen, brüsk zurück. Dix' Angebote, mit ihm zu trainieren und nach der Schule im Rainbow Café zu arbeiten, schlug er aus. Er hörte Nacht für Nacht, dass Dix und seine Tante ihre sexuelle Beziehung mit großem Enthusiasmus wieder aufgenommen hatten. Das, glaubte Joel, war der wahre Grund für Dix' Rückkehr in den Edenham Way. Es hatte nichts mit den Campbells zu tun oder Dix' angeblichem Interesse, seine Vaterqualitäten an ihnen auszuprobieren.
    Dix reagierte geduldig auf Joels Zurückweisung - im Ge-gensatz zu Kendra. Sie beobachtete Joels Desinteresse an Dix' Vorschlägen nur ein paar Tage lang, ehe sie beschloss zu intervenieren - an einem Abend, als der Junge bereits ins Bett gegangen und Dix zum Training ins Studio gefahren war. Sie betrat das Schlafzimmer der Jungen und fand sie beide in Pyjamas, Joel mit geschlossenen Augen auf seiner Seite und Toby an das verschrammte Kopfteil gelehnt, das Skateboard auf dem Schoß, an dessen Rädern er niedergeschlagen herumspielte.
    »Schläft er?«, fragte sie Toby.
    Toby schüttelte den Kopf. »Er atmet ganz komisch, wenn er schläft.«
    Kendra setzte sich auf Joels Bettkante. Sie berührte seinen Kopf, und das drahtige Haar fühlte sich an wie Zuckerwatte. »Setz dich mal hin, Joel«, sagte sie. »Wir müssen reden.«
    Joel gab weiterhin vor zu schlafen. Worüber sie auch reden wollte, er war sicher, es konnte nichts Gutes sein. Bislang war es ihm gelungen, sie darüber im Unklaren zu lassen, wo er während seiner Abwesenheit gewesen war, und genau so sollte es bleiben. Sie legte die Hand auf seine Hüfte und versetzte ihm einen Klaps. »Jetzt komm schon«, forderte sie ihn auf. »Ich weiß, dass du wach bist. Es wird Zeit, dass wir reden.«
    Aber sie wollte genau über das reden, was Joel unausgesprochen lassen wollte, zumal sie, so redete er sich ein, ihn ohnehin nicht verstehen würde. Ungeachtet der Tatsache, dass sie Verwandte waren, unterschied ihr Leben sich grundlegend. Sie hatte immer jemanden gehabt, auf den sie sich verlassen konnte, also würde sie nie begreifen, wie es war, wenn man vollkommen auf sich allein gestellt war: selbst ein Fels für andere, aber weit und breit niemand in Sicht, auf den man selber bauen konnte. Sie hatte keine Ahnung, wie sich das anfühlte.
    Er nuschelte: »Will schlafen, Tante Ken.«
    »Später. Jetzt wird erst mal geredet.«
    Er rollte sich zusammen und umklammerte die Decke, damit sie sie nicht wegziehen konnte.
    Kendra seufzte. »Na schön«, sagte sie, und dann klang ihre Stimme so entschlossen, dass Joel hellhörig wurde. »Du triffsteine Entscheidung, Joel, und das ist in Ordnung und erwachsen, solange du bereit bist, mit den Konsequenzen zu leben. Möchtest du darüber vielleicht mal nachdenken? Möchtest du an deiner Entscheidung festhalten oder sie ändern?«
    Joel schwieg.
    Sie sagte seinen Namen, und jetzt klang sie ungeduldiger, weniger wie eine einfühlsame Tante, die einen vernünftigen Vorschlag machte. »Wir versuchen, dir zu helfen, aber du kommst uns keinen Schritt entgegen. Weder mir noch Dix. Du willst dir nicht in die Karten gucken lassen, und ich nehme an, das ist dein gutes Recht. Aber weil ich nicht weiß, was mit dir los ist, muss ich meine Pflicht tun, um deine Sicherheit zu gewährleisten. Also zur Schule und wieder zurück, und du holst Toby ab. Das ist alles. Mehr ist nicht drin. Das ist von jetzt an dein Leben.«
    Joel öffnete die Augen. »Das ist nicht fair.«
    »Kein Schreibkurs, keine Besuche bei Ivan. Keine Besuche bei deiner Mutter, es sei denn, ich begleite dich. Wir sehen uns die nächsten zwei Monate an, wie du zurechtkommst, und dann verhandeln wir neu.«
    »Aber ich hab doch gar nix ...«
    »Glaub ja nicht, ich wäre ein Idiot«, unterbrach sie. »Ich weiß genau, dass diese ganze Sache auf diesen kleinen Mistkerl zurückgeht, mit dem du aneinandergeraten bist. Also werde ich mich auch darum kümmern.«
    Joel warf sich zu ihr herum und setzte sich auf. Ihr Ton deutete schon an, was als Nächstes kommen würde. Er suchte nach einem Weg, um sie davon abzubringen. »Da

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