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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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war. Aber auch diese Befürchtung bewahrheitete sich nicht. Vielmehr kam Joel unbehelligt bis zur Straßenecke, bis ein Auto neben ihm anhielt. Die Beifahrertür schwang auf, und Cal Hancock stieg aus.
    Joel musste nicht nachsehen, um zu wissen, wer am Steuer saß. Als Cal ihm zunickte, stieg er hinten ein, ohne Fragen zu stellen. Der Wagen schoss auf die Straße. Joel war nicht so einfältig zu glauben, The Blade werde ihn nach Hause fahren.
    Niemand sprach, und dieser Umstand machte Joel weit mehr zu schaffen, als wenn The Blade ihn angebrüllt hätte. Er hatte bei seiner Mission, die alte Dame zu überfallen, versagt, und das war schlimm genug. Noch schlimmer war allerdings, dass er die Pistole verloren hatte. Doch das Allerschlimmste war, dass er die Waffe an die Bullen verloren hatte. Sie würden versuchen, sie zurückzuverfolgen. Wahrscheinlich waren The Blades Fingerabdrücke darauf. Und wenn die Cops seine Fingerabdrücke aus irgendeinem Grund in den Akten hatten, dann steckte The Blade in Schwierigkeiten. Hinzu kam der finanzielle Verlust, jetzt da die Pistole nicht mehr auf dem Schwarzmarkt verkauft werden konnte.
    Die angespannte Atmosphäre im Wagen kam Joel vor wie ein windstiller, tropischer Tag. Das setzte seinem Bauch mehr zu, als er aushalten konnte, also fragte er schließlich: »Wieso bin ich draußen, Mann?« Er richtete die Frage an beide Männer auf den Vordersitzen.
    Keiner antwortete.
    The Blade bog viel zu schnell um eine Kurve und musste einen Schlenker machen, um einer farbenfroh gekleideten afrika-
    nischen Frau auf einem Zebrastreifen auszuweichen. Er fluchte. »Scheißmissgeburt.«
    »Danke jedenfalls«, sagte Joel, für was auch immer The Blade getan haben mochte, um ihn rauszuholen. Es musste The Blade gewesen sein, der ihm geholfen hatte. Andernfalls wäre er niemals so ohne Weiteres auf freien Fuß gesetzt worden. Es war eine Sache, sich bei einem versuchten Handtaschendiebstahl oder Straßenraub schnappen zu lassen. Für so etwas landete man vor dem Richter, musste Beratungen mit jemandem wie Fabia Bender über sich ergehen lassen und vielleicht Sozialstunden in einer Einrichtung wie der Kindertagesstätte in Meanwhile Gardens ableisten. Aber sich mit einer Schusswaffe schnappen zu lassen war etwas völlig anderes. Ein Messer war schlimm genug, aber eine Pistole ... Eine Pistole bedeutete mehr als eine Gardinenpredigt von einem wohlmeinenden, aber im Grunde ratlosen Erwachsenen.
    Also konnte Joel sich beim besten Willen nicht vorstellen, was The Blade getan hatte, um ihn aus den Klauen der Polizei zu befreien. Noch weniger wusste er, warum - es sei denn, The Blade befürchtete, Joel sei im Begriff gewesen, ihn zu verpfeifen. In dem Fall wäre Joel derjenige, der einer Lektion bedurfte, wie The Blade sie doch eigentlich Neal Wyatt hatte verabreichen sollen.
    Sie fuhren nicht Richtung Edenham Estate. Joels Verdacht, dass ihm tatsächlich etwas blühte, erhärtete sich. Sie hielten auf Wormwood Scrubs zu, einem Stück Wildnis, und dort, fiel Joel wie Schuppen von den Augen, würde es ein Leichtes für The Blade sein - helllichter Tag oder nicht -, ihm eine Kugel in den Kopf zu jagen und ihn einfach liegen zu lassen, sodass irgendwer ihn ein paar Stunden, Tage oder gar Wochen später finden mochte. The Blade würde wissen, wo man eine Leiche ablegen musste, damit sie erst zu dem Zeitpunkt gefunden wurde, der ihm genehm war. Und wenn er überhaupt nicht wollte, dass sie gefunden wurde, würde The Blade auch das arrangieren.
    Joel beteuerte: »Ich hab nix gesagt, Mann. Kein' Ton.«
    Cal warf ihm vom Beifahrersitz aus einen Blick zu, in demnichts auch nur annähernd Beschwichtigendes lag. Dies war ein vollkommen anderer Cal, ein Mann, der eine Miene aufgesetzt hatte, die Joel bedeutete, dass er den Mund halten sollte. Doch Joel, der sein Leben in Gefahr wusste, hatte keine Ahnung, wie er das fertigbringen sollte.
    The Blade schaltete zurück, und sie bogen wieder um eine Straßenecke. Sie kamen an einem Zeitungskiosk vorbei, wo eine Reklametafel des Evening Standard in fetten blauen Buchstaben verkündete: »Serienmörder schlägt wieder zu!« Das schien Joel wie eine Ankündigung dessen, was ihm selbst bevorstand. Er spürte, wie sich eine Last auf seine Brust legte. Mühsam würgte er seine Tränen hinunter.
    Er senkte den Blick und stierte in seinen Schoß. Er wusste genau, wie gründlich er alles vermasselt hatte. Er hatte The Blade gezwungen, einen Gefallen einzufordern oder jemanden

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