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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Golbourne Road, ebenfalls ohne Erfolg. Schließlich suchte er eine kleine Filiale von Ryman's auf. Doch selbst dort gab es nicht das, wonach er suchte, und erst als er weiter Richtung Kensal Town ging, kam er schließlich an einem Laden vorbei, wo von Telefonkarten bis zum Dampfbügeleisen einfach alles zu haben war. Er trat ein.
    Das einzige Spruchbanner, das er finden konnte, verkündete: »Es ist ein Junge!«, und das dazugehörige Bild zeigte einen Storch mit Sturzhelm auf einem Motorrad mit einem Bündel Windeln im Schnabel. Joel beschloss kurzerhand, es zu kaufen. Er trug es zur Kasse und reichte das Geld über den Ladentisch. Doch am Ende fühlte er sich dennoch niedergeschlagen und besiegt.
    Als er den Laden verließ, fiel sein Blick auf ein kleines, aber auffällig orangefarbenes Plakat mit einer Ankündigung, nicht unähnlich den Handzetteln, die er für seine Tante verteilt hatte.
    Darauf beworben wurde ein Drehbuch-Schreibkurs bei Paddington Arts. Durchaus nichts Ungewöhnliches, denn Paddington Arts - teilweise durch staatliche Lotterieeinnahmen finanziert - war gegründet worden, um genau diese Art kreativer Betätigung in North Kensington zu fördern. Was hingegen ungewöhnlich war, war der Name des Dozenten: »Unter der Leitung von I. Weatherall«, stand unter dem Titel der Veranstaltung. Es schien höchst unwahrscheinlich, dass es in dieser Gegend mehr als einen I. Weatherall gab. Um sich zu vergewissert, durchwühlte Joel seinen Rucksack nach der Visitenkarte, die Ivan ihm an dem Tag gegeben hatte, als er die Schlägerei zwischen Joel und Neal beendet hatte. Die Telefonnummer auf der Karte war identisch mit der auf dem Plakat, unter der man »weitere Informationen« abfragen konnte.
    Joel blickte erneut auf die Visitenkarte in seiner Hand. Weatherall wohnte auf der Sixth Avenue - nicht weit von der Straßenecke, wo sich Joel gerade befand. Diesen Zufall wollte er nicht ungenutzt lassen.
    Joel hatte den Weg unterschätzt. Als er die Sixth endlich erreichte, fand er sich in einer Gegend mit Reihenhäusern, wie er sie noch nie gesehen hatte, seit er bei seiner Tante wohnte. Im Gegensatz zu den riesigen Hochhäusern, die den Großteil von North Kensington beherrschten, waren diese Häuser - kuriose Überbleibsel aus dem neunzehnten Jahrhundert - kleine hübsche Gebäude mit nur zwei Stockwerken. Die meisten trugen im Giebel über dem Eingang einen Stein mit der Jahreszahl »1880«. Sie waren alle identisch, unterschieden sich nur durch die Hausnummern, die Fensterdekoration, die Haustüren und die Bepflanzung der winzigen Vorgärten. Zwischen der Haustür von Nummer 23 und dem Fenster, das vermutlich zum Wohnzimmer gehörte, stand ein Rosengitter an der Hauswand. Vier von insgesamt sieben Gartenzwergen kletterten daran empor, um zu Schneewittchen zu gelangen, das ganz oben auf dem Gitter thronte. Einen nennenswerten Vorgarten gab es nicht, nur eine rechteckige gepflasterte Fläche, auf der ein Fahrrad stand, das an die Eisenreling gekettet war, die wiederum eine niedrige Ziegelmauer bekränzte. Diese Ziegelmauer verlief parallel zum Gehweg und markierte die Grenze des winzigen Grundstücks. Joel zögerte. Mit einem Mal erschien es ihm dumm, hierhergekommen zu sein. Er hatte keine Ahnung, was er sagen sollte, wenn er an die Tür klopfte und Ivan Weatherall zu Hause antraf. Zwar hatten sie sich auch weiterhin in der Schule getroffen, doch diese Sitzungen waren rein professioneller Natur gewesen, hatten nur mit der Schule selbst und Hausaufgabenhilfe zu tun. Hin und wieder versuchte Ivan, Joel mit einer Frage nach seinem Privatleben auf den Zahn zu fühlen, doch der Junge wich den Fragen stets aus, so gut er konnte. So kam es, dass außer »Noch irgendwelche Probleme mit Neal, mein Junge?« und der wahrheitsgemäßen Antwort »Nö« noch kein persönliches Wort zwischen ihnen gefallen war.
    Joel blieb einen Moment vor der Haustür stehen, fragte sich,
    was er tun sollte, und traf eine Entscheidung. Es war höchste Zeit, zu Toby zurückzukehren. Joel hatte ihn im Lernzentrum zu seinem üblichen Förderunterricht abgeliefert, aber bald würde man ihn dort erwarten, um seinen kleinen Bruder abzuholen. Er hatte eigentlich gar keine Zeit, Ivan Weatherall einen Besuch abzustatten. Besser, er machte sich auf den Weg.
    Er hatte sich schon abgewandt, da öffnete sich plötzlich die Haustür, und Ivan Weatherall höchstpersönlich blickte auf ihn hinab. Ohne jede Vorrede sagte er: »Dich schickt der Himmel! Fast als

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