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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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war seit jeher das Kreuz, das seine Frau zu tragen hatte. In Kombination mit seinem Wunsch, einen Sohn zu zeugen - sie hatten bereits zwei Töchter machte dieser Trieb ihre bereitwillige Anwesenheit in seinem Bett zur zentralen Komponente ihres Ehelebens. Solange Cordie sich anfangs gierig gab und am Ende befriedigt, merkte er jedoch nicht, dass sie in der Zeit dazwischen Löcher in die Luft starrte und sich fragte, wann ihm endlich aufgehen würde, dass sie heimlich die Pille nahm.
    »Ist er inzwischen dahintergekommen?«, fragte Genera ihre Freundin.
    »Gott, nein«, erwiderte Cordie. »Der Mann hat ja so ein großes Ego! Der is' überzeugt davon, dass ich überglücklich bin, seine Babys abzusondern, bis er endlich kriegt, was er will.«
    Sie schlenderte zur Ladentheke hinüber. Cordie hatte vergessen, den Mundschutz abzunehmen, der zur Uniform der Kosmetikerinnen beim Princess European and Afro Unisex Hair Salon gehörte. Sie trug ihn unter dem Kinn wie eine elisa- bethanische Halskrause, darunter einen roten Polyesterkittel und Gesundheitsschuhe. Als Tochter eines äthiopischen Vaters und einer kenianischen Mutter war Cordie von tiefschwarzer
    Hautfarbe und majestätischer Erscheinung, mit einem grazilen Hals und einem Profil, das man auf Münzen hätte prägen können. Aber selbst gute Gene, ein perfekt symmetrisches Gesicht, wunderbare Haut und die Figur eines Mannequins konnten die unvorteilhafte Montur, die der Kosmetiksalon seinen Angestellten verordnete, nicht aufwiegen.
    Sie ging an Kendras Tasche, die wie immer in dem Schrank unter der Kasse stand, öffnete sie und fischte sich eine Zigarette heraus.
    »Was machen die Mädchen?«, fragte Genera.
    Cordie schüttelte das Streichholz aus. »Manda will Makeup, ein Nasenpiercing und einen Freund, und Patia will ein Handy.«
    »Wie alt sind sie gleich wieder?«
    »Sechs und zehn.«
    »Scheiße. Da hast du aber wirklich alle Hände voll zu tun.«
    »Das kannst du laut sagen. Ich wette, mit zwölf sind sie beide schwanger.«
    »Was hält Gerald davon?«
    Cordie blies Qualm durch die Nase aus. »Sie führen ihn an der Nase rum, diese Mädchen. Manda braucht nur mit dem Finger zu schnipsen, schon schmilzt er dahin. Patia verdrückt ein paar Tränchen, und er zückt erst sein Portemonnaie und reicht ihr dann sogar noch ein Taschentuch. Wenn ich zu irgendwas Nein sage, sagt er Ja. Sie sollen auf nichts verzichten müssen, nicht so wie ich früher, sagt er. Ehrlich, Ken, wenn du heutzutage Kinder hast, heißt das: Chronische Kopfschmerzen, egal, was du einwirfst.«
    »Das hast du ja immer schon gesagt«, erwiderte Genera. »Ich dachte immer, ich sei davor sicher, und jetzt schau's dir an: Ich steh mit dreien da.«
    »Wie kommst du klar?«
    »Ganz gut, wenn man bedenkt, dass ich keine Ahnung von Erziehung hab.«
    »Und wann lern ich sie endlich ma' kennen? Oder versteckst du sie vor mir?«
    »Verstecken? Warum in aller Welt sollt ich das denn tun?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht hat eins zwei Köpfe oder so?«
    »Du hast es erraten.« Genera lachte in sich hinein. Aber Tatsache war, dass sie die Campbell-Kinder tatsächlich vor ihrer Freundin versteckte. Sie sozusagen unter Verschluss zu halten, ersparte ihr, irgendjemandem irgendetwas bezüglich dieser Kinder erklären zu müssen. Und natürlich wären Erklärungen erforderlich. Nicht nur wegen ihres Aussehens - Ness war die Einzige, die auch nur entfernt verwandt mit Genera aussah, und das auch nur, wenn sie ordentlich Make-up aufgetragen hatte -, sondern auch wegen ihres Verhaltens, vor allem des der Jungen. Für Joels Introvertiertheit konnte sie womöglich eine Erklärung finden. Doch zu erklären, warum Toby so war, wie er war, hielt sie für undenkbar. Sie würde Gefahr laufen, die Mutter der Kinder zu erwähnen. Cordie wusste bereits, was mit ihrem Vater passiert war, aber der Aufenthaltsort von Carole Campbell hatte in ihren Unterhaltungen bislang keine Erwähnung gefunden. Und Genera wollte es auch dabei belassen.
    Doch die Umstände machten ihr einen Strich durch die Rechnung. Keine Minute später öffnete sich die Ladentür erneut. Joel und Toby kamen aus dem Regen hereingehastet - Joels Schuluniform auf den Schultern durchnässt, Toby mit dem Schwimmreifen auf den Hüften, als erwarte er eine Flut biblischen Ausmaßes.
    Es blieb Genera nichts anderes übrig, als sie Cordie vorzustellen - und das möglichst kurz und schmerzlos: »Wenn man vom Teufel spricht. Da sin' schon mal zwei von ihn': Joel. Und Toby.

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