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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Auto sei was vorgefallen, was gar nicht vorgefallen ist, und dann ...« Sie suchte nach der richtigen Formulierung. »Bin ich einfach ausgerastet.«
    Den Rest verschwieg sie - die Umstände, die die Geschichte vervollständigten: den Schmerz über ihr eigenes fortschreitendes Alter, den sie an jenem Abend im No Sorrow verspürt hatte, wo es ihr nicht gelungen war, auch nur einen einzigen Mann für sich zu interessieren. Die Begegnung mit Dix D'Court, alser ihr erklärt hatte, was zwischen ihm und Ness wirklich vorgefallen war. Diese beiden Aspekte verrieten weit mehr über Kendra, als ihr lieb war. Alles, was Ness wissen musste, war, dass ihre Tante einen Fehler gemacht hatte, diesen Fehler einsah und nun gekommen war, um es wiedergutzumachen.
    »Ich möchte, dass du nach Hause kommst, Nessa«, sagte sie. »Ich möchte, dass wir beide noch einmal von vorne anfangen.«
    Ness wandte den Blick ab. Sie angelte ihre Zigaretten - die Benson & Hedges, die sie von Kendra stibitzt hatte - aus der Schultertasche und zündete sich eine an. Sie saßen auf Barhockern an einer Theke entlang der Fensterfront des Cafés, und ein paar Jungen liefen draußen vorüber. Ihre Schritte verlangsamten sich, als sie Ness im Fenster entdeckten. Ness nickte ihnen zu. Die Geste hatte etwas Herrschaftliches, und die Jungen erwiderten sie mit einem eigentümlich respektvollen Kopfnicken, ehe sie weiterzogen.
    Kendra war nichts davon entgangen. Die kurze Begegnung zwischen Ness und diesen Jungen, wenngleich sie sich auf Blicke beschränkt hatte, ließ Kendra einen Schauer den Rücken hinabrieseln. Sie hätte nicht sagen können, was all das zu bedeuten hatte - das Nicken, die Jungen, der Schauer, den sie verspürte -, aber sie wusste, es verhieß nichts Gutes.
    »Toby und Joel wünschen sich auch, dass du wieder nach Hause kommst, Ness«, sagte sie. »Toby hat bald Geburtstag. Nach all den Veränderungen, die während der letzten Monate in eurem Leben stattgefunden haben, wäre es gut für ihn, wenn du ...«
    »Du wills' doch nur, dass ich auf sie aufpasse«, folgerte Ness. »Deswegen bis' du hier. Toby und Joel sind dir im Weg. Was willste sonst noch von mir?«
    »Ich bin hier, weil ich dir Unrecht getan habe, und ich will, dass du weißt, dass ich mir darüber im Klaren bin. Ich wollte mich entschuldigen. Und ich will, dass du und ich und die Kleinen eine Familie sind.«
    »Ich hab keine Familie.«
    »Das stimmt nicht. Du hast Toby und Joel. Du hast mich. Und du hast deine Mum.«
    Ness schnaubte höhnisch. »Klar, meine Mum«, sagte sie und nahm einen tiefen Zug von ihrer Zigarette. Den Kaffee hatte sie nicht angerührt, ebenso wenig wie Kendra.
    »So muss es nicht sein«, eröffnete sie Ness. »Die Dinge können sich ändern. Du und ich, wir könnten noch mal ganz von vorne beginnen.«
    »Die Dinge laufen so, wie sie eben laufen«, entgegnete Ness. »Jeder will irgendwas. Du bis' auch nich' anders.« Sie sammelte ihre Siebensachen ein.
    Als Kendra sah, dass Ness gehen wollte, spielte sie ihren Trumpf aus: »Das Jugendamt hat angerufen. Eine gewisse Fa- bia Bender will sich mit dir treffen. Mit mir auch. Wir müssen mit ihr reden, Ness, denn wenn wir das nicht tun ...«
    »Was? Meinste, die schickt mich irgendwohin? Meinste, das kümmert mich?« Ness rückte ihre Schultertasche zurecht und zupfte an dem Schal in ihrem Haar. »Ich hab Leute, die auf mich aufpassen. Ich muss mir keine Sorgen ums Jugendamt machen oder wegen dir oder sonst was. So is' das.«
    Und damit war sie fort, verließ das Café und ging zurück Richtung Whiteley's. In der Frühsommersonne stöckelte sie davon, und ihre Tante blieb zurück und fragte sich, wie viel schlimmer die Dinge zwischen ihnen wohl noch werden konnten.
    Als der Tag kam, da Joel die Lavalampe für Tobys Geburtstag kaufen wollte, musste er erst einmal überlegen, was er währenddessen mit seinem kleinen Bruder anfangen sollte. Kendra war im Laden bei der Arbeit; von ihr war keine Hilfe zu erwarten. Wäre Ness zu Hause gewesen, hätte er sie gebeten, auf Toby aufzupassen. Er würde nicht lange brauchen: Er musste nur eben zur Portobello Road hinüberlaufen und Geld gegen Lampe tauschen. Selbst in ihrer derzeitigen Verfassung hätte Ness sich vielleicht überreden lassen, bei Toby zu bleiben und sicherzustellen, dass er keinem Fremden die Tür öffnete. Da sie aber nicht da war, blieben Joel folgende Möglichkeiten: Er konnte
    Toby mitnehmen und die Geburtstagsüberraschung verderben; er konnte ihn zu Hause

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