Am Ende war die Tat
gefrorener Nebel niedergeschlagen hatte, und während Joel und Toby zum Hauptgebäude gingen, senkte sich neuer Nebel herab. Wie in einem Gruselfilm waberte der Dunst um das Haus.
Als sie eintraten, schlug ihnen warme Luft entgegen wie in einem Gewächshaus. Sie taumelten durch die Hitze und erreichten den Empfang, wo Joel ihre Namen nannte. Carole Campbell sei draußen im Kosmetikmobil, erfuhr er. Sie könnten entweder hier in der Lobby auf sie warten oder zu dem Caravan gehen, der hinter dem Hauptgebäude auf dem Personalparkplatz stand. Ob er wisse, wo das sei?
Sie würden ihn schon finden, erwiderte er. Wieder nach draußen zu kommen, erschien ihm weitaus besser, als zwischen den Plastikpflanzen in der Lobby dahinzuschmelzen. Er zog Toby den Anorak wieder an, den der kleine Junge bereits abgelegt und auf den Boden geworfen hatte, und sie traten zurück ins Freie. Sie schlitterten einen Betonpfad entlang, folgten ihm um einen Gebäudeflügel herum, wo er sich schließlich gabelte, in die eine Richtung zur allgemeinmedizinischen Abteilung, in die andere zum Personalparkplatz.
Bei dem fraglichen Caravan handelte es sich um einen kleinen, rundlichen Wohnwagen von der Sorte, wie man sie früherhäufig überall in England auf dem Land gesehen hatte, bis es preiswertere Flüge an die spanische Küste gab. »Ich fahre für ihre Haare«, stand in fetten Buchstaben auf einem Schild - ein lahmer Reim, über den wohl nur der Verfasser schmunzeln konnte. Daneben war ein Regenbogen gemalt, der nicht zu einem Topf voller Gold führte, sondern zu einer Trockenhaube. Eine Comicfrau mit Lockenwicklern eilte durch kleine Wölkchen, um darunter Platz zu nehmen. Über der Tür prangte ein zweiter Regenbogen.
Joel führte Toby zwei glitschige Stufen hinauf.
Drinnen war es warm, aber nicht so unerträglich heiß wie in der Klinik. Eine Friseurin kümmerte sich gleichzeitig um die Haare dreier Frauen. Am hinteren Ende befand sich der Bereich für Maniküre und Fußpflege. Dort entdeckten Joel und Toby ihre Mutter, die von einem jungen Mädchen bedient wurde, die wild vom Kopf abstehende Haare in Rot, Blau und Purpur trug - wie die stolze Flagge einer neu gegründeten Nation.
Carole Campbell sah ihre Söhne zuerst nicht. Sie und die Kosmetikerin waren voll und ganz auf ihre Nägel konzentriert. »Ich weiß nicht, wie ich's Ihnen sonst noch erklären soll, Liebes«, sagte das junge Mädchen gerade. »Sie haben einfach keine ausreichend große Grundlage. Sie werden nicht halten. Wenn Sie damit irgendwo anstoßen, brechen sie sofort ab.«
»Das ist doch ganz egal.« Caroles Stimme klang aufgekratzt. »Machen Sie's trotzdem. Sie sind nicht schuld, wenn sie abfallen. Aber bald ist Valentinstag, und da will ich Glitter. Den schönsten, den Sie haben.« Dann schaute sie auf, und als ihr Blick auf Joel fiel, lächelte sie. »Ach, du meine Güte, gucken Sie mal, wer zu Besuch kommt, Serena. Direkt hinter Ihnen! Sagen Sie mir, dass ich keine Halluzination habe! Ich hab doch nicht vergessen, meine Tabletten zu nehmen?«
»Immer zu einem kleinen Scherz aufgelegt, was, Caro?«, rief die Friseurin herüber, die etwas Zähflüssiges, Klebriges auf das strähnige Haar einer Kundin auftrug.
Serena folgte Caroles Wunsch. Man hatte ihr beigebracht, auf die Patienten einzugehen, damit sie sich nicht aufregten.
Sie warf Joel und Toby einen Blick zu, grüßte sie mit einem Nicken und sagte zu ihrer Kundin: »Alles in Ordnung, Liebes. Keine Halluzination. Gehören diese beiden kleinen Kerle zu Ihnen?«
»Das ist mein Joel«, erklärte Carole. »Mein großer Joel! Sehen Sie nur, wie er gewachsen ist, Serena! Komm, und sieh dir an, was Serena mit Mummys Fingernägeln macht, Liebling.«
Joel wartete, dass sie Toby begrüßte und der Kosmetikerin vorstellte. Toby hielt sich schüchtern im Hintergrund, also zog Joel ihn nach vorn. Carole war wieder dazu übergegangen, ihre Nägel zu begutachten. »Is' okay«, raunte Joel seinem Bruder zu. »Sie is' grad mit was ander'm beschäftigt, und sie konnte noch nie zwei Sachen gleichzeitig machen.«
»Ich hab doch mein Skateboard mitgebracht«, erinnerte Toby ihn. »Ich kann drauf fahr'n, Joel. Ich kann es Mum zeigen.«
»Wenn sie hiermit fertig is'«, erwiderte Joel.
Zusammen traten sie näher an das provisorische Nagelstudio heran. Carole hatte ihre Hände mit gespreizten Fingern auf ein weißes Handtuch gelegt, das nicht so sauber war, wie man es sich hätte wünschen können. Wie leblose Laborproben lagen
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