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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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einen Mann um den Verstand bringen kann, das sag ich dir. Wenn die will, kann die 'n Kerl total kirre machen, verstehste? Der weiß gar nich', was ihm eigentlich passiert, und will nur, dass es noch ma' passiert.«
    »Und du bis' wirklich nich' ihr Freund?«, fragte Joel.
    Cal lachte in sich hinein. »Als ich das letzte Mal nachgeguckt hab, war'n meine Eier noch dran. Also, ich kann's nich' sein.« Er zwinkerte ihm zu, ehe er zu seinem Werk zurückschlenderte.
    »Wer isses dann?«, rief Joel ihm nach und wies auf die Figur an der Wand.
    Der Rasta antwortete mit einer lässigen Geste. »Das findeste schon noch früh genug raus.«
    Joel sah ihm noch einen Moment zu und beobachtete, wie er das K in »Kein« fachmännisch mit einem Schatten unterlegte, dann zog er weiter.
    Es war schon eine ganze Weile her, seit Toby ihm die Lavalampe gezeigt hatte, die er sich wünschte, deshalb atmete Joelerleichtert auf, als er zur Portobello Road gelangte und sie immer noch im Schaufenster vor sich hin blubberte.
    Joel betrat den Laden. Kaum war der Summer verklungen, kam auch schon ein Pakistani durch eine Hintertür in den Ladenraum. Als er Joel sah, verengten sich seine Augen misstrauisch.
    »Wo ist deine Mutter?«, fragte er. »Was hast du in meinem Laden verloren? Bist du allein?« Er sah sich um, während er sprach. Joel wusste, es war nicht seine Mutter, nach der der Mann Ausschau hielt, sondern eine Bande von Jugendlichen, die in der Nähe herumlungerte, um irgendwelchen Unfug anzustellen. Seine Reaktion war absolut typisch für einen Ladenbesitzer aus diesem Teil der Stadt: ein Drittel Paranoia, zwei Drittel Erfahrung.
    So manierlich, wie er konnte, sagte Joel: »Ich hätte gerne eine von den Lavalampen.«
    »Ah ja? Aber du musst sie auch bezahlen.«
    »Das weiß ich doch. Ich hab das Geld.«
    »Fünfzehn neunundneunzig?«, fragte der Mann. »Die würd ich gern mal sehen.«
    Joel trat näher. Rasch steckte der Verkäufer die Hände unter die Ladentheke. Er ließ Joel nicht aus den Augen, und als der Junge seine zerknitterte Fünf-Pfund-Note und all seine Münzen aus der Tasche holte, zählte der Pakistani den Betrag mit den Augen, nicht mit den Fingern; seine Hände ruhten weiterhin auf dem Gegenstand unter der Theke, der ihm offenbar ein Gefühl von Sicherheit vermittelte. Joel stellte sich so etwas wie einen riesigen Krummsäbel vor, mit dem man jemandem den Kopf abschlagen konnte.
    »Hier ist das Geld«, sagte er. »Also, kann ich eine kriegen?«
    »Eine was?«
    »Lavalampe.«
    Der Pakistani nickte mit dem Kopf in Richtung Schaufenster und sagte: »Such dir eine aus.« Sobald Joel sich abwandte, fegte er das Geld von der Theke in die Kassenschublade und knalltediese augenblicklich zu, als fürchte er, jemand könne darin ein Geheimnis erspähen.
    Joel griff nach der rot-orangefarbenen Lampe, die Toby so entzückt hatte, zog den Stecker aus der Dose und trug sein Geschenk zurück zum Ladentisch. Die Lampe hatte so lange im Schaufenster gestanden, dass sie ganz und gar von einer Patina aus Staub überzogen war, aber das spielte keine Rolle. Staub war leicht zu entfernen.
    Behutsam stellte Joel die Lampe ab und wartete höflich. Als der Pakistani keinerlei Anstalten machte, sie einzupacken, sondern ihn nur unverwandt anstarrte, fragte Joel schließlich: »Könn' Sie sie in einen Karton packen oder so? Ein Karton gehört doch bestimmt dazu, oder?«
    »Diese Lampe hat keinen Karton«, antwortete der Verkäufer, und seine Stimme wurde schrill, als würde ihm hier irgendetwas unterstellt. »Wenn du sie haben willst, nimm sie. Nimm sie, und verschwinde! Wenn du sie nicht willst, dann verlass meinen Laden. Ich hab keinen Karton für dich.«
    »Aber doch bestimmt 'ne Plastiktüte«, beharrte Joel. »Oder ein Stück Zeitungspapier, um sie einzuwickeln.«
    Die Stimme des Mannes stieg weiter an. Er glaubte, die Falle zu durchschauen: Dieser eigenartig aussehende Junge war bloß die Vorhut einer Meute, die seinen Laden verwüsten wollte. »Du machst mir nur Ärger, Freundchen! Du und deinesgleichen könnt doch nichts anderes. Darum sag ich dir was: Nimm deine Lampe, und verschwinde, oder ich ruf die Polizei.«
    Trotz seiner jungen Jahre wusste Joel nackte Angst zu erkennen, wenn er sie vor sich sah, und er wusste, wozu Angst Menschen verleiten konnte. Darum antwortete er: »Ich will Ihn' nix tun, klar? Ich hab doch nur nach 'ner Tüte gefragt, um die Lampe heil nach Hause zu bring'.« Er entdeckte einen Stapel Tragetaschen neben der

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