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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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er glaubte kaum, dass seine Tante so weit gehen würde, wenn sie doch nirgendwo sonst im Zimmer etwas aufspüren konnte.
    Kendra kippte seinen Rucksack aus und durchkämmte den Inhalt - eine Frau auf einer unbestimmten Mission. Sie suchte nach irgendetwas, ohne zu wissen, was es war - vielleicht einen Beweis, dass er einen erfolgreichen Straßenraub begangen hatte. Größere Mengen Bargeld, die darauf hinwiesen, dass er mit verbotenen Substanzen handelte, mit Drogen, Zigaretten, Alkohol oder mit Waffen. Es spielte keine Rolle. Sie wollte nur irgendetwas finden, das ihr ein Zeichen gab, was sie als Nächstes tun sollte, denn genau wie Joel gingen ihr die Optionen aus, wenn auch aus anderen Gründen.
    Sie fand nichts. Weder im Rucksack, unter dem Bett oder darin, zwischen den Bücherseiten, hinter den Postern an der Wand noch in der Kommode. Ihre nächste Maßnahme bestand darin, Joel zu filzen, und er zog sich mit einer gleichgültigen Bereitwilligkeit aus, die sie in Rage versetzte.
    Toby!, ging ihr auf. Sie fragte sich, warum sie nicht früher darauf gekommen war. Also wurde auch er aufgefordert, die Kleidung abzulegen, was wiederum Joel in Rage versetzte.
    Er brüllte: »Ich hab's dir doch gesagt! Ich hab nix zu tun mit ...« Er brach ab.
    »Was?«, hakte Kendra nach. »Womit? Was?«
    Joel wäre gerne aus dem Zimmer stolziert, aber Dix stand als unüberwindliches Hindernis in der Tür. Toby weinte noch bitterlicher als zuvor. In Unterwäsche ließ er sich aufs Bett fallen.
    Joel kochte vor Wut, aber er unternahm nichts. Er konnte nichts tun, und das wusste er. Also sagte er seiner Tante die Wahrheit: »Ich hab's gewonnen, okay? Ich hab das Scheißgeld bei Führt Worte gewonn'. Fünfzig Pfund. Alles klar? Fühlste dich jetz' besser?«
    »Abwarten«, entgegnete sie, ging in ihr Schlafzimmer hinüber und führte ein Telefonat. Sie hatte die Türen offen gelassen, damit Joel es auch ganz bestimmt hörte.
    Sie berichtete Ivan Weatherall von Joels Behauptung. Sie wählte tatsächlich das Wort »Behauptung«, um ihre Zweifel zum Ausdruck zu bringen. Eher von Wut als von Klugheit geleitet, erzählte sie Ivan mehr, als zwingend notwendig gewesen wäre. Joel brauche Beaufsichtigung, erklärte sie. Er habe ihr Vertrauen nun endgültig verspielt. Er habe sich ohne ihre Erlaubnis weggeschlichen, reagiere unverschämt und trotzig auf ihre Fragen, und jetzt behaupte er obendrein, Geld beim Lyrikkurs gewonnen zu haben. Was Ivan ihr dazu sagen könne.
    Ivan konnte natürlich etwas dazu sagen. Er bestätigte Joels Geschichte.
    Während dieses Gesprächs fiel mehr als nur ein einziges Samenkorn auf fruchtbaren Boden, und es würde nicht lange dauern, bis sie aufgingen.
    Ness besuchte die Therapeutin in Oxford Gardens, weil ihr klar war, wie die Konsequenzen aussehen würden, wenn sie sich weigerte. Drei Sitzungen ließ sie über sich ergehen, aber da sie unfreiwillig dort war, beschränkte ihre Kooperation sich auf ihre körperliche Anwesenheit. Ihr einziger Beitrag zu dem Bemühen, den Überfall aufzuarbeiten, bestand darin,dass sie der Therapeutin gegenüber auf einem Stuhl saß, einer Fünfundzwanzigjährigen, die einen erstklassigen Abschluss an einer drittklassigen Universität vorzuweisen hatte und ihre solide Mittelklassenherkunft in der Art, sich zu kleiden, ebenso ausdrückte wie in ihrer sorgfältigen Wortwahl. Sie sagte »Klöchen« statt »Toilette« und bildete sich ein, sie habe das nötige Rüstzeug, um Therapiesitzungen mit widerspenstigen Teenagern erfolgreich steuern zu können. Sie war weiß, blond und wie aus dem Ei gepellt - mitnichten Makel, aber Nachteile. Sie betrachtete sich selbst als Vorbild, nicht als das, was sie in den Augen ihrer Patienten unweigerlich sein musste: eine Provokateurin, die nicht einen einzigen Aspekt ihres Lebens verstehen konnte.
    Nach drei Sitzungen mit Ness entschied sie, eine Gruppentherapie sei vielleicht der aussichtsreichere Ansatz, um bei Ness das zu bewirken, was sie einen Durchbruch nannte. Man musste ihr allerdings zugutehalten, dass sie die Geschichte ihrer Patientin minutiös recherchierte, und in diesem Zusammenhang suchte sie auch Fabia Bender auf, einen Aktendeckel in der Hand.
    »Kein Glück?«, fragte Fabia. Sie standen im Kopierraum, wo eine prähistorische Kaffeemaschine ein giftig aussehendes Gebräu in eine Glaskanne spuckte.
    Die Therapeutin - deren Name aus Gründen, die allein ihre Eltern kannten, Ruma lautete, was, wie die weit gereiste Fabia sehr wohl wusste,

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