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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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folgsam um und tat das, was die meisten Menschen tun, die massiert werden: Er legte den Kopf auf die Arme. Bestimmt korrigierte sie seine Position, streckte seine Arme neben dem Körper aus und drehte seinen Kopf so, dass er mit dem Gesicht nach unten lag. Dann ließ sie das Öl in ihre Hand träufeln, wärmte es an, und plötzlich ging ihr auf, dass sie die Entspannungsmusik im Auto vergessen hatte. Sie würde die Massage zu den Geräuschen aus dem Pub durchführen müssen, die stetig und unüberhörbar durch die Bodendielen drangen. Sie sah sich suchend nach einem Radio, einer Stereoanlage oder einem CD-Player um, irgendetwas, das die Atmosphäre hätte verbessern können. Doch der Raum enthielt so gut wie keine Einrichtungsgegenstände - bis auf die Betten. Kendra fragte sich, warum dieser Mann drei davon besaß.
    Sie begann mit der Massage. Er hatte eine außergewöhnliche Haut: so dunkel wie schwarzer Kaffee, weich wie die Handflächen eines Neugeborenen, darunter ausgeprägte Muskeln. Sein Körper schien von harter Arbeit gestählt zu sein, doch dessen Hülle sprach eher dafür, dass er noch nie im Leben ein Werkzeug geführt hatte. Sie hätte ihn gern gefragt, womit er seinen Lebensunterhalt bestritt, dass er so fantastisch gebaut war. Doch damit hätte sie ein unangemessenes Interesse an ihrem Kunden zum Ausdruck gebracht, also fragte sie nicht.
    Ihr Massagelehrer fiel ihr ein, der den Kursteilnehmern etwas erklärt hatte, was Kendra damals ziemlich verschroben erschienen war: »Sie müssen sich in das Meditative der Massage fallen lassen. Die Wärme Ihrer guten Absichten für das Wohlbehagen des Kunden sollte in Ihre Hände wandern, bis Ihr Selbst verschwindet, sodass nichts bleibt als Gewebe, Muskeln, Druck und Bewegung.«
    Was für ein Schwachsinn, hatte sie damals gedacht, abernun versuchte sie, genau diesem Weg zu folgen. Sie schloss die Augen und öffnete sich dem Meditativen.
    »Das fühlt sich himmlisch an«, murmelte Dix D'Court.
    Schweigend knetete sie seine Waden und Füße, Oberschenkel, Hände, Arme, die Schultern, den Nacken und Rücken. Sie lernte jeden Zoll seines Körpers kennen, und ein jeder davon war gleichermaßen perfekt. Selbst seine Füße waren ebenmäßig, kein Millimeter Hornhaut weit und breit. Er musste sein Leben in einer Wanne voll Babyöl verbracht haben.
    Dann bat sie ihn, sich umzudrehen, und zu seiner größeren Bequemlichkeit rollte sie ein Handtuch zusammen und legte es ihm unter den Kopf. Als sie nach der Flasche mit dem Massageöl greifen wollte, packte er sie am Handgelenk. »Wo ha'm Sie 'n das gelernt?«
    »Schule, Mann, was ha'm Sie 'n gedacht«, erwiderte sie, fast in einer Art Trance, und sie hatte seinen Dialekt nur aufgegriffen, versicherte sie sich, weil sie das Meditative der Massage erreicht hatte, das ihr Lehrer so gerühmt hatte. Doch sogleich verbesserte sie sich: »Ich habe einen Kurs am College besucht.«
    »Von mir kriegen Sie echt nur Bestnoten.« Er grinste und entblößte eine Reihe gerader, schneeweißer Zähne, genauso perfekt wie der Rest von ihm. Dann schloss er die Augen und überließ sich der zweiten Hälfte der Massage.
    Kendra fühlte sich ertappt, weil sie für einen kurzen Moment aus ihrer kühl-distanzierten Rolle gefallen war. Unbehagen begleitete sie durch den zweiten Teil der Massage. Sie wollte es nur noch hinter sich bringen und von hier verschwinden. Als sie seinen Körper fertig geknetet hatte, trat sie zurück und rieb sich die Hände an einem Frotteetuch ab. Eigentlich sollte sie nun dem Kunden ein paar Minuten Zeit gönnen, um einfach dazuliegen und die Wonne nachwirken zu lassen. Doch Kendra wollte weg hier, schnellstmöglich das Apartment verlassen. Sie wandte dem Tisch den Rücken zu und fing an, ihre Sachen zusammenzupacken.
    Sie hörte, wie er sich hinter ihr regte, und als sie sich umdrehte, saß er aufrecht auf dem Tisch, ließ die Füße baumelnund musterte sie. Sein Körper glänzte noch matt vom Massa- geöl. »Hat sie Ihnen die Wahrheit gesagt, Mrs. Osborne? Sie haben mir vorhin nich' geantwortet, und ich kann Sie hier nich' rauslassen, eh ich es weiß. Ich bin nich' so'n Mistkerl, wie Sie glauben. Sie war unten.« Damit meinte er offenbar den Pub. »Ich bin reingegangen, um mir an der Bar ein Glas Tomatensaft zu hol'n. Sie war sternhagelvoll und tanzte mit zwei Typen in einer Ecke und ließ sich von ihnen begrapschen. Sie hatte die Bluse auf. Dann fing sie an, den Rock hochzuschieben, als wollt sie ...«
    »Schon

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