Am Ende war die Tat
setzte und die Hand auf ihr Bein legte. »Hat er irgendwas gesagt?«
Dix schüttelte den Kopf. »Das is' nich' gut«, erklärte er. »So fängt's an, wenn sie abrutschen, Ken.«
»Ich weiß«, sagte sie erschöpft. »Ich weiß. Ich habe einen Exmann in Wandsworth im Gefängnis, wie du vielleicht noch weißt, und auf einmal erkenne ich ihn andauernd in Joel wieder. Er ist in irgendwas verstrickt. Drogen? Einbrüche? Autoklau? Raubüberfälle auf Rentner? Ja, so fängt es immer an. Glaub nicht, ich wüsste das nicht, Dix. Ich weiß es.«
»Du muss' ihm 'n Riegel vorschieben.«
»Meinst du, das wäre mir nicht klar? Ich hatte in der Schule schon einen Mentor für ihn, nur jetzt hab ich dem Mann die Cops auf den Hals gehetzt, also kann ich kaum erwarten, dass er Joel weiterhin betreuen will, oder? Dann hat diese Frau vom Jugendamt mir von dieser Einrichtung erzählt, wo Jungen wie Joel auf den rechten Pfad zurückgebracht werden, nur das ist weit weg, in Elephant and Castle, und ich kann Joel nicht jeden Tag nach der Schule dahin fahren lassen, weil ich seine Hilfe mit Toby brauche ...« Sie zupfte an der Tagesdecke. Ihr Kopf tat weh, und sie hatte zwei Nächte nicht geschlafen. Sie konnte nicht mehr.
»Er braucht 'nen Vater«, sagte Dix.
»Tja, er hat aber keinen.«
»Dann braucht er jemand', der die Rolle eines Vaters für ihn übernimmt.«
»Ich dachte, dieser Ivan ...«
»Komm schon, Ken. Ein Weißer? Vor allem so einer? Kannste dir vorstellen, dass der jemand is', dem Joel nacheifern will? Denn das isses, was er braucht: Jemand, der wie ein Vater vor ihm steht, und dieser jemand muss einer sein, dem er nacheifern will.«
»Joel ist doch selbst zum Teil weiß.«
»Genau wie du. Aber das hier hat nix mit schwarz oder weiß zu tun. Hier geht's um 'ne praktische Lösung und darum zu überlegen, wen oder was der Junge bewundern könnte.«
»Also, was schlägst du vor?«
Für Dix war der Fall sonnenklar: Er werde wieder bei ihnen einziehen, erklärte er. Er vermisse sie, und er wisse, dass es ihr ebenso ging. Dieses Mal werde es klappen. Das einzige Problem beim letzten Mal sei gewesen, dass er zu sehr mit seinem Bodybuilding beschäftigt gewesen sei, um ihr und den Kids die nötige Aufmerksamkeit zu widmen. Aber das müsse ja nicht wieder passieren. Er werde sich ändern. Das musste er, richtig?
Kendra wandte ein, dass die Dinge jetzt noch viel schwieriger seien als beim letzten Mal, da sein eigener Vater sich doch immer noch nicht vollständig von seinem Herzinfarkt erholt hatte und Dix daher an mehr Fronten kämpfen musste als je zuvor. Doch Dix hielt dagegen, dass die Situation sich gebessert habe und ihnen Möglichkeiten bot, über die sie noch gar nicht gesprochen hatten.
Was für Möglichkeiten, wollte Kendra wissen.
Dix erklärte, Joel könne im Rainbow Café arbeiten, sich ein bisschen ehrliches Geld verdienen und sich so gleichzeitig Ärger vom Hals halten. Und er könne mit Dix zusammen im Fitnessstudio trainieren. Außerdem konnte er weiter zur Schule gehen, bei der Betreuung von Toby helfen und weiterhin seinen Lyrikkurs besuchen. So hätte er keine Zeit mehr für krumme Dinger. Und er hätte außerdem einen Mann seiner Hautfarbe als Vorbild, das er dringend brauchte.
»Und du willst nichts als Gegenleistung?«, fragte Kendra. »Du willst all das aus purer Freundlichkeit tun? Wie kommt es nur, dass ich das nicht glauben kann?«
»Ich werd dir nix vorlügen. Ich will dich. Ich hab dich immer gewollt, Ken.«
»Das sagst du heute. Aber in fünf Jahren ...« Kendra seufzte. »Dix. Ich kann dir nicht geben, was du willst, Baby. Irgendwie musst du das doch wissen.«
»Wie kannst du das sagen?«, fragte er und legte ihr liebevoll die Hand an die Wange. »Du gibs' mir das Einzige, was ich im Moment will.«
Also kehrte Dix zu ihnen zurück, und von außen betrachtet sahen sie aus wie eine Familie. Dix ging behutsam vor, doch mit dreiundzwanzig - wenn auch schon fast vierundzwanzig - war er mit der Aufgabe, die er sich selbst gestellt hatte, hoffnungslos überfordert: ein heranwachsendes Mädchen in der Pubertät, ein Junge an der Schwelle zum schwierigen Teenageralter und ein Achtjähriger mit Bedürfnissen, die weit über Dix D'Courts Fähigkeiten hinausgingen. Wären dies normale Kinder in normalen Lebensumständen gewesen, hätte er vielleicht trotz seiner Jugend eine Chance bei ihnen gehabt, denn sogar sie merkten, dass er es gut meinte. Aber Ness wollte nichts von einer Vaterfigur wissen, die
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