Am Fluss des Schicksals Roman
indem sie Wäsche wusch, sauber machte und kochte. Damit entlastete sie auch Francesca, die die meiste Zeit bei Neal wachte. Zudem liebte Lizzie den Sonnenschein. In ihrem früheren Leben hatte sie viel zu viele Tage verschlafen.
Francesca machte Neal ein Sandwich zum Tee und setzte sich zu ihm aufs Deck, bis er müde wurde. Als er sich wieder in die Kajüte zurückzog, um sich hinzulegen, machte Francesca sich zu einem Spaziergang in die Stadt auf. Sie hoffte, dort Claude Mauston oder Amos zu begegnen. Ihr war zu Ohren gekommen, dass Monty gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt worden war, allerdings verbunden mit der Auflage, auf der Farm zu bleiben, bis die Polizei ermittelt hatte, wer sich zum Zeitpunkt der Explosion an Bord der Ophelia aufgehalten hatte. Francesca hoffte, etwas über Monty in Erfahrung zu bringen, zumal sie sich nicht überwinden konnte, nach Derby Downs hinauszufahren. Schließlich lebte sie mit Neal zusammen, und sie wusste, dass sie sich aus Montys und Reginas Leben heraushalten musste.
Francesca ging gerade am Bridge Hotel vorbei, als jemand laut nach ihr rief.
»Entschuldigen Sie ...«, sprach eine Frau sie an.
»Ja?«
»Sie sind Francesca Mason, nicht wahr?«
Die Frau stand im Eingang des Hotels, das nun schon seit fast drei Wochen geschlossen war.
»Ja«, erwiderte Francesca.
»Ich bin Henrietta Chapman, die ehemalige Mrs Silas Hepburn«, stellte sie sich vor und trat auf sie zu.
»Oh. Woher wussten Sie, wer ich bin?«
»Einer der Hotelangestellten hat es mir gesagt. Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie mit meinem geschiedenen Mann verlobt waren?«
Francesca zögerte. »Ja«, sagte sie dann. »Allerdings nur sehr kurz.«
»Ein Glück für Sie«, erwiderte Henrietta zu Francescas Erstaunen.
Henrietta war eine kräftige Frau mit attraktivem Gesicht, das weiblicher gewirkt hätte, hätte sie die Haare nicht zu einem strengen Dutt zusammengebunden, den sie unter einer weißen Haube verbarg. Doch Francesca gefiel die sachliche Art dieser Frau.
»Sie sind sicher sehr beschäftigt, aber ich wollte gerade einen Tee trinken. Haben Sie Lust, mir dabei Gesellschaft zu leisten?«, fragte Henrietta.
Francesca war überrascht. »Ja, gern«, erwiderte sie, obwohl Henriettas Angebot sie ein wenig nervös machte.
Sie betraten den verlassenen Speisesaal, und Henrietta schenkte ihr frisch gekochten Tee ein. »Ich möchte mich für die Unannehmlichkeiten entschuldigen, die mein geschiedener Mann Ihnen und Ihrer Familie vermutlich bereitet hat«, sagte Henrietta, während sie Platz nahmen und sie einen Teller mit Gebäck und Kuchen aufdeckte. »Ich bin zwar erst seit wenigen Tagen in Echuca, aber mir ist schon einiges zugetragen worden über das Leid, das Silas den Bürgern dieser Gemeinde nach meinem Weggang zugefügt hat. Sie waren so kurze Zeit mit Silas verlobt, dass er Ihnen vermutlich übel mitgespielt hat.« Bevor Francesca etwas erwidern konnte,fügte Henrietta hinzu: »Da ich Silas kenne, überrascht mich das nicht, und es tut mir sehr Leid.«
»Es ehrt Sie, dass Sie sich für Silas entschuldigen«, sagte Francesca. »Aber Sie sind für seine Machenschaften nicht verantwortlich. Ich bezweifle, dass Silas sich von irgendjemandem hineinreden lässt.«
»Ich habe es versucht, weiß Gott, aber letztlich musste ich mich geschlagen geben und ihn verlassen. Ich lebe seither in Melbourne und arbeite in einem Frauenhaus in Malvern.«
»Ich bin in Malvern zur Schule gegangen«, sagte Francesca.
»Dann kennen Sie das Frauenhaus auf der Barnaby Street?«
»Die Barnaby Street ist nicht weit von meiner alten Schule entfernt.«
»Was für ein Zufall. Im Frauenhaus werden immer Helfer gesucht, und glücklicherweise nimmt man dort viel Rücksicht auf meine Kinder. Sie ahnen ja nicht, wie viele Frauen und Mädchen dort Zuflucht suchen. Es ist traurig. Falls ich in Echuca bleibe, würde ich hier gern auch so eine Einrichtung gründen. Frauen, die verlassen werden oder auf sich allein gestellt sind, müssen schwere Zeiten durchmachen und enden häufig im Bordell. Gäbe es eine Anlaufstelle, wären sie dazu nicht mehr gezwungen.«
»Da stimme ich Ihnen zu«, sagte Francesca und dachte dabei an Lizzie. Sie holte tief Luft. »Ich will ehrlich sein, Henrietta, und Ihnen sagen, dass ich niemals die Absicht hatte, Silas zu heiraten.«
»Warum haben Sie sich dann mit ihm verlobt?«
»Ich weiß, dass es hinterlistig war, aber ich habe es nur getan, damit mein Vater seine Schulden bei Silas
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